Von Heuhüpfern und Höhenunterschieden

Atvidaberg, Dresden oder Eriwan: Kuriose Reiseziele der Bayern im Europapokal.
Filippo Cataldo |
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„Magdeburg hat Kraft – Bayern wird geschafft“: So wurden die Bayern 1974 in der DDR empfangen.
Imago „Magdeburg hat Kraft – Bayern wird geschafft“: So wurden die Bayern 1974 in der DDR empfangen.

Keine zwei Flugstunden weit weg, und doch sind die Bayern Montagmittag in einer anderen Welt gelandet. Zum ersten Mal überhaupt spielt man in Weißrussland, gemeinhin bekannt als letzte Diktatur Europas. Erst vorige Woche wurde Präsident Alexander Lukaschenko mit einem Fantasieergebnis im Amt bestätigt, in Wahlen, die von der OSZE nicht mal beobachtet worden waren, weil die Organisation offenbar keinen Zweifel daran hat, dass diese manipuliert würden.
„Es ging alles sehr schnell, es gab keine Probleme bei der Passkontrolle, alles ist sehr sauber hier auf den Straßen“, meinte Manuel Neuer zu seinen ersten Eindrücken. Was die Bayern während anderer Europacup-Reisen so erlebten:

3. Oktober 1973, Landesmeistercup, 1. Runde, Atvidaberg FF: Das Hinspiel gegen die Halbprofis aus Schweden hatten die Bayern 3:1 gewonnen. Was dann folgte, war eine der denkwürdigsten Europacup-Reisen. Erst weigerte sich Präsident Wilhelm Neudecker in Riem in die Maschine zu steigen, die Turbo-Prop-Maschine bezeichnete er als „Heuhupfer“. Als man mit einer Ersatzmaschine doch noch nach Schweden gelangt war, lagen die Bayern schnell 0:2 hinten. Paul Breitner brach sich das Wadenbein, als er von einem Stein getroffen wurde, den ein Chaot aufs Feld geschmissen hatte. In der Pause erhöhte Neudecker schnell die Siegprämie von 3000 auf 5000 Mark. Es half nichts: Atvidaberg schoss ein drittes Tor, ehe Uli Hoeneß mit seinem Treffer Bayern in ihr erstes Europapokal-Elfmeterschießen rettete. Bayern kam weiter – und gewann am Ende der Saison den Pott.

7. 11. 1973, Landesmeistercup, Achtelfinale Dynamo Dresden: Bayerns erstes Europapokalspiel in der DDR führte den Klub nach Dresden. Das Hinspiel hatte Bayern 4:3 gewonnen, in Dresden kamen sie durch ein 3:3 weiter. Zuvor hatten sie sich aber einen Fauxpas geleistet: Um nicht in der DDR übernachten zu müssen, machten sie in Hof Station und fuhren erst am Spieltag nach Dresden. Offizielle Begründung: der gewaltige Höhenunterschied zwischen München und Dresden. Viel eher trieb die Bayern aber die Angst um, sie könnten in der DDR vergiftet werden, weswegen sie eigene Verpflegung mit auf die Reise nahmen.

6. 11. 1974, Landesmeistercup, Achtelfinale, Magdeburg: Im Jahr drauf trauten sich die Bayern dann sogar, in der DDR zu übernachten – und hätten es beinahe bereut. Die Stasi war allgegenwärtig, sogar die Halbzeitansprache soll abgehört worden sein. Zudem campierten Magdeburger Fans, mit VoPos im Schlepptau, und störten die Nachtruhe der Bayern.

19. 3. 1975, Landesmeistercup, Ararat Eriwan: Das Heimspiel hatten die Bayern 2:0 gewonnen, in Armenien folgte eine 0:1-Pleite. Vielleicht lag’s an dem, was ihnen in der damaligen Sowjetunion wiederfahren war. „Die Reise war erschreckend“, erinnerte sich Jupp Kappellmann. „Wir wurden vom KGB bewacht. Als wir das erste Mal zum Training kamen, hatte sich dort eine Menschenmenge versammelt, um uns zu bejubeln – und unsere Bewacher knüppelten sofort drauflos. Das Blut spritzte. Ich als angehender Mediziner habe dann Erste Hilfe geleistet.“

1. 11. 1989, Landesmeister-Cup 1989/1990, Achtelfinale, Nentori Tirana: Der Eiserne Vorhang war schon brüchig, in wenigen Tagen würde die Mauer fallen. Doch in Albanien regierten noch die Steinzeitkommunisten. AZ-Reporter Bernd Hildebrand berichtete davon, dass die albanischen Spieler mit dem Fahrrad ins Stadion gereist wären. Das Team hatte sich zudem in einer Kolchose vorbereiten müssen, da die Plätze unbespielbar gewesen seien. Trainer damals wie heute: Jupp Heynckes.

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