Von Leverkusen zu Bayern: Heynckes - Der Exporteur
Mit Leverkusen ist am Samstag Heynckes’ Ex-Verein beim FC Bayern zu Gast. Welche Konzepte, Ideen und Personen er von dort alles mitbrachte, lesen Sie hier.
München - Wer seit 32 Jahren Trainer ist, trifft zuweilen mal auf einen Ex-Klub. Bayern-Trainer Jupp Heynckes geht es nicht anders: Gladbach war schon am ersten Spieltag da, klaute frech die Punkte. Gerade war Heynckes auf Schalke, wo er 2004 nach drei Niederlagen in vier Spielen entlassen wurde.
Am Samstag kommt Leverkusen, wo er vor zwei Jahren mit 24 ungeschlagenen Spielen einen Bundesliga-Startrekord aufstellte und die von ihm selbst mit den Bayern gesetzte Bestmarke der Saison 1988/89 übertraf. Ähnlich furios geht es auch bei seinem dritten Bayern-Engagement los. Was Jupp Heynckes alles aus Leverkusen mitgebracht hat.
Die Rotation: Was die Mannschaftsaufstellung angeht, hat sich Heynckes als wenig berechenbar erwiesen. Selbst kerngesunde Spieler, die die letzte Partie mit Bravour absolviert hatten, fanden sich bei der nächsten Gelegenheit auf der Bank wieder. Anders als bei Vorgänger Louis van Gaal gibt es wenig Gesetzte im Kader, und selbst die bekommen schon mal Pausen verordnet. Schließlich gilt es, 22 Hochkaräter, darunter 18 Nationalspieler, zu beschäftigen und schlechte Laune gar nicht erst aufkommen zu lassen. Bis auf Danijel Pranjic, Ersatzkeeper Jörg Butt und den verletzten Breno durfte auch jeder schon mal mitspielen. Gut rotiert, Jupp!
Den Umgang mit Diven und Talenten: Das Hin und Her mit Michael Ballack wird Heynckes kaum vermissen. Andererseits konnte er sich über diese Personalie wieder an die zuweilen delikate Arbeit mit den Medien gewöhnen, was ihm in München zugute kommt, wo es ja auch das ein oder andere Ego im Zaum zu halten gilt. Bestes Beispiel: Filou Franck Ribéry spielt unter Heynckes so gut wie seit Jahren nicht mehr, wird regelmäßig mit ein paar warmen Worten bedacht und rennt daraufhin noch schneller. Auf der anderen Seite hat Heynckes fast unbemerkt das jüngste Bayern-Team seit Jahren geschmiedet und scheint sogar den schon ewig als Deutschlands größtes Talent geltenden Toni Kroos zu einem formidablen Fußballer veredeln zu können. Respekt!
Das Hinten-dicht-Konzept: In den ersten Wochen wirkte die Bayern-Offensive noch hölzern, weil sich Heynckes nach der Arbeit des Abwehr-Verweigerers van Gaal zunächst um die Defensive kümmern musste. Nach sechs Spieltagen und einer Ligabilanz von 18:1 Toren ist dieser Punkt abgehakt, und es nimmt nicht Wunder, dass auch die Abteilung Attacke sich allmählich dem Ideal des FC Kurz- und Steilpass Barcelona nähert. Nur der gelangweilte Torwart Manuel Neuer kann einem da hinten drin leidtun.
Den unauffälligsten Co-Trainer der Welt: Man weiß von ihm, dass er in den 70ern und 80ern 120 Bundesligaspiele für den HSV und Leverkusen bestritt, nächstes Jahr 60 wird, Schuhgröße 8,5 hat, verheiratet ist und vier Kinder hat – aber wie Peter Hermann über Fußball im Allgemeinen und den FC Bayern im Besonderen denkt, das weiß man nicht. Dabei ist er im Training meist der Chef, hält sich sonst aber zurück, lässt lieber Hermann Gerland den Papierkrieg beim Einwechseln erledigen. So muss ein Co-Trainer sein: Seine Arbeit prima machen und ansonsten den Ball flach halten. Eine gute Wahl von Heynckes.
Der FC Bayern kann dankbar sein für all diese Mitbringsel, und Jupp Heynckes wird sie gerne mitgebracht haben. Nur Gattin Iris und Schäferhund Cando sind doch lieber daheim auf dem Bauernhof im Schwalmtal geblieben.