Wer zuletzt lacht

Wie Trainer Jupp Heynckes dem Stürmer Lukas Podolski den Spaß am Fußball zurückgegeben hat. Der Interims-Coach: „Wäre ich länger hier gewesen wäre, wäre das anders gelaufen.“
von  Abendzeitung
Wieder da: Lukas Podolski in der Rolle des erfolgreichen Stürmers
Wieder da: Lukas Podolski in der Rolle des erfolgreichen Stürmers © dpa

Wie Trainer Jupp Heynckes dem Stürmer Lukas Podolski den Spaß am Fußball zurückgegeben hat. Der Interims-Coach: „Wäre ich länger hier gewesen wäre, wäre das anders gelaufen.“

MÜNCHEN Jupp Heynckes ist ein gründlicher Mensch. Wenn er sich nach dem 3:0 gegen Leverkusen den Journalisten stellt, hat er nicht nur drei, vier hingehuschte Sätze für sie übrig. Dann nimmt er sich Zeit. Sieht seinen Gesprächspartnern ins Auge und erzählt. Das kann schon mal dauern. Mitunter so lange, dass der Bayern-Pressesprecher neben ihm mehrmals zum Aufbruch drängt. Aber Heynckes beendet gerne seine Gedanken, die er sich gemacht hat, und so lohnte auch am Dienstagabend das Zuhören bis zum Schluss. Ob er es schade finde, dass Lukas Podolski den FC Bayern verlässt, gerade jetzt, wo er so gut in Form ist, wurde Heynckes gefragt. Er antwortet: ein paar allgemeine Sätze und dann – na sowas – der Punch: „Wenn ich etwas länger hier gewesen wäre, wäre das sicher anders gelaufen.“ Will sagen: Dann wäre Podolski nicht geflüchtet.

Kein Widerspruch, nirgends. Dass Jupp Heynckes innerhalb weniger Tage geschafft hat, was Jürgen Klinsmann in zehn Monaten nicht gelang, das ist selbst für Fußball-Laien erkennbar. Und außerdem sagen es die Spieler in fast jedem Statement. Es gebe nun klare Ansagen, jeder wisse, was er zu tun habe etc. Selbstverständlichkeiten, aber unter Klinsmann offenbar nicht der Fall. Das Erfolgsrezept von Heynckes ist so alt wie naheliegend: Einzelgespräche. Und offenbar hat der 64-Jährige bei dem 23-Jährigen besser den Ton getroffen als der 20 Jahre jüngere Ex-Bundestrainer und dessen Vorgänger Magath und Hitzfeld.

An seinem ersten Arbeitstag, berichtet Heynckes, habe er Podolski gesagt: „Du spielst gegen Gladbach, du spielst in Cottbus, und du spielst auch im nächsten Spiel“. Es folgte: öffentliches Lob für die Schusstechnik des Sorgenkinds plus die Beförderung zum Ecken- und Freistoßschützen. In keiner Stellungnahme zu Podolski fehlte ein warmes, aufmunterndes Wort für den von Klinsmann zwischenzeitlich zum Stürmer Nummer vier degradierten Nationalspieler. Kapitän Mark van Bommel sagt: „Lukas ist ein empfindlicher Typ. Der braucht das.“ Kollege Schweinsteiger fügt an: „Wenn er von Beginn an spielt und Rückhalt hat, ist er ein ganz anderer Typ.“ Seitdem war Podolski an sechs von acht Toren der Heynckes-Amtszeit beteiligt. Der Kölner sagt dazu: „Jupp Heynckes hat mir das Vertrauen gegeben und ich denke, ich habe das zurückgegeben.“ Fußball kann so einfach sein.

Auch beim bis vor Monatsfrist kaum beachteten Südamerikaner José Sosa scheint die Gesprächstherapie zu fruchten. Kaum auszudenken, was möglich gewesen wäre, wenn Heynckes auch noch Zeit für all die anderen Sorgenkinder gehabt hätte - davon hat der FC Bayern der Spielzeit 2008/09 nämlich jede Menge.

Dass ausgerechnet ein Gladbacher den Kölner wach geküsst hat? „Der Junge macht Spaß“, sagt Heynckes, „Fußballspielen kann er, aber jetzt fängt er auch an zu laufen und arbeitet nach hinten.“ Der Intermezzo-Coach schwärmt vom „Straßenfußballer“ und seiner Bilanz gegen Leverkusen (ein Treffer, zwei Vorlagen): „Dem macht es Spaß. Der blüht auf, hat ein Top-Spiel gemacht.“

Lukas Podolski sieht das ähnlich: „So kann es weiter gehen.“ Tut es auch. Am Samstag in Hoffenheim. Trotz der Genesung von Miroslav Klose ist Podolski gesetzt. „Wollen Sie den nach so einem Spiel rausnehmen?“, fragte Jupp Heynckes. Rhetorische Fragen kann er also auch, der Gesprächstherapeut Heynckes.

Thomas Becker

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