Verletzter Thiago: Ich hatte tagsüber Albträume

München - "Ich darf endlich wieder das machen, was ich liebe!" Das sagte Bayerns Mittelfeld-Star Thiago im Interview mit der Sport Bild, nachdem er wegen drei Innenbandrissen insgesamt über ein Jahr gefehlt hatte. Jetzt ist er zurück, spricht über seine lange Leidenszeit und sein Verhältnis zu Trainer Pep Guardiola.
Der habe ihm während der Reha immer wieder Mut zugesprochen: "Seine Anrufe waren mir sehr wichtig, sie haben mir Hoffnung gemacht. Er ist ein toller Kollege und ein super Trainer. Ich bin ihm sehr dankbar", sagte Thiago, der zu den Lieblingsspielern von Guardiola zählt - der Spanier wollte ihn unbedingt vom FC Barcelona loseisen ("Thiago oder nix").
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Sonderstatus bei seinem Trainer? Davon ist der 24-Jährige nicht sonderlich begeistert: "Es hat mir noch nie gefallen, dass ich der Liebling von Pep sein soll. Das glaube ich auch nicht. Wir sind 25 Spieler, der Trainer muss auf alle zählen können. Natürlich kennen wir uns lange und können dadurch umso besser die Eigenschaften des anderen schätzen." Wie auch Thiago sensibles Wesen, das während der langen Auszeit auf eine harte Probe gestellt wurde.
Der Spanier über die Horror-Zeit: "Als ich mich das erste Mal am Knie verletzt habe, war ich total ehrgeizig. Ich dachte: Morgen geht es weiter, jetzt aber, es muss doch gehen! Es wurde immer ein Tag mehr, meine Nerven wurden strapaziert. Bei der zweiten Verletzung war es komplett meine Schuld: Ich wollte unbedingt bei der WM in Brasilien dabei sein und habe zu früh wieder angefangen. Danach fehlte mir etwas das Vertrauen in mein Knie. Während der Reha hatte ich dann tagsüber Träume, Albtraum-Situationen. Ich war wach und dachte mir: Was kann jetzt noch passieren?"
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Zu den wohl unterschiedlichen Ansichten über die Thiago Behandlung zwischen Guardiola und dem ehemaligen Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wollte er nicht Stellung nehmen: "Ich bin jetzt wieder zurück auf dem Platz. Das ist das Einzige, was zählt. Alles andere ist geklärt."
Angst um seine Karriere habe er trotz allem nie gehabt. Aber: "Ich wollte unbedingt zurück auf den Platz. Ich verzweifelte und dachte mir: Wann ist es soweit?" Jetzt kann der quirlige Mittelfeldspieler endlich wieder das tun, was er am liebsten macht: kicken. "Hinter mir liegt ein kompliziertes, ein schwieiriges Jahr. Mein Leben hängt vom Fußball ab - mein Leben ist Fußball. Ohne den Ball am Fuß kann ich nicht glücklich sein", erzählt Thiago, "ich bin einfach froh, wieder Fußball spielen zu können."
Vier Liga-Einsätze und zwei Partien in der Königsklasse hat der Spanier mittlerweile wieder absolviert, war im Viertelfinale gegen Porto mit je einem Treffer in Hin- und Rückspiel der Garant für den Einzug ins Halbfinale. Aber das soll erst der Anfang gewesen sein: "Ich bin noch lange nicht bei 100 Prozent, aber ich bin auf einem guten Weg." Gegen seinen Ex-Klub, den großen FC Barcelona ("Es gibt keine alten Rechnungen, ich schaue nicht darauf, wer beim Gegner auf dem Platz steht"), wäre ein überragender Thiago angesichts der Verletzungsmisere gleich doppelt wertvoll für die Bayern.