„Wolle nur Spaß“

Die Geschichte der ausländischen Cheftrainer beim FC Bayern: Eine Historie von Spaßvögeln, Tyrannen und Gentlemen.
von  Abendzeitung
Der bislang letzte von sechs internationalen Bayern-Trainer: Giovanni Trapattoni
Der bislang letzte von sechs internationalen Bayern-Trainer: Giovanni Trapattoni © dpa

Die Geschichte der ausländischen Cheftrainer beim FC Bayern: Eine Historie von Spaßvögeln, Tyrannen und Gentlemen.

Nach elf Jahren bekommt der FC Bayern ab Sommer also wieder einen ausländischen Trainer. Louis van Gaal ist gewissermaßen Nachfolger von Giovanni Trapattoni, der sechste und bis dato letzte internationale Coach auf der Bayern-Bank. Die AZ erinnert sich – an Spaßvögeln, Tyrannen, Gentlemen

TSCHIK CAJKOVSKI (1963-68): „KLEINES DICKES MÜLLER“

Ein 1,64 Meter kleiner Jugoslawe führte Bayern 1965 in die Bundesliga. Er kam als Meister-Trainer aus Köln, verpasste zwar in drei Jahren München stets die Schale, holte aber den Europacup der Pokalsieger 1967 und zwei Mal den DFB-Pokal (1966, 1967). Keiner war beim Team beliebter als der „Zigarrenstummel“ (Übersetzung von Tschik). Beckenbauer nannte ihn einen „väterlichen Freund“. Gilt als Entdecker des Kaisers und Sepp Maiers, nur „kleines dickes Müller“ stellte er erst auf, als der Präsident mit Rücktritt drohte. Lernte nie richtig Deutsch und wurde gerade deshalb Kult. Seine Ansprache hatte was von Kaiser Franz: „Jungs – spielen, kämpfen, Tore schießen“.

BRANKO ZEBEC (1968-1970): CAESAR LACHTE NIE

Wurde mit Buster Keaton verglichen, weil er nie lachte. Die Spieler nannten ihn „Caesar“. Aber er schliff die Super-Talente zu Champions, 1969 kam das erste Double an die Isar. Dafür nahmen alle Spieler mehrere Kilos ab unter seiner Fuchtel. Zebec ließ Sepp Maier zur Strafe für Widerworte zwei Stunden auf Asphalt trainieren, verbot Beckenbauer ein Siegesbier. Selbst trank er zu viel, was alle merkten, wenn er etwa rauchend unter der Dusche stand. Sein Deutsch war holprig. Aber „das war sein Vorteil, die Spieler mussten sich stark konzentrieren, um zu verstehen, was er meinte. Die Botschaft kam an“, sagte Felix Magath, der ihn noch beim HSV erlebte. Zebec kündigte nach Streit mit Manager Robert Schwan.

GYULA LORANT (1977- 1978): DER TYRANN & DIE BESTIEN

Spielte bei den Anti-Helden von Bern, denn 1954 verlor er das Finale mit seinen Ungarn gegen Deutschland. Bayern tauschte ihn in der Krise gegen Frankfurts Dettmar Cramer – ein Kulturschock für die Spieler. Er war ein Tyrann, ließ Branko Oblak mit gebrochenem Zeh spielen und es gab oft Ärger mit Doc Müller-Wohlfahrt. Lorant manövrierte das Team auf Platz zwölf. Als Paul Breitner 1978/79 kam, gab es alsbald einen Aufstand. Lorant bließ Journalisten den Zigarrenrauch ins Gesicht und provozierte seinen Rauswurf mit den Worten: „Die Bayern sind alle Bestien.“

PAL CSERNAI (1979-83): DER INTELLEKTUELLE

Lorants Co-Trainer rückte zur Freude der Mannschaft zum Chef auf. Besser Deutsch konnte bis dahin kein Ausländer auf der Bank. Auch er war ungarischer Ex-Nationalspieler, aber ein Intellektueller, der in die Oper ging. Pal arrangierte sich mit Breitner und Karl-Heinz Rummenigge, wurde 1980 und 1981 Meister, 1982 DFB-Pokalsieger und führte die Raumdeckung (Pal-System) ein. Er konnte auch knallhart sein, beendete Gerd Müllers Karriere. Der Junggeselle fuhr oft mit Präsident Willi Hoffmann und Gemahlin in den Urlaub. 1983 wurde er nach einem Jahr ohne Titel gestürzt, auch weil Sponsor Iveco den als arrogant geltenden Halstuchträger für „einen schlechten Werbeträger“ hielt.

Sören Lerby (1991-92): DREI-MONATS–MANN

Der lockere Däne kam in der Krisensaison 1991/92, war mit seinen 33 Jahren im Abstiegs-Kampf auf seiner ersten Trainer-Station überfordert. Eine Lizenz hatte er nicht, der Bund Deutscher Fußballlehrer beschwerte sich. Hoeneß war’s egal, er erwartete von Lerby „vor allem Fortune“. Das blieb aus. Nur Integrations-Probleme hatte er keine, als Spieler war er schon drei Jahre (1983-86) da gewesen, und Uli Hoeneß meinte schon damals. „Das muss mal ein Trainer werden.“ Einer für drei Monate.

GIOVANNI TRAPATTONI (94-95, 96-98): DER MISTER

Im Sommer 1994 holte Bayern den „Mister“ von Juventus Turin, einen Mann mit Weltruf. Dieser nahm Schaden, auch weil sein Deutsch zu schlecht war, Bayern wurde nur Sechster und Trapattoni löste den Vertrag auf. „Dieses Jahr war das Schlimmste, das mir in 18 Trainer-Jahren widerfahren ist“, sagte der Italiener. Die Frau war unglücklich in München und die Sprachbarriere zu hoch. Als er ging, weinten die jungen Spieler. 1996 lachten sie wieder: Trap kam zurück, wurde 1997 Meister, 1998 Pokalsieger – und Kult mit seiner Wutrede („Was erlauben Strunz?“). Denn Deutsch konnte er immer noch nicht. Mit seinem Motto aber machte er später sogar Werbung: „Wolle nur Spaß“.

Udo Muras

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