Wende kurz vorm Ende

Jörg Butt schien eine Titelphobie zu haben.Erst mit knapp 36 Jahren holt er eine Trophäe. Nun soll der Torwart zur WM mitfahren. Das hat er den Bayern zu verdanken – und seinem Charakter.
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Kann's auch mit den Füßen: Bayerns Torwart Hans-Jörg Butt.
dpa Kann's auch mit den Füßen: Bayerns Torwart Hans-Jörg Butt.

Jörg Butt schien eine Titelphobie zu haben.Erst mit knapp 36 Jahren holt er eine Trophäe. Nun soll der Torwart zur WM mitfahren. Das hat er den Bayern zu verdanken – und seinem Charakter.

MÜNCHEN Mark van Bommel steht zwischen Kantine und Presseraum und hält die Tür auf. „Komm schon, Jörg!“ ruft er – im Spaß. Er weiß, dass der Jörg nicht kommt und nicht mit Journalisten reden will. Nicht jetzt, einen Tag, bevor Bundestrainer Joachim Löw den WM-Kader bekannt gibt.

Dass Jörg Butt in solche Kalamitäten kommen würde, hätte wohl niemand gedacht. Schuld daran ist der Mann, der ihm vor drei Jahren den Stammplatz im Leverkusener Tor stiebitzte: René Adler. Butt war Anfang 2007 nach einer Roten Karte für zwei Spiele gesperrt; Ersatzmann Adler nutzte die Chance. Trotz laufenden Vertrags wechselte Butt daraufhin zu Benfica Lissabon.

Nun also dies: Nach Adlers Verletzung steht Butts WM-Nominierung als Nummer drei bevor. aber noch nicht vom DFB bestätigt. Philipp Lahm fand die Absage Adlers „extrem bitter für René“, meint generell: „Über die Torhüter brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.“ Lahm findet, dass man Butts Qualitäten nicht noch heraus stellen muss: „Er ist mit uns Meister geworden und steht noch in zwei weiteren Finals. Das ist nicht so schlecht.“

Butt hat es freilich auch dem FC Bayern zu verdanken, dass seine jahrelange Titelphobie endet. 2002 war er mit Leverkusen dreimal Zweiter geworden in der Bundesliga, Champions League und im DFB-Pokal. In Lissabon war er nur Reservist – und als solcher zunächst ja auch beim FC Bayern vorgesehen. Erst als sein Torhüter-Rivale Michael Rensing wiederholt patzte, durfte Butt ins Tor. Kurz vor ihrem Ende hat die Karriere eine Wende genommen. Jetzt ist er der Meistertorwart. Und die Nummer drei im DFB-Tor. Mit dieser Rolle ist Butt vertraut: Bei der EM 2000 und der WM 2002 gab er bereits den braven Ersatzersatzmann.

Dass er der Richtige ist, daran hat Bayerns Torwartlegende Sepp Maier keine Zweifel: „Butt muss als dritter Mann mit zur WM, ganz klar! Er ist einer, der nie Schwierigkeiten macht, der aufmuntert, wenn eine Gruppe sechs, sieben Wochen zusammen ist und mal Probleme auftreten. Vom Charakter her ist er ein richtig guter Teamkollege.“

Ex-Weltmeister Paul Breitner pflichtet ihm bei („Natürlich kann Butt diese Rolle ausfüllen“). Auch Ottmar Hitzfeld, der frühere Bayern-Trainer und heutige Schweizer Nationalcoach, kann sich Butt als WM-Lösung vorstellen – „wenn er als Nummer drei motiviert ist. Butt hat eine starke Saison gespielt. Er hat Druck aushalten müssen und diesem Druck auch standgehalten.“

Im Gegensatz zu Vorgänger Michael Rensing und manchem Nationalkeeper sind von Butt kaum Patzer erinnerlich. Trotz zuweilen wackliger Innenverteidiger hat kein Bundesligatorwart weniger Tore kassiert als Butt. Und als er im Herbst bei einer Jubel-Choreographie mit den Teamkollegen den Presslufthammer schwang, wankte auch das Bild vom staubtrockenen Stoiker. Wie angesehen er im Team ist, zeigte sich letzten Samstag, als die Mannschaftskameraden ihn vor die Fans der Südkurve schickten – und nicht den Kapitän Mark van Bommel.

Sechs Tage nach dem Champions-League-Finale wird Butt 36 alt. Es wird kein wildes Fest werden. Am Tag danach spielt das DFB-Team gegen Ungarn – wahrscheinlich mit Jörg Butt.

Thomas Becker

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