Wie lange hält der Frieden?
Jupp Heynckes und Matthias Sammer haben ihren Streit öffentlich beigelegt. Ist jetzt wirklich Ruhe? Die AZ schaut, wer bei Bayern wie reagiert.
MÜNCHEN - Vor zwei Jahren, als Louis van Gaal noch durch die Gänge der Säbener Straße polterte, gab es den Rotwein-Frieden von Cluj. Er und Uli Hoeneß waren damals aneinander geraten und schlossen in Rumänien bei einem Gläschen Rioja Frieden – zumindest für ein paar Monate.
Nun ist nicht überliefert, welches Getränk beim "Sechs-Augen-Gespräch” am Mittwochnachmittag an der Säbener Straße im Spiel war.
Lediglich der Ausgang: Unter Aufsicht des Vorstandsbosses Karl-Heinz Rummenigge räumten Sport-Vorstand Matthias Sammer und Trainer Jupp Heynckes die Dissonanzen nach Sammers "Lätschert!”-Kritik und Heynckes’ "Populismus!”-Retourkutsche aus dem Weg. Am Ende des Friedens von der Säbener Straße stand wieder Sammers schöner Satz: "Zwischen uns passt kein Blatt.”
Doch wie lange hält der Frieden? Die AZ beleuchtet die Brennpunkte.
Alarmstufe Sammer: Faktisch dürfte sich Sammer als Sieger des ersten Muskelspiels seiner noch nicht mal 100-tägigen Amtszeit beim FC Bayern sehen – schließlich erteilte ihm Präsident Uli Hoeneß die Absolution zum "friendly fire”, zum Schießen auf die eigenen Reihen: „Es ist seine Aufgabe, dass er mal den Finger in die Wunde legt. Ich habe 30 Jahre nichts anderes gemacht.”
Hoeneß gefällt, dass sich Sammer so wie er früher antizyklisch äußert, trotz Erfolgs auch kritische Worte einstreut. Kurzum: Er darf weiter mäkeln, wenn er Anlass dazu sieht. Der Sport-Vorstand hat aber kein gesteigertes Interesse daran, den Trainer zu schwächen. In Zukunft wird der 45-Jährige also lieber zweimal mit ihm absprechen, was er an Kritik nach außen trägt.
Alarmstufe Heynckes: Ein weiteres Indiz dafür, dass Heynckes als Verlierer dasteht, ist die Tatsache, dass die Aussprache mit Rummenigge erst nach seiner Antwort stattfand. Auch gab ihm sein Freund Hoeneß den eindringlichen Rat, Sammers Kritik anzunehmen: "Damit fällt ihm kein Zacken aus der Krone. Das muss er aushalten.”
Heynckes Beweggründe für seine Dünnhäutigkeit dürften klar sein: Mit Blick auf seinen auslaufenden Vertrag will er es vermeiden, von seinen Spielern als „lame duck” gesehen zu werden, als Erfüllunggehilfe der Oberen mit Ablaufdatum.
Er profiliert sich, zeigt seiner Mannschaft damit: Noch habe ich die Zügel in der Hand! Ansonsten wäre sein Ansehen schwer beschädigt – und er gerade in Zeiten der Rotation ein willkommenes Ziel für interne Kritiker. Letzte "lame duck” bei Bayern war übrigens Louis van Gaal – Ergebnis bekannt.
Alarmstufe Vorstand: Noch geben sich Rummenigge und Hoeneß versöhnlich, vermittelnd. Eskaliert die Situation weiter, wird man sich für eine Seite entscheiden müssen. Für welche? Die Bekenntnisse der Bosse waren deutlich zu vernehmen.