Wachsen, bitte!

Trainer Louis van Gaal wehrt sich gegen den Vorwurf von Ex-Kapitän Oliver Kahn, beim FC Bayern gebe es keine Hierarchie mehr. Für die AZ vergleicht Andi Brehme, der Weltmeister von 1990, die Champions-League-Helden von 2001 mit den Führungsspielern von heute
MÜNCHEN Sie hielten sich mit Kommentaren am Dienstag zurück, die Bayern-Bosse. Die angekündigte Strategie der ruhigen Hand – obwohl sie sicher ihre Faust in der Tasche geballt haben, als Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge die Sprüche von Ex-Kapitän Oliver Kahn am Montagabend bei „Blickpunkt Sport“ hörten.
„Ich vermisse in den letzten beiden Jahren bei den Bayern eine Hierarchie. Es kann ja nicht sein, dass alle Spieler gleich sind. Eine Mannschaft muss klar strukturiert sein und die Hierarchie vom Trainer vorgegeben werden“, sagte Kahn. Sein Vorwurf Teil zwei: „Das permanente Ausprobieren ist äußerst problematisch.“ Trainer Ottmar Hitzfeld habe auf eine klare Hierarchie gesetzt, was laut Kahn sehr von Vorteil für ihn und seine Teamkollegen war. „Die Spieler wissen, wir sind die Chefs, wir spielen auch, wenn es mal nicht so läuft.“
Als Bayern-Coach Louis van Gaal am Dienstagvormittag mit den Vorwürfen von Ex-Torwart Kahn konfrontiert wurde, legte er die Stirn in Falten und zürnte: „Ich ändere nie etwas. Aber wenn ein Spieler verletzt ist, muss ich etwas ändern.“ Was größtenteils stimmt – im Fall Mario Gomez jedoch nicht. Und der Vorwurf, dass die Hierarchie fehle? Van Gaal: „Wir haben eine Hierarchie, die e aus dem Spiel kommt, nicht von früheren Leistungen. Diese zählen für mich nicht.“ Und die Kritiker? „Jeder hat eine Meinung. Auch die Menschen, die noch nie Verantwortlichkeit im Fußball gehabt haben“, sagte van Gaal und ätzte über Kahn: „Vielleicht muss er mal eine Mannschaft übernehmen.“
Kahn war Teil der Mannschaft, die den größten Bayern-Triumph in den letzten 30 Jahren erreichte. Den Champions-League-Titel 2001 – mit einer klaren Achse: Torwart Kahn, Abwehrchef Patrik Andersson, Kapitän Stefan Effenberg, Torjäger Giovane Elber.
Wie stark ist dagegen die aktuelle Achse des FC Bayern 2009? Andy Brehme, Weltmeister von 1990, vergleicht die Spieler für die AZ:
Kahn - Butt
„Der Jörg ist ein Klasse-Torhüter, aber eher der ruhige Typ. Aber wer kommt schon an einen Oliver Kahn heran, der die Mannschaft in der Kabine und auf dem Platz motivieren konnte? Wohl so schnell niemand.“
Andersson - van Buyten
„Der Patrik war ein ganz ruhiger Zeitgenosse, aber in den entscheidenden Momenten da wie bei seinem Last-Minute-Freistoß zum Titel 2001. Er hat durch Leistung überzeugt, aber van Buyten ist auf einem guten Weg, ein Anführer zu werden. Früher ein Wackelkandidat, ist er jetzt gesetzt.“
Effenberg - van Bommel
„Effe war der Boss, der die anderen mitgerissen hat. Mark hat auch eine gute Körpersprache, ist eine Leitfigur. Er kommt in Punkto Ausstrahlung noch am nächsten an einen Typen wie Effe heran.“
Elber - Klose
„Den Miro kann man nicht ändern, er ist eben ruhig und bescheiden. Elber war da ganz anders. Er ging voran, machte viel Gaudi, aber auch die Tore. So erarbeitest du dir den Respekt der Mitspieler.“
Also gilt für die Bayern vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale bei Eintracht Frankfurt: Bitte wachsen!
Patrick Strasser