Von Beckenbauer bis Flick: So schlugen sich Nagelsmanns Vorgänger beim FC Bayern und dem DFB-Team

München – Bei der USA-Reise der Nationalmannschaft wird Julian Nagelsmann offiziell sein erstes Spiel als neuer Bundestrainer coachen. Am Freitag gab er seinen ersten Kader bekannt und ist damit der fünfte Trainer mit der Kombination aus FC Bayern und DFB-Team. Die Bilanz liest sich bislang eher durchwachsen.
Hansi Flick: Beim FC Bayern überragend, als Nationaltrainer gescheitert
Mit gigantischen Vorschusslorbeeren als Sextuple-Trainer des FC Bayern gekommen, sollte Hansi Flick den DFB-Dampfer wieder auf Kurs bringen. Der Anfang gestaltete sich vielversprechend. Keinem anderen Bundestrainer gelangen acht Siege zum Einstand. Danach jedoch wurde deutlich, wie sehr Flick ein Stürmer der Klasse von Robert Lewandowski fehlt. Offensiv wirkte die Nationalmannschaft ideenlos und defensiv gab es immer wieder Schlagseite.

Mit der 0:1-Heimniederlage gegen Ungarn und dem 3. Platz in der Nations-League-Gruppe fing die Fassade an zu bröckeln. Die WM vergangenen Winter – und insbesondere Amazons Vierteiler "All Or Nothing: Die Nationalmannschaft in Katar" – legten die taktischen und mannschaftsinternen Probleme endgültig offen. Es war erneut den Japanern überlassen, dem Kapitel Flick ein jähes Ende zu setzen.
Nur selten zuvor dürfte ein Trainer bei aufeinanderfolgenden Stationen eine solche Diskrepanz in seinen Leistungen und seinem Auftreten gezeigt haben. Wirkte der FC-Bayern-Flick noch ruhig, entschlossen und mit einem klaren Plan, verlor sich der DFB-Flick zu oft in Experimente und haderte mit sich selbst und seinem Team.
Erich Ribbeck: Wie sich ein Uefa-Cup-Sieger blamierte
Zwei Trainer, die in Flicks letzten Wochen oft in einem Atemzug genannt wurden. Beim DFB sind es die beiden mit dem schwächsten Punkteschnitt, Hansi Flick (1,79) vor Erich Ribbeck (1,50). Zwar gewann der heute 86-Jährige 1988 mit Bayer Leverkusen den UEFA Cup. Seine Amtszeiten in Deutschlands Fußball-Oberhäusern blieben allerdings kaum aus sportlichen Gründen in Erinnerung.
Vor einem Auswärtsspiel in Bremen versuchte Ribbeck, seinem Bayern-Team die Viererkette mit Milchdöschen und Kaffeetassen zu erklären und wies dabei seine Wortgewalt nur bedingt nach. Daraufhin ergriff Innenverteidiger Jan Wouters das Wort und ordnete das Gedeck neu, mit den Worten: "Trainer, Sie haben die Absicherung nach hinten vergessen". Später bescheinigte der Niederländer seinem Coach der einzige im Verein zu sein, "der von Fußball nichts versteht".

Auch beim DFB war Ribbeck nicht zwingend erfolgreicher. In seiner Vita steht das Vorrundenaus bei der EM 2000 und mehrere verbale Watschn – unter anderem von Franz Beckenbauer: "Wenn ich die WM-Elf von 1990 um Mitternacht wecke, dann gewinnt sie barfuß gegen die heutige Nationalmannschaft." Auch seine Amtszeit als Bundestrainer endete nahezu analog zu der des FC Bayern. Nach dem Vorrundenaus soll Jens Jeremies seinen Teamkollegen erzählt haben, dass er in einem Interview mindestens acht Fragen mit "Kein Kommentar" beantwortete. Wie später herauskam, lautete eine davon "Hat Ribbeck Ahnung von Fußball?" Autsch...
Jürgen Klinsmann: Das Sommermärchen gibt es nur beim DFB-Team
Nach den erfolglosen Jahren Ende der Neunziger und Anfang der Zweitausender, hatte das DFB-Team, pünktlich zur Heim-WM, wieder ein vielversprechendes Projekt gestartet. Die 2014er-Generation, um Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski war noch ein äußerst zartes Pflänzchen, um das sich Führungsspieler, wie Michael Ballack, Miroslav Klose, Tim Borowski oder Torsten Frings kümmerten.

Es wuchs eine Mannschaft heran, mit Weltklassespielern, mit Kult-Helden, wie David Odonkor und Oliver Neuville, die das Spiel gegen Polen spät entschieden. Deutschland hatte sein "Sommermärchen", das mit einem starken 3. Platz endete. Nach der WM gab Klinsmann an seinen bisherigen Co-Trainer Joachim Löw weiter.

Legt man seine Amtszeit beim FC Bayern wenige Jahre später zugrunde, war das keine ganz schlechte Idee. Dem Rekordmeister sollte er nach der Zeit unter Felix Magath einen ähnlich neuen Anstrich verpassen, wie der Nationalmannschaft. Das ging allerdings komplett nach hinten los. In seine Amtszeit fallen die Blamagen gegen Werder Bremen (2:5), den FC Barcelona (0:4) und in Wolfsburg (1:5). Noch vor Saisonende wurde Klinsmann durch Jupp Heynckes ersetzt, der die Mannschaft immerhin in die Champions League führte.
Franz Beckenbauer: Weltmeister, Präsident – und ein äußerst solider Aushilfstrainer
Der Einzige, der sowohl beim DFB als auch beim FC Bayern einschlug – und das, obwohl er die Trainertätigkeit nur als Aushilfsjob ansah. 1986 brauchte es noch Diego Maradonas Argentinier, um Franz Beckenbauer im WM-Finale zu besiegen. Vier Jahre später schlich er einsam mit der Goldmedaille um den Hals durch den Mittelkreis des Stadio Olimpico zu Rom. Zwar sollte das DFB-Team nicht, wie von Beckenbauer auf der anschließenden Pressekonferenz behauptet, "auf Jahre hinaus nicht zu besiegen" sein. Der dritte Stern ist dem "Kaiser" jedoch nicht mehr zu nehmen.

Sechs Jahre nach dem WM-Triumph sprang Beckenbauer erneut als Trainer ein, nachdem er, als Präsident, Otto Rehhagel kurz zuvor entließ. Der Gegner im UEFA-Cup-Finale hieß Girondins Bordeaux, um die noch eher jüngeren Bixente Lizarazu und Zinédine Zidane. An der Seitenlinie stand Ex-Bayern-Spieler Gernot Rohr. 2:0- und 3:1-Siege später hatte Beckenbauer seinen nächsten großen Titel. Man stelle sich vor was möglich gewesen wäre, hätte er sich entschieden, langfristig Trainer zu sein.
Julian Nagelsmann: Sorgt der Trainer-Youngster für den nächsten Märchensommer?
Und Nagelsmann? Mit dem FC Bayern gewann der 36-Jährige eine Meisterschaft und zwei Supercups. Gemessen an seinen Vorgängern ist das mehr als solide. Beim der Heim-EM kommenden Sommer soll er, im Optimalfall, an die Märchensommer 1974 und 2006 anknüpfen. Den nötigen Enthusiasmus zeigt er bereits: "Es gab keinen Anlass, mich überzeugen zu müssen. Die Heim-EM ist ein extremer Anreiz für mich. Wir gehen sie mit Vorfreude und dem nötigen Verantwortungsbewusstsein an." Mit "attraktivem Fußball" solle Deutschland in den kommenden Monaten wieder für die Nationalelf begeistert und eine neue Euphorie entfacht werden.
Thomas Müller zumindest traut es ihm zu: "Julian hat sehr viele Pläne in der Schublade und ich glaube, dass er da einen passenden für diese Mannschaft finden wird."