Von Mainz an den Bosporus: Bayerns Königsklassenjagd beginnt schon jetzt

Von wegen bedeutungsloses Saisonfinale: Die Partie beim FSV ist für die Bayern Spiel eins auf ihrem Weg zum großen Ziel in der nächsten Saison: dem Champions-League-Finale 2023 in Istanbul.
von  Patrick Strasser
Die Deutsche Meisterschaft ist gewonnen - nun wird der Blick gen Istanbul gerichtet.
Die Deutsche Meisterschaft ist gewonnen - nun wird der Blick gen Istanbul gerichtet. © Sammy Minkoff

München - Kein Schaden ohne Nutzen. Keine Medaille ohne Kehrseite. Und so schaute Bayern-Trainer Julian Nagelsmann unter der Woche die beiden Champions-League-Halbfinals mit gemischten Gefühlen.

Top vier - diesmal ohne den FC Bayern

Es habe "ein bisschen wehgetan", wie er verriet. Schließlich kickten die zwei britischen (etwa Liverpool, der mögliche Gegner - ächz! seufz!) und die zwei spanischen Klubs (darunter dieses Villarreal - autsch! stöhn!) in den Gefilden, in denen sich der Verein sieht: Top vier in Europa.

2023 soll es wieder gelingen

Damit das Sehnsuchtsziel Halbfinale Königsklasse nach zwei gescheiterten Anläufen im Viertelfinale, in 2021 an Paris St.-Germain (merde!) und vor zweieinhalb Wochen an diesen Gelben (zwip! = in der Comicsprache: geballte Faust!), im Frühjahr 2023 erreicht wird, hat die Zukunft an der Säbener Straße längst begonnen.

Entspannterer Alltag für Nagelsmann

Denn - und nun zur angenehmen Seite der Medaille: "Mein Alltag ist aktuell schon etwas entspannter als noch mitten in der Saison. Grundsätzlich liebe ich es, morgens etwas mehr Zeit zu haben, auch mal einen Kaffee mehr zu trinken beim Austausch mit den Trainern", bemerkte Nagelsmann, der nach Übungseinheiten Mitglieder seines Stabes gerne zu einer Partie Padel-Tennis animiert - wutsch! whom!

Schmerzlich fehlende Herausforderung

Aufgrund der schmerzlich fehlenden Herausforderung Champions-League-Halbfinale hat der Chefcoach abseits der aktiven Verdrängung nun die Muße, "allgemeine Themen abzuarbeiten, die man sonst im Liga-Alltag weniger abarbeiten kann". Zum Beispiel lässt Nagelsmann für die Spieler Positionsprofile auf Video erstellen, die "jeder Spieler nächstes Jahr, wenn er vielleicht mal auf einer ungewohnten Position spielt, schnell auf seinem Handy auf das Video zurückgreifen kann und dann die vier, fünf Punkte sieht, die positionsprofilmäßig gefragt sind".

Es sollen weniger Insider nach außen dringen

Außerdem habe er "ein paar Listen erstellt mit Veränderungen, die wir vornehmen wollen für die neue Saison: inhaltlich, aber auch Dinge außenherum, die man vielleicht einen Tick besser gestalten kann". Und da - uff! - gibt es ja einiges. Nach außen soll künftig - pssst! - weniger dringen.

Nagelsmann plädiert für Planungssicherheit

Überhaupt: Es wird viel gegrübelt und geplant bei den Bayern, viel geredet und gehirnt. "Grundsätzlich ist es immer gut, wenn man Planungssicherheit hat - in allen Bereichen des Lebens", weiß Nagelsmann, Mitglied der Freiwilligen Philosophen Harlaching. Bei all den Unterredungen mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic und dem Technischen Direktor Marco Neppe gehe es, so der 34-Jährige, um Dinge, die die "mittelfristige oder längerfristige Zukunft betreffen".

Keine Durchbrüche für Brazzo

Mit einem Schmunzeln fügte er hinzu: "Wenn der Brazzo in der Tür steht, bin ich immer freudig erregt." Doch bisher konnte der Bürobesucher weder Durchbrüche bei Vertragsgesprächen (Lewandowski, Müller, Neuer, Gnabry) noch bei Transfers (Mazraoui, Gravenberch) vermelden. Die Task-Force FCB 2023 ist gefordert.

Drei Partien stehen noch an

Fußball wird in den letzten Wochen der Saison auch noch gespielt. Drei Partien stehen für den Dauerschleifen-Champion noch an, am Samstag (15.30 Uhr, Sky) beim FSV Mainz 05. Und dennoch gilt für die Münchner das tabellarisch irrelevante Match bei den Rheinhessen als Spiel eins nach dem gewonnenen Meister-Matchball letzten Samstag gegen Dortmund.

Großes Ziel im Fernglas

Ab sofort heißt das große Ziel im Fernglas: Istanbul bzw. das Finale der Königsklasse am 10. Juni 2023 im Atatürk-Olympiastadion. Gegen den FSV sollen weitere Automatismen eingeübt, aber auch Spieler getestet werden, die sonst nicht viel zum Einsatz kommen.

Es ist nicht mehr und nicht weniger als: Der erste, minimale Schritt für das maximale Ziel. Von Mainz an den Bosporus - die Bayern üben sich in der Disziplin Weitblick.

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