Willkommen in Francks Reich! Hier trägt er Frosch-Treter
Zum ersten Mal tritt Ribéry beim Champions-League-Duell mit Olympique Lyon heute mit den Bayern in seinem Heimatland an. Hier ist er der König,hier wird er verehrt – obwohl er (nur) in München spielt. Sein Sponsor nutzt die Gunst der Stunde
LYON Es wird ein besonderer Abend werden. Zumindest für den französischen Fußball. Denn beim letzten Champions-League-Spiel des FC Bayern in diesem Jahr bei Olympique Lyon geht es nicht nur um den Gruppensieg: Franck Ribéry, gerade eben erst zu Frankreichs Fußballer des Jahres gewählt, spielt erstmals seit seinem Wechsel zum FC Bayern wieder auf französischen Boden. Erstmals, seit er im Sommer 2007 Marseille den Rücken kehrte und ausgerechnet zu Mitbewerber Lyon „non“ gesagt hat.
Wenn Ribéry also heute das Stade Gerland betritt, dann ist er zurück in seinem Heimatland, gewissermaßen in Francks Reich.
Klar: Ribéry, der aktuell beste Spieler der Grand Nation, kommt als Gegner. Aber als einer, der Respekt, wenn nicht sogar Sympathie spüren wird. „Es ist etwas ganz Besonderes für mich, hier zu spielen“, sagte er gestern nach der Landung. „Würde ich allerdings gegen meinen Ex-Klub Marseille spielen, wäre es noch eigenartiger.“
Wie hoch sie ihn in der Heimat schätzen, wurde klar, als Ribéry überraschend die Auszeichnung als bester Spieler des Jahres erhielt, die vom Magazin „France Football" erst seit 1996 auch an Franzosen in Auslandsligen vergeben wird.
„Dieser Titel ist mir sehr wichtig, gerade weil ich als Franzose im Ausland spiele“, sagte Ribéry. Auch er weiß: Frankreichs Sportmedien schauen – wenn überhaupt – auf die Liga jenseits des Ärmelkanals, nach England. Über den Rhein schauten sie selten.
Doch das hat sich geändert. Seit Ribéry beim FC Bayern zur Höchstform aufläuft, ist das Interesse an der Bundesliga und am FC Bayern „explodiert“, wie Jean-Charles Sabattier, der Chefredakteur des französischen Bezahlsenders „Canal+“, erzählt. „Franck ist einfach die Nummer eins im Herzen der Franzosen“, sagt der Sportjournalist. „Niemals zuvor war das Interesse bei uns so groß am FC Bayern und der Bundesliga.“ Riberys Ruhm strahlt auf die ganze deutsche Eliteklasse ab.
Doch woher kommt die Lust der Franzosen an ihrem Auslands-Filou? Yann Bernal, der Fußball-Reporter von Frankreichs großer Nachrichten-Agentur „AFP“, sagt: „Ribéry ist ein Kerl von der Straße geblieben, einer der das Leben nicht zu ernst nimmt. Das kommt bei uns an.“
Ribéry und die Leichtigkeit des Seins. Das fasziniert sogar einen der größten Fußballer, den die Grand Nation je hervorgebracht hat. „Er ist einfach großartig, herausragend. Er springt mir in die Augen. Mit allem was er tut“, lobte Frankreichs lebendes Fußballheiligtum Zinedine Zidane seinen ehemaligen Teamkameraden bei der Equipe Tricolore. Ein Ritterschlag für Ribéry. Mehr noch: Eine Verneigung. Ribéry, verehrt wie Gott in Frankreich.
„Wenn Zidane so etwas sagt, dann ist das schon außergewöhnlich“, erklärt Bixente Lizarazu, der langjährige Ex-Bayernprofi, der Ribéry vor allem für dessen „guten Charakter“ schätzt. Ribérys persönlicher Ausrüster will davon natürlich auch profitieren. Heute schickt die Firma Nike den Virtuosen, der zuletzt in pinkfarbenen Schuhen auflief, erstmals in giftgrünen Tretern aufs Feld. Froschgrün in Frankreich? Ein Schelm (oder Gourmet), wer Böses dabei denkt. Ribéry jedenfalls wird wieder mal der Hingucker sein.
Dass Bayerns französischer Zauberer auf den Spuren der ganz Großen wandelt, ist nun auch statistisch verbrieft: Im vergangenen Jahr, mit 24 Jahren, gewann Ribéry erstmals die Wahl, nur Marius Trésor, der Star-Verteidiger der 80er Jahre, und Frankreichs Idol Michel Platini wurde die Ehre in noch jüngeren Jahren zuteil.
Allein sein Abschneiden bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres trübte die Stimmung beim Filou und seinen Fans: Nur auf Platz 16 kam er und sprach ganz offen von einer „Enttäuschung“. Sportjournalist Sabattier weiß: „Er braucht einfach einen wichtigen Titel, um tatsächlich einer der Größten zu sein.“
In Lyon kann er diese Titelambitionen unter Beweis stellen. Und den Franzosen zeigen, wie groß er geworden ist.
Reinhard Keck