Wahnsinn und Warnschuss

Ribéry schießt gegen Frankfurt das Tor des Jahres – ansonsten enttäuscht Bayern. „So eine Qualität wird am Dienstag nicht reichen“.
von  Julian Buhl
„So ein Tor habe ich noch nicht gemacht“: Franck Ribéry trifft per Kunst-Seitfallzieher.
„So ein Tor habe ich noch nicht gemacht“: Franck Ribéry trifft per Kunst-Seitfallzieher. © imago

Nichts und niemand konnte Franck Ribéry aufhalten. Der Franzose rannte über den gesamten Platz, an Mit- und Gegenspielern und auch an Pep Guardiola vorbei. Dann baute sich der Franzose vor der Haupttribüne auf, ballte die Fäuste und ließ einen Jubelschrei folgen. Anschließend ließ er sich von seinen Teamkollegen, die von der Ersatzbank aufgesprungen waren, feiern. Was der 32-Jährige mit seinem ausschweifenden und gestenreichen Jubellauf sagen wollte? Vielleicht so etwas wie: O là là, habt ihr das gesehen? Oder: Schaut her, König Franck ist wieder da! Ribéry war soeben ein „Wahnsinnstor“ gelungen, wie es sein Trainer Pep Guardiola nannte, mit dem er seinem Team auch den 1:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt sicherte. „So ein Tor habe ich noch nicht gemacht“, sagte der 32-Jährige anschließend in den Katakomben der Allianz Arena über seinen spektakulären Seitfallzieher.

„Das war eben sehr emotional für mich“, erklärte der Jubelvulkan auch seinen Ausbruch: „Ich war lange verletzt und habe viel gekämpft und gearbeitet. Jetzt bin ich zurück.“ Von Reportern umringt genoss er es sichtlich, endlich mal wieder der gefragte Hauptdarsteller des FC Bayern zu sein. Sein kleiner Bruder Steeven hielt den Moment zur Feier des Tages mit einem Handyfoto fest. In den 90 vorangegangenen Minuten war der ältere Monsieur Ribéry schließlich zweifelsohne der beste Akteur seiner Mannschaft gewesen.

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„Das war sehr speziell für mich und die Fans.“ Die hatten ihn bereits unmittelbar nach seinem Kunstschuss und auch nach Abpfiff mit Sprechchören gefeiert. „Viele haben gedacht, dass ich nicht so schnell auf diesem Niveau zurück bin“, sagte Ribery noch. Das Tor sei „auch gut für den Kopf und das Spiel am Dienstag“. Dann steht für ihn und seine bayerische Equipe in der Champions League das Viertelfinalhinspiel gegen Benfica Lissabon an.

 

70. Bundesligatreffer für Ribery

 

Mit seinem zweiten Saisontor, seinem insgesamt 70. Bundesligatreffer im 201. Spiel, und seiner starken Leistung sorgte Ribéry für einen der wenigen Lichtblicke. Ansonsten musste die Generalprobe für Lissabon aus Bayernsicht eher als Warnschuss verstanden werden. „So eine Qualität wird am Dienstag nicht reichen“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Einige Medien hätten von einem „Freilos geschrieben, aber das wird kein Selbstläufer, wir müssen viel besser spielen und sehr konzentriert sein“, fügte der Bayern-Boss an. „Ich bin sehr beeindruckt von Benfica. Hier in Deutschland sind alle sehr selbstbewusst, aber es wird schwer, das Halbfinale zu erreichen“, mahnte auch Guardiola und hofft dafür auf eine „bessere Performance meiner Mannschaft“.

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Torjäger Robert Lewandowski gestand: „Wir hatten schon das Spiel am Dienstag im Kopf.“ Der sonst so treffsichere Angreifer (25 Saisontore in der Liga) blieb gegen Frankfurt wie Sturmpartner Thomas Müller (19) nahezu wirkungslos. Auch Thiago zeigte nicht sein bestes Spiel und verpasste damit die Chance, im Duell mit Arturo Vidal um seinen Platz im Mittelfeldzentrum zu punkten. Der Chilene dürfte gegen Benfica wohl wieder für ihn in die Startelf rücken.

 

Startelfcomeback von Martínez

 

Es gab am Samstag aber auch ein paar weitere, kleine Lichtblicke zu beobachten. Zum Beispiel das Startelfcomeback von Javi Martínez, der nach seiner Ende Januar erlittenen Meniskusverletzung auf den Platz zurückkehrte. „Der Trainer ist sehr glücklich, dass Javi wieder da ist“, berichtete Rummenigge: „Für seinen Rhythmus war es wichtig, dass er wieder über 90 Minuten gespielt hat. Er hat das gut gemacht.“ Der Spanier habe „viel Qualität und Ruhe am Ball, er ist kopfball- und zweikampfstark. Deswegen ist es schön, dass er wieder zurück ist“, sagte Kapitän Philipp Lahm. Martínez soll der Defensive auch gegen Benfica wieder mehr Stabilität verleihen. Guardiolas Innenverteidiger-Notprojekt mit Joshua Kimmich dürfte damit vorerst beendet sein. Rummenigge hofft auch auf ein baldiges Comeback von Abwehrchef Boateng: „Bei Jérôme sieht es wieder ganz gut aus. Er hat schon wieder das Training mit dem Ball angefangen.“ Schon gegen Benfica kann Guardiola wieder mit Kingsley Coman (muskuläre Probleme) rechnen. „Ich denke, Coman wird spielen können, bei Arjen (Robben; d. Red.) muss man vielleicht noch ein bisschen Geduld haben“, sagte Rummenigge.

Ein wenig glänzte auch noch Xabi Alonso mit seiner Übersicht und Zweikampfstärke. Nur die Latte verhinderte ein Traumtor per Freistoß (52.). Dass Manuel Neuer zum 150. Mal in der Bundesliga zu Null spielte, war nicht mehr als eine nette Randnotiz. Und Mario Götze? Der 23-Jährige sieht nach seinem soliden Startelf-Einsatz zumindest wieder ein kleines Lichtlein am Ende des Ersatzspielertunnels (siehe Seite 20).    Julian Buhl

 

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