Wo Frauen die Männer schlagen

Bayern-Ass Lewandowski in der AZ über das Duell der USA mit Deutschland, den Stellenwert des Sports und ihren Namensvetter Robert.
von  Finn Clausen
So schaut Lewandowski (r.) dem US-Team zu.
So schaut Lewandowski (r.) dem US-Team zu. © Gina Lewandowski

AZ: Frau Lewandowski, im Halbfinale dieser WM trifft Deutschland nun auf die USA. Sie spielen als US-Girl beim FC Bayern, für wen schlägt Ihr Herz?
GINA LEWANDOWSKI: Ich habe mich für Deutschland gefreut, dass sie es bis ins Halbfinale geschafft haben. Meine Beziehung zum deutschen Team ist auch besser als zum amerikanischen, weil ich fast alle Spielerinnen persönlich kenne. Ich drücke trotzdem den USA die Daumen und tippe auf ein 2:1.

Was sind die Stärken der Amerikanerinnen?
Rapinoe ist sehr gut drauf und echt torgefährlich. Die USA spielen direkter nach vorne als die Deutschen und arbeiten mit vielen langen Bällen. Dazu sind sie physisch sehr stark.

Haben Sie zur Zeit Kontakt zu den Spielerinnen?
Ich habe zuletzt mit Mel Behringer und Lena Lotzen geschrieben. Zu den Amerikanerinnen habe ich eigentlich kaum Kontakt.

Sie waren bis zum Wochenende in den USA. Wie ist die WM-Stimmung in Ihrer Heimat?
Sehr gut, aber wohl nicht vergleichbar mit Deutschland. Es gibt schon Public Viewing und ich habe fast alle Spiele mit der Familie beim Barbecue geschaut, aber Fußball ist nicht so bekannt. Wir haben uns dafür verkleidet und angemalt, das ist typisch amerikanisch.

Welche Unterschiede gibt es allgemein im Fußball zwischen beiden Ländern?

 

In Deutschland kennt jeder Fußball und wächst damit auf. In Amerika schaut kaum jemand den Sport, wenn nicht WM ist. Was komplett anders ist: Die Nationalmannschaft der Frauen ist in den USA viel bekannter als die der Männer.

 

Sie spielen seit acht Jahren in Deutschland und haben es nie in die Nationalmannschaft geschafft. Macht Sie das traurig?
Das war immer mein Ziel und ich bin traurig, dass es nie geklappt hat! Ich habe 2012 deswegen auch überlegt, endgültig in die USA zurückzukehren, aber aufgrund der finanziellen Lage der Liga hat sich das dann zerschlagen.

Haben Sie noch Hoffnung?
Ich bin schon 30 und die Chancen werden immer geringer, da bin ich realistisch. Ich war zwei Mal eingeladen. Beim ersten Mal war ich noch bei Frankfurt unter Vertrag und wir hatten Spiele, da durfte ich nicht weg. Beim zweiten Mal habe ich mich kurz vorher verletzt. Vielleicht klappt es ja zu Olympia.

Wie groß war die Umstellung für Sie in Deutschland?
Sehr groß! Es gab Momente, in denen ich alles hinwerfen wollte. Gerade am Anfang dachte ich mir manchmal: ‚Mädchen, du schaffst das nicht‘.

Wo gab es Probleme?
Die Sprache hat mir Probleme bereitet. Im Training habe ich kein Wort verstanden und dann kam ich auch auf der Straße in Situationen, die ich nicht lösen konnte. Ich habe auch Sachen verwechselt und war einmal nicht beim Training, weil ich dachte, es wäre woanders. Als Einzige habe ich gefehlt! Oder in der Apotheke, beim Einkaufen, ich war total überfordert mit dem Alltag. Zum Glück war Ali Krieger, die jetzt auch bei der WM spielt, damals auch in meiner Mannschaft.


Sie leben seit acht Jahren hier. Haben Sie noch Heimweh? Ja, ich vermisse meine Freunde und Familie sehr. Die ersten zwei Jahre dachte ich bei jeder Reise, dass ich endlich zu Hause bin. Inzwischen fühlt es sich nur noch wie ein Besuch an.

Wie viel Fast Food gab es während des Urlaubs? Ich muss zugeben, dass ich während des Urlaubs nicht darauf geachtet habe, was ich esse. Meine Familie kocht sehr gerne und da erlaube ich mir auch das zu essen, was es gibt. Ansonsten achte ich aber sehr auf meine Ernährung, ich will auch nach der Karriere Ernährungswissenschaften studieren.

Schweinsteiger bleibt dem FC Bayern treu

Was gefällt Ihnen an Deutschland?
Die Mentalität gefällt mir sehr und nicht zu vergessen mein Auto (lacht).

Sie sind in Amerika zwischen Philadelphia und New York aufgewachsen. Wie bekannt ist der FC Bayern in Ihrer Heimat?
Ich war vor kurzem in einem Park und habe mehrere Bayern-Trikots gesehen. Den Verein kennt jeder, aber die Trikots mit Schweinsteiger und Müller waren neu. Ein Trikot mit Gina Lewandowski hab ich auch gesehen, aber das trägt nur mein Vater (lacht).

Werden Sie oft nach dem Verein gefragt?
Die typische Frage in der Heimat ist immer, ob ich denn Robert Lewandowski getroffen habe. Ich muss immer noch sagen, dass ich ihn nicht richtig kennengelernt habe, wie auch sonst keinen der Spieler.

Gab es schon Verwechslungen wegen des gleichen Nachnamens?
Es kommt immer wieder vor, dass ich gefragt werde, ob ich seine Frau oder seine Schwester bin. Zuletzt war ich in einem Restaurant und der Besitzer wusste, dass ich für den FC Bayern spiele, er hat nach einem Autogramm gefragt und dann auch gefragt, ob ich Lewandowskis Schwester bin (lacht).

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.