Wollte Reus eine Stammplatzgarantie?
Dortmund - Natürlich musste man ihm die Feigheits-Frage stellen. Wird Marco Reus nur deshalb nach Dortmund wechseln, weil er Angst hat, sich beim FC Bayern nicht durchsetzen zu können? Das war es doch, was Arjen Robben dem Gladbacher Talent grinsend unterstellt hatte. „Vielleicht ist er ja auch deswegen zu Dortmund gegangen, weil er Angst hatte, nicht spielen zu können bei Bayern. Wir haben schon zwei gute Flügelspieler”, hatte Robben in Anspielung auf sich und Franck Ribéry gesagt.
Sind Sie also zu feige für den FC Bayern, Herr Reus. „Dazu brauche ich nichts zu sagen. Jeder hat seine Ansichten. Wenn er das so denkt, soll er das so tun”, sagte Reus im „Express”. Um noch zu entgegnen: „Ich sehe dort die bessere Perspektive, international zu spielen. Dortmund ist für mich der beste Klub.”
Vielleicht hätte er auch sagen können: „Ich sehe dort bessere Perspektiven, überhaupt zu spielen.” Und das ist wohl auch der Grund, weswegen man beim FC Bayern, der ja angeblich bei den Reus-Beratern ein Angebot hinterlegt hatte, sich nicht sonderlich wunderte über die Richtungswende und die Vertragsunterschrift in Dortmund. Das Fachmagazin „kicker” will nämlich erfahren haben, dass das Gladbacher Offensivtalent vom FC Bayern eine Stammplatzgarantie eingefordert habe – die ihm natürlich niemand geben wollte. Überflieger Reus – am Ende ein Traumtänzer?
In Dortmund soll das kein Thema sein. Dort wird er eher spielen, auch ohne Klausel im Vertrag, doch dass deswegen schon tollkühne Träume entstehen von der Ablösung des FC Bayern im Machtgefüge der Transferhoheiten oder gar von einer neuen Vormachtsstellung der Borussen, weist BVB-Boss Hans-Joachim Watzke weit von sich. „Uns trennen vom FC Bayern noch immer Welten. Vielleicht ein oder zwei Welten weniger als noch vor Jahren.
Die Bayern machen 300 Millionen Euro Umsatz, andere deutsche Klubs in Topjahren 180 Millionen Euro. Die Branchenführerschaft der Bayern ist in den nächsten zehn Jahren zementiert. Das heißt aber nicht, dass man nicht versucht, gegen sie auch mal ein Spiel zu gewinnen. Und das heißt auch nicht, dass sie jedes Jahr Meister werden”, sagt der Geschäftsführer im Trainingslager in La Manga.
Auch von einem Paradigmenwechsel auf dem Transfermarkt will Watzke nichts wissen: „Wir wollen mit möglichst vielen jungen, talentierten und hochambitionierten Spielern erfolgreich Fußball spielen. Idealerweise, ohne neue Schulden zu machen. Einen 22-Jährigen zu verpflichten, der in Deutschland als einer der besten Offensivspieler gilt, macht absolut Sinn – zumal er Dortmunder ist. Aber wir werden nun sicher nicht jedes Jahr einen Transfer über 17 Millionen Euro stemmen.”
Dortmunds Boss gibt, was das Duell mit den Bayern angeht, den Tiefstapler: „Ein Jahr vor den Bayern zu stehen, das haben schon einige geschafft. Aber das auf Dauer zu schaffen, ist schwierig.”