Von Helden und Hütchen

Sie kümmern sich um die Getränke und bringen dem Nachwuchs Spielzüge bei: In der Sportschule Oberhaching machen Oliver Kahn und Stefan Effenberg ihren Trainerschein.
von  Christoph Landsgesell

Oberhaching - Sie kümmern sich um die Getränke und bringen dem Nachwuchs Spielzüge bei: In der Sportschule Oberhaching machen Oliver Kahn, Stefan Effenberg und andere verdiente Nationalspieler ihren Trainerschein.

Es ist windig auf dem Gelände der Sportschule in Oberhaching. Oliver Bierhoff hält sich eine Trainingsjacke vor sein Gesicht. Der Manager der Nationalmannschaft muss telefonieren, zwischendurch schaut er auf den Rasenplatz nebenan. Dort baut Jens Lehmann aus Plastikhütchen ein Rechteck. Noch vor ein paar Wochen stand er in der Premier League beim FC Arsenal zwischen den Pfosten. Oliver Kahn sammelt die neongelben Trainingsleibchen ein. Strafarbeit, weil er seinen dicken Aston Martin auf dem Platz vor der Sportschule nicht korrekt geparkt hat? Oliver Bierhoff hat zu Ende telefoniert. Unterrichtsbeginn.

So leicht, wie es einst Lothar Matthäus in seinem Blitzlehrgang hatte, will es Bernd Stöber, Trainerausbilder des DFB, seinen prominenten Schülern nicht machen. Sie sind die ersten, die an der Sportschule den Trainer-Kompaktkurs für verdiente Nationalspieler absolvieren.

Vier je dreitägige Einheiten mit Praxis und Theorie haben sie hinter sich, jetzt sind Prüfungen. Wer besteht, bekommt die A- und B-Lizenz, die dazu berechtigt, Mannschaften bis zur Regionalliga zu trainieren. Für die Bundesliga braucht man die Fußballlehrerausbildung, in neun Monaten zu erwerben an der Sporthochschule in Köln. Die Kompaktausbildung ist dafür Voraussetzung.

Bierhoff, Kahn, Lehmann, dazu Michael Tarnat, Stefan Effenberg, Lars Ricken, Bernd Schneider, Thomas Strunz und Gerhard Poschner sind da, Uwe Gospodarek auch. Obwohl er nie für die A-Nationalmannschaft auflief, als Torwarttrainer aber die U 21 betreut, macht der DFB eine Ausnahme. Stöber winkt alle zu sich, nebenan machen sich Jugendspieler des TSV 1860 warm, es war auch eine Nachwuchsmannschaft des FC Bayern zu Gast. Übungsmaterial für die Trainer-Neulinge. Mit durchdringender Stimme gibt Stöber vor, was zu tun ist. Der Endfünfziger hätte auch beim Militär Karriere machen können.

„Wir sind dankbar um jeden Profi, der sich in den Dienst des Fußballs stellt. Die Ex-Profis haben beste Voraussetzungen, haben alle Situationen hundertmal erlebt“, sagt Stöber. Und: „Ein guter Fußballer ist nicht unbedingt ein guter Trainer.“ Das scheint man beim DFB mittlerweile begriffen zu haben, verschenkt wird die Lizenz nicht mehr. „Es ist gut möglich, dass die Ausbildung früher unterschätzt wurde“, sagt Stöber. Und dass man auch ohne e Fußballerkarriere erfolgreich sein kann, dafür sind junge Trainer wie Robin Dutt mit Freiburg und Thomas Tuchel mit Mainz beste Beispiele. „Ob das ein Trend ist, muss man abwarten. Aber es scheint einen Generationenwechsel im Trainerbereich zu geben“, sagt Stöber.

Effenberg und Kahn stecken die Köpfe zusammen, der ehemalige Torwart hält immer Maximalabstand zum Erzrivalen Lehmann. Bierhoff tippt auf sein Handy ein. Trainer will er sowieso nicht werden, sondern mit der Ausbildung seinen „Horizont erweitern“.

Nacheinander darf jeder die jungen Spieler anweisen, Angriffszüge über außen üben lassen oder das Defensivverhalten. „Man merkt schon, dass sich der eine wohler vor der Gruppe fühlt und es für andere schwerer ist“, sagt Stöber. Effenberg, früher immer der Chef auf dem Platz, gibt lautstark Anweisungen, unterbricht, macht Übungen selbst vor, lobt: „Das war richtig.“ Tarnat ist eher der väterliche Typ, Jens Lehmann wiederholt seine Ansagen gern mehrmals.

Nach zwei Stunden ist das Training vorüber. Lehmann macht sich auf die Suche nach Getränken für die Nachwuchskicker, Effenberg sammelt Leibchen ein. Und Kahn kann endlich umparken.

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