Wie Boateng wieder wichtig für den FC Bayern wurde
München - Ob Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge wohl ein solches Bild im Sinn hatte, als er Jérôme Boateng vor ein paar Jahren dazu aufforderte, mal wieder "ein bisschen 'back to earth' runterzukommen"?
Unmittelbar nach dem Champions-League-Triumph stand der Abwehrstar jedenfalls in FC-Bayern-Adiletten auf dem Rasen des Estádio da Luz von Lissabon – viel geerdeter geht’s nun wirklich kaum noch. In der Hocke und mit dem Pokal in seinen Händen posierte er so fürs Siegerfoto, das er sich in den vergangenen Monaten auch redlich verdient hatte.

Boateng unter Flick wieder in Bestform
Denn nachdem Hansi Flick im November auf Niko Kovac als Cheftrainer der Bayern folgte, ist der 31-Jährige vom Abstellgleis auf die Erfolgsspur zurückgekehrt. Seitdem ist er wieder unumstritten gesetzt, bildet gemeinsam mit David Alaba ein Abwehrduo der Extraklasse und somit einen enorm wichtigen Baustein des Triple-Teams. Boateng präsentiert sich unter Flick wieder in absoluter Bestform und stand folgerichtig auch beim Finalturnier in Portugal in allen Partien in der Startelf der Münchner.
Seinen ganz persönlichen Triple-Moment erlebte Boateng im Halbfinale gegen Olympique Lyon (3:0), als er fünf Minuten vor dem 1:0 mit einer Monstergrätsche den Querpass von Maxwel Cornet in höchster Not noch vor dem einschussbereiten Toko Ekambi klärte. In dieser Szene verletzte sich Boateng allerdings leicht und ging angeschlagen und mit Schmerzmitteln ins Endspiel. Dass Flick ihn trotzdem unbedingt von Anfang an dabei haben und nicht etwa auf Lucas Hernández oder Niklas Süle setzen wollte, verdeutlicht sein aktuelles Standing.
Flick mit emotionaler Ansprache vor dem Finale
Auch Boateng selbst wollte "unbedingt helfen", wie er nun der "Bild am Sonntag" sagte und befand: "In unserer Startformation in der Defensive aufzulaufen, gab uns definitiv Sicherheit." Nach 25 Minuten und einem Muskelfaserriss im Oberschenkel musste er dann allerdings raus und wurde (erfolgreich) durch Süle ersetzt.
Bayern war an diesem Tag aber durch nichts und niemanden zu stoppen. Flick hatte sein Team schließlich mit einem klaren Auftrag ("Champions gehen ihren Weg bis zum Ende") aufs Feld geschickt. Boateng berichtete von der "mit Sicherheit emotionalsten Ansprache, die ich in meiner Laufbahn gehört habe". Der Coach habe "die richtigen Worte gefunden, die mich wie sicher auch andere Spieler absolut gepackt haben".
Boateng würde gerne bei Bayern bleiben
Speziell bei Boateng traf Flick direkt im November offenbar genau den richtigen Ton. In Einzeltrainingseinheiten nahm sich der Chefcoach seinem Innenverteidiger damals persönlich an. Die beiden kennen und schätzen sich seit vielen Jahren von der Nationalmannschaft, mit der sie 2014 (Flick als Co-Trainer) in Brasilien Weltmeister wurden. Boateng fand so zu altem Selbstvertrauen und seiner Topform zurück.
Vor dem Wintertrainingslager sprach Flick ihm in einem Vier-Augengespräch endgültig sein Vertrauen aus. "Ein ganz entscheidender Moment", verriet Boateng, der München eigentlich seit zwei Jahren verlassen wollte, "und ein Grund, warum ich im Winter beim FC Bayern geblieben bin". Er zahlte auf dem Platz mit Leistung zurück und krönte sich nun nach 2013 mit Bayern zum zweiten Mal zum Triple-Champion. Von wegen "back to earth" – Boateng zurück im Fußball-Olymp!
Bleibt noch die Frage nach seiner Zukunft zu klären. "Gespräche über meinen Vertrag hinaus gab es noch nicht. Für mich ist aber klar, dass ich gerne den Weg unter Hansi Flick weiter gehen werde", sagte Boateng, dessen Kontrakt noch bis 2021 gilt. Auf einen Abschied deutet nichts mehr hin. Auch mit Uli Hoeneß, der ihn noch im vergangenen Sommer kritisiert und ihm einen Wechsel nahegelegt hatte, hat sich Boateng mittlerweile ausgesprochen.
Nun müsse "man abwarten", meinte Rummenigge. "Grundsätzlich gefällt mir seine Entwicklung." Unter Flick "ist er absolut wieder ein FC-Bayern-Spieler geworden. Er hat einen wertvollen Beitrag zu unseren Titeln geleistet". Und zwar ganz geerdet.
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