"Wir sind wieder da": Die Bayern sind gereift – aber haben sie auch ihre Lektion gelernt?

Mit der Machtdemonstration gegen Leverkusen hat der FC Bayern die alten Kräfteverhältnisse wieder hergestellt. Der Glaube bei Profis und Bossen an den Gewinn des Henkelpotts ist nun größer denn je.
von  Patrick Strasser
Passend zu den steigenden Temperaturen blüht beim FC Bayern um Trainer Vincent Kompany sowie Harry Kane (r.) und Alphonso Davies das berühmte Mia san Mia wieder auf.
Passend zu den steigenden Temperaturen blüht beim FC Bayern um Trainer Vincent Kompany sowie Harry Kane (r.) und Alphonso Davies das berühmte Mia san Mia wieder auf. © imago

München – Das Gefühl von Sehnsucht, von weiter Welt, von fernen Träumen. Nirgends so präsent wie an großen Gewässern. Aus ihren Zimmern konnten die Spieler, Trainer und Verantwortlichen während ihres Aufenthalts im Hyatt Regency, dem Teamhotel der Bayern, auf den Rhein blicken und das rege Hin und Her der Handelsschiffe.

Dreesen:  "Einer dieser wunderbaren Abende"

Drinnen, im gewaltigen Luxuskomplex, feierten die Bayern zu mitternächtlicher Stunde ihre nationale Renaissance. Errungen auf europäischer Bühne, rheinaufwärts in der elf Kilometer entfernten BayArena. Mit 2:0 im Rückspiel – und 5:0 insgesamt in diesem Achtelfinale der Champions League – hatten die Bayern den Double-Gewinner von 2024 in die Schranken gewiesen. Um im Bild zu bleiben: Der Münchner Tanker, der vergangene Saison beinahe havarierte, zumindest leckgeschlagen war, bahnt sich wieder seinen Weg. Kapitän Xabi Alonso und seine Helden der vergangenen Saison segeln in einer kleinen Jolle in eine ungewisse Zukunft.

"Das ist einer dieser wunderbaren Abende, an denen man diese Bankettrede sehr, sehr gerne hält. Wir haben ein Stück weit die Statik im deutschen Fußball wiederhergestellt", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen voller Stolz. Schließlich habe man gegen den "hartnäckigsten Gegner der letzten zwei Jahre" das Viertelfinale erreicht. Die nationale Vormachtstellung ist wieder zementiert, Leverkusen wurde dominiert. In der Bundesliga konnte man zwar keines der direkten Duelle (1:1 und 0:0) gewinnen, die acht Punkte Vorsprung neun Spieltage vor Schluss schaffen dennoch bereits im Frühjahr Klarheit.

Nach diesem Erfolg "hat man auch das Recht, weiter zu träumen"

Die Rückeroberung der Meisterschaft, die nur noch über die Ziellinie gebracht werden muss, ist nur eines von zwei Zielen für die restlichen zweieinhalb Monate der Saison. Stichwort Finale dahoam am 31. Mai in der Allianz Arena, von Dreesen im Dezember mutig als "Titel dahoam" bezeichnet.

So gut wie an diesem Mittwoch war die Laune bei den Bayern-Bossen um Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen schon lange nicht mehr.
So gut wie an diesem Mittwoch war die Laune bei den Bayern-Bossen um Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen schon lange nicht mehr.

Sein Wunschtraum ist ein ganzes Stück nähergekommen. Wenn man Leverkusen, "die Übermannschaft der letzten 18 Monate", wie sie Max Eberl nannte, derart souverän besiege, "dann hat man auch das Recht, weiter zu träumen". Müsste man die bayerischen Frühlingsgefühle zeichnen, wären sie silbern, mit großen Henkeln. Der Sportvorstand betonte: "Wenn wir die Leistung, die wir jetzt in beiden Leverkusen-Spielen gezeigt haben, konservieren könnten, dann sind wir auf einem guten Weg." Richtung München. Via Mailand.

Diese Mannschaft von Trainer Vincent Kompany ist gereift

In den ersten beiden April-Wochen (zunächst zu Hause und in der Woche vor Karfreitag auswärts) geht es gegen Inter Mailand. Kommt man gegen den italienischen Meister durch, wartet im Halbfinale entweder der FC Barcelona mit Bayerns Ex-Trainer Hansi Flick oder Borussia Dortmund. Dieser Weg wird kein leichter sein – aber ein machbarer. Falls die Bayern aus dem derben 1:4 im Oktober bei Barça in der insgesamt rumpeligen Gruppenphase (0:1 bei Aston Villa, 0:3 bei Feyenoord Rotterdam) ihre Lektion gelernt haben.

Diese Mannschaft von Trainer Vincent Kompany ist gereift. Sie wird gezogen von Torjäger Harry Kane, besessen auf der Jagd nach seinen ersten Titeln, und Spielgestalter Joshua Kimmich, der wohl noch diese Woche seinen neuen, bis 2029 gültigen Vertrag unterschreibt (siehe Seite 18). Zum Rundum-Wohlfühl-Feeling der Bayern dieser Tage gehört auch, dass Jamal Musiala und Alphonso Davies, der so formverbesserte Schütze des 2:0 am Dienstag, vor Kimmich ihre Arbeitspapiere bis 2030 verlängert hatten – sie alle sind Säulen der Mannschaft der Zukunft.

In der Gegenwart richten die Bayern den Blick auf den nächsten Dom, den Mailänder. Inter sei "ein schwerer Brocken", mahnte Dreesen. Kane beruhigte: "Wir können jedem Gegner weh tun." Denn, so Eberl nach der Machtdemonstration, "wir sind wieder da."

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