Wer hat an der Uhr gedreht?

Trotz der Kantersiege der Klinsmann-Bayern bleiben Franz Beckenbauer und Ottmar Hitzfeld weiterhin skeptisch.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Trotz der Kantersiege der Klinsmann-Bayern bleiben Franz Beckenbauer und Ottmar Hitzfeld weiterhin skeptisch.

Er selbst hatte es so formuliert. Ende vergangener Woche, vor dem Hannover-Spiel, hatte Jürgen Klinsmann gesagt: „Es ist fünf vor Zwölf.“ Normalerweise kommen diese Worte nicht vom Coach, sondern vom Klubchef, der mit dieser Platitüde gerne einen Trainerwechsel einläutet. Doch geklingelt hat es dann nur im Kasten der Bayern-Gegner: 5:1 gegen 96, danach das grandiose 7:1 in der Champions League gegen Lissabon.

Glaubt man Manager Uli Hoeneß stand Klinsmann eh nicht zur Disposition („Wir haben nie daran gedacht, uns von Jürgen zu trennen“), doch nach den Kantersiegen ist der Schwabe quasi verbeamtet. Doch der eine oder andere will – frei nach Paulchen Panther – noch nichts rosarot sehen: „Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät? Stimmt es, dass es sein muss: Ist für heute wirklich Schluss? Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder keine Frage!“ Und so kommen sie wieder, die Klinsmann-Skeptiker: Klubpräsident Franz Beckenbauer und Ex-Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld.

5:1? 7:1? „Es ist nicht nur beim FC Bayern, sondern überall so, dass Unruhe entsteht, wenn man die Erwartungen nicht erfüllt“, sagte Beckenbauer dem „kicker“, „und die Erwartungen sind noch nicht erfüllt. Da ist Druck normal.“ Damit bezog er sich vor allem auf die Situation in der Bundesliga: „Wieso soll man Favorit Nummer eins sein, wenn man vier Punkte hinter dem Tabellenführer steht?“ Eine gerechtfertigte Frage. Obwohl Uli „The trend is your friend“ Hoeneß angesichts von zwölf Treffern und zwei Gegentoren eine optimistischere Einschätzung vom Klub-Oberhaupt gewiss lieber wäre. Schließlich hatte er bereits nach dem 7:1 – in Bezug auf die Presse – vermutet: „Es wird sicher wieder ein paar Schlaumeier geben, die was finden. Vielleicht waren die Eckfahnen falsch gesteckt oder so.“

Doch da lag er falsch. Die Kritik kommt aus dem direkten Bayern-Umfeld. Fähnchen im Wind sind Beckenbauer und Hitzfeld nicht. Der Ex-Coach wiederholte im „kicker“ seine Verwunderung über die vielen Gegentore und erinnerte an den unter seiner Leitung vergangene Saison aufgestellten „Rekord mit den wenigsten Gegentoren“. Auf die Frage, wie man die Abwehr stärken könne, meinte Hitzfeld: „Ich kann nicht sagen, was Jürgen Klinsmann machen muss.“ Fügte aber hinzu: „Meine Philosophie bestand immer darin, noch mehr Einzelgespräche zu führen, wenn es brennt; noch mehr auf die Leader zu setzen.“ Er habe stets Leader herausgebildet.

Will da einer die Uhr zurückdrehen? Auf fünf vor Zwölf?

Jochen Schlosser

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