Weißbier, bitte!

Mit bairischer Mundart ist Rudi Völler (noch) nicht vertraut. Aber sonst bringt er viele Voraussetzungen mit, um Nachfolger von Uli Hoeneß zu werden.
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Uli Hoeneß fürchtet, der deutsche Fußball könnte ohne mehr Geld aus TV-Einnahmen international ins Hintertreffen geraten.
firo/Augenklick Uli Hoeneß fürchtet, der deutsche Fußball könnte ohne mehr Geld aus TV-Einnahmen international ins Hintertreffen geraten.

Mit bairischer Mundart ist Rudi Völler (noch) nicht vertraut. Aber sonst bringt er viele Voraussetzungen mit, um Nachfolger von Uli Hoeneß zu werden.

MÜNCHEN Das Gespräch am Starnberger See liegt schon über ein halbes Jahr zurück, doch aktuell ist der Inhalt immer noch. Bei der Hochzeit von Michael Ballack hatten sich Uli Hoeneß (57) und Rudi Völler (48) – laut „kicker“ – locker unterhalten. Das Thema: Die Nachfolge des Bayern-Managers. Hoeneß wird Ende 2009 aufhören und Franz Beckenbauer als Aufsichtsratschef und Präsident ablösen.

Am Mittwoch empfängt Völler, der in Leverkusen passenderweise nur bis 2010 als Sportdirektor unter Vertrag steht, mit Bayer im Pokal-Viertelfinale die Münchner (20.30 Uhr, ARD live) – und ein Bayern-Engagement hat er bislang nicht ausgeschlossen. Vor zehn Tagen hatte Völler erklärt: „Wenn sich ein großer Manager wie Hoeneß zurückzieht, dann ist es logisch, dass einige Namen gehandelt werden. Wenn ich dann dabei bin, zeugt das von Anerkennung."

Bleibt die Frage: Ist Ex-Löwe Völler, der gebürtige Hesse und gefühlte Italiener, geeignet, den Charismatiker Hoeneß zu ersetzen? Die AZ vergleicht die beiden.

EMOTIONEN

Die Wutausbrüche des aktuellen Bayern-Managers sind ebenso berüchtigt wie amüsant. Der Metzgerssohn aus Ulm schreckt bekanntlich nicht einmal davor zurück, eigene Fans und Mitglieder zu beschimpfen. So geschehen bei der Jahreshauptversammlung 2007: „Für die Scheißstimmung seid ihr doch zuständig und nicht wir.“

Doch auch in Sympathikus Völler steckt cholerische Energie. Dies hat er als DFB-Teamchef 2003 bewiesen. Spätestens seit dem legendären „Scheißdreck! Käse!“-Angriff auf ARD-Moderator Waldemar Hartmann („Du sitzt hier locker bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker“), in Folge des 0:0 auf Island, ist klar: Lernt der Mann noch, dass es Weiß- und nicht Weizenbier heißt, kann er Hoeneß das Wasser reichen.

UMGANG MIT STARS

Auch hier hat Hoeneß hohe Maßstäbe gesetzt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat in der „Süddeutschen Zeitung“ schon mal grob umrissen, was beim FC Bayern gefragt ist: „Wir reden hier über die zentrale Aufgabe beim FC Bayern: die sportliche Verantwortung. Man braucht jemanden, der einem Spieler auch mal sagt: ,Was du spielst, ist ein Mist!’ Der Uli stellt sich schon mal in die Kabine und sagt zu einem Spieler: ,Was ist mit dir eigentlich los?’“

Offenbar übt Völler, der bislang als moderat galt, bereits für Bayern. Am Wochenende nämlich stutzte der Sportdirektor dem aufmüpfigen Nationaltorwart Rene Adler die Flügel: „Er soll sich mal an die eigenen Nase fassen. Es sagt ja auch keiner was, wenn er unter den Flanken herläuft.“

KOMPETENZ

Hier muss Völler natürlich noch aufholen. Im Alter von 27 Jahren – so jung trat Hoeneß 1979 die Nachfolge von Robert Schwan beim FC Bayern an – wechselte der Spieler Völler von Werder Bremen zu AS Rom. Seit 1996 bis zur Berufung als Teamchef arbeitete Völler, genau wie Hoeneß ehemaliger Nationalstürmer, als Sportdirektor bei Bayer. Nach seinem DFB-Rücktritt 2004 und einem 26-Tage-Intermezzo als Teamchef beim AS Rom holte ihn Leverkusen Anfang 2005 zurück. Seitdem ist er wieder Sportdirektor.

Völler, der von 1987 bis 1992 für die Roma spielte und später eine Saison in Marseille, spricht fließend Italienisch. Er hat europaweit Kontakte. Einen Titel als Funktionär hat er nicht vorzuweisen, was bei Bayer aber auch schwierig ist. Hoeneß hat in knapp 30 Jahren 26 Trophäen mit den Bayern gesammelt.

HERZ

Da ist Hoeneß schwerlich zu toppen. Er hat einst Gerd Müller täglich zur Alkohol-Therapie gefahren. Er hat Mehmet Scholl in der privaten Krise Obdach angeboten. Und er will nicht, dass um sein Engagement, sei es für Kinderkliniken oder das Herzzentrum, viel Tamtam gemacht wird.

Völler gilt ebenfalls als bescheiden – und hilfsbereit. Als er 2002 zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Hanau ernannt wurde, lobte ihn die Bürgermeisterin: „Wann immer Hanau Sie gerufen hat, Sie waren da. Als Sie hörten, dass das Klinikum der Stadt Geld für krebskranke Patienten brauchte, organisierten Sie ein Benefizspiel.“ Das könnte also passen.

HASSFAKTOR

Da ist der Unterschied zwischen Hoeneß und Völler noch unglaublich groß. Über „Ruuuuudi“ sangen die Fans einst zur Melodie von Guantanamera: „Es gibt nur ein’ Rudi Völler.“ Die Kölner Kultband De Höhner besingt ihn als „Tante Käthe“. Hoeneß hingegen erwarten in allen Stadien republikweit Schmähgesänge. Daran müsste sich ein Bayern-Manager Völler wohl noch gewöhnen.

Jochen Schlosser

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