Warten auf die Bescherung

Uli Hoeneß glaubt zwar daran, dass der FC Bayern „bis Weihnachten auf Platz eins“ steht, vor dem Champions-League-Duell mit Girondins Bordeaux am Dienstag aber ist dem Manager mulmig zu Mute.
von  Abendzeitung
Was für den FC Bayern und Uli Hoeneß zählt, ist Erfolg in der Champions League.
Was für den FC Bayern und Uli Hoeneß zählt, ist Erfolg in der Champions League. © az

Uli Hoeneß glaubt zwar daran, dass der FC Bayern „bis Weihnachten auf Platz eins“ steht, vor dem Champions-League-Duell mit Girondins Bordeaux am Dienstag aber ist dem Manager mulmig zu Mute.

STUTTGART Weitsicht ist eine prima Sache. Kann man aber nicht lernen. So was hat man oder eben nicht. Uli Hoeneß hat’s, natürlich. Der Bayern-Manager weiß jetzt schon, was in einem halben Hundert Tagen unterm Christbaum liegen wird: „Wir werden noch vor Weihnachten auf Platz eins stehen“, wahrsagte er nach dem Nullnull-Gerumpel beim VfB Stuttgart.

Tabellenführung: ein schönes, weil zuletzt arg seltenes, genauer gesagt: seit 534 Tagen nicht mehr erlebtes Geschenk beim FC Bayern. Wer aber weit sieht, hat ab einem gewissen Alter Probleme mit der kurzen Distanz. Uli Hoeneß, 57, geht das nicht anders: „Wir haben große Ziele in der Champions League. Am Dienstag müssen wir gewinnen, weil es sonst extrem schwer wird, noch weiterzukommen. Deshalb bin ich auch ziemlich nervös."

Am Dienstagabend ist zwar noch längst nicht Bescherung, aber es entscheidet sich, in welcher Stimmung der FC Bayern die nähere Zukunft bestreitet – und in welcher Atmosphäre Hoeneß bei der Mitgliederversammlung in drei Wochen zum Präsidenten gekürt wird. Gelingt ein Sieg gegen Bordeaux, sieht es in der Champions League gut aus. Was wiederum einen Schub für die wichtigen Partien in der Bundesliga gäbe, für die Heimspiele gegen die Titelkonkurrenten Schalke (7. November) und Leverkusen (22. November).

Kein Wunder also, dass man die spielerisch enttäuschende Nullnummer gegen die darbenden Stuttgarter nach dem Frankfurter Zwischenhoch nicht als Rückfall werten wollte. „Ich kann leben mit dem Resultat", sagte Coach Louis van Gaal – aber wohl weniger mit der Art und Weise, wie es zustande kam. „Wir hatten mehr Spielanteile, haben aber nicht so viele Chancen kreiert", analysierte der Holländer, „zu viele Ballverluste in der dritten und vierten Phase." Also da, wo die Kreativität anfängt.

Dass es in diesem Bereich rund um den überforderten Bastian Schweinsteiger ein Vakuum gibt, ist dem Trainer ebenso wenig entgangen wie dem Manager: „Ich bin keiner, der nach den Verletzten ruft“, sagte Hoeneß, „aber der FC Bayern ohne Franck Ribéry und Arjen Robben ist nicht zu hundert Prozent derselbe Verein. Wir halten uns ganz gut ohne die beiden. Wenn sie wieder dabei sind, stehen wir bald ganz oben.“

Nach dem Abseits-Tor von Luca Toni kurz vor Spielende waren die Bayern fast schon wieder bis auf zwei Punkte dran an der Liga-Spitze: „Fünf Zentimeter war er im Abseits“, klagte van Gaal, „ich kann nicht sagen, dass es eine Fehlentscheidung war." Kurze Pause, dem Gedanken nachhängen und dann der Seufzer: „Fünf Zentimeter..."

Nun wird es doch noch ein paar Längeneinheiten länger dauern, bis Platz eins erreicht ist. „Wir haben uns wieder ein bisschen herangepirscht“, sagte Philipp Lahm, und angesichts der schwächelnden Liga-Konkurrenz ist er nicht der Einzige, bei dem die Herbstmeisterschaft ganz oben auf dem Wunschzettel steht. Auf Schleifchen und eine schicke Verpackung könnte auch Lahm sicher verzichten, wenn sich am Dienstag bewahrheitet, was Markus Babbel anklingen ließ: „Wir haben ja nicht gegen irgendwen gespielt, sondern gegen eine europäische Spitzenmannschaft.“

Thomas Becker

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