VAR-Diskussion beim FC Bayern: Was Schiri-Experte Gräfe zum Elfmeter-Pfiff sagt

München - Bis kurz vor Schluss hatte der FC Bayern beides: Ein Spitzenspiel und ein Spitzenergebnis. Fünf Minuten gab es obendrauf. Mit dem Tor von Leon Goretzka (28) schien der Sieg eingetütet. Dann jedoch rumpelte Alphonso Davies (22) Gegenspieler Jonas Hofmann (31) ungestüm um.
"Dass es viel zu gierig von Phonzy ist, durch die Beine an den Ball kommen zu wollen, ist klar", monierte Bayern-Trainer Thomas Tuchel (50) nach der Partie bei DAZN. Genauso klar sei jedoch Hofmanns Intention gewesen, den Strafstoß zu ziehen. Referee Daniel Schlager (33) ließ zunächst weiterlaufen, entschied nach kurzer Sichtung der Bilder dann aber doch auf Elfmeter.
"Wäre mir lieber, wenn solche Situationen keine Elfmeter sind": Müller hadert mit spätem Ausgleich
Schon wird ein eigentlich erstklassiges Spiel wieder von einer Schiedsrichterdiskussion überschattet. "Ich wünsche mir, dass solche Situationen keine Elfer sind", erklärte ein geknickter Thomas Müller (34) in der Mixed Zone. "Wenn wir den bekommen hätten, hätte ich mich nicht beschwert. Aber mir wäre es lieber, wenn solche Situationen im Fußball keine Elfmeter sind." Dadurch würde ein Spiel, das am Ende ein Unentschieden verdient hätte, aus einer "nichtigen Situation" zum Endstand kommen. Bereits zuvor im Interview bezeichnete Müller die Entscheidung als "sehr soften Elfmeter".
Tuchel störte sich derweil eher daran, wie schnell Schlager seine Meinung änderte: "Er hat ihn nicht gepfiffen, wollen wir's mal nicht vergessen. Für mich ist es in der 94. Minute im Topspiel. Ein Spieler, der aus dem Sechzehner rausgeht, viel zu wenig, dass der VAR eingreift", haderte Bayerns Coach nach dem Remis: "Wenn man es tausendmal diskutieren würde, gäbe es nie eine hundertprozentige Mehrheit."

"Klarer Elfer": Schlagers Entscheidung spaltet die Lager
Das beweist auch die Leverkusener Seite, die die Szene freilich komplett anders sah. Der Gefoulte war sich seiner Sache sehr sicher: "Ich glaube, da braucht man kein großes Thema draus zu machen", erklärte Hofmann in der Mixed Zone. "Wenn die Schiris sogar noch Zeit haben, sich das nach Videobeweis anzugucken und er ihn extra noch drauf aufmerksam macht, dann war es wohl eine klare Fehlentscheidung, ihn nicht zu geben und deshalb: Klarer Elfer."
"Clever gemacht" habe es Hofmann, meinte Müller. Er selbst stand genauso im Vordergrund, bei einer weiteren strittigen Szene, in Minute 23. Schlager pfiff ein Foul, gut 20 Meter zentral vor dem Strafraum. Den daraus resultierenden Freistoß verwandelte Leverkusen-Neuzugang Alejandro Grimaldo (27) sehenswert zum zwischenzeitlichen 1:1. Für Müller ein klares Drüberhalten, auch wenn Grimaldo zuerst am Ball gewesen sei. "Das Argument ist mein blauer Zeh", witzelte der Ur-Bayer und meinte, dass Schlager seine Entscheidungen "bis aufs Blut" verteidigen werde.
Genau das tat der Referee auch: "Für mich spielt der Leverkusener Spieler den Ball", erläuterte Schlager die Szene vor dem 1:1 bei DAZN. "Thomas Müller vom FC Bayern versucht, nach dem Ball zu treten, tritt aber nur den Leverkusener Spieler an den Fuß. Deshalb ist es für mich ein Foulspiel, in dem Fall für Leverkusen."
"Das Hinfallen des Spielers Hofmann passt": Schlager erläutert späten Strafstoß
Den Elfmeter zum Endstand habe Schlager "auf dem Feld nicht wahrgenommen. Ich habe auch sofort angezeigt: Weiterspielen. Dann kam die Info vom Videoassistenten, dass da ein klarer Treffer am Fuß stattfindet, in der Wade". Die Beschreibung von Dr. Matthias Jöllenbeck habe sich mit den Bildern gedeckt, es gab "ein klares zu Fall bringen des Spielers Davies. Das Hinfallen des Spielers Hofmann passt für mich auch zum Treffer an der Wade. Deshalb habe ich am Ende auf Strafstoß entschieden."
Pikant: Zehn Minuten vor Schluss eroberte der eingewechselte Jamal Musiala (20) einen Querpass von Edmond Tapsoba (24) und kam ebenfalls im Strafraum zu Fall. Da hatte es keine Intervention aus Köln und keinen Strafstoß für Bayern gegeben. Auch deshalb stellte Tuchel die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: "Der Schiedsrichter hat eine Linie und vorher gab es vielleicht Zweikämpfe, die er ähnlich auslegt. Und dann muss es dabei bleiben!"
"Junger Schiedsrichter und VAR reingefallen": Gräfe wird bei Elfmeter-Szene deutlich
Recht bekommt Tuchel von Manuel Gräfe (49), für den Kontakt und Hinfallen eben nicht zueinander passen. Auf "X", vormals "Twitter", schloss sich der Schiedsrichter-Experte Müller an, dass es Hofmann "clever gemacht" habe, der "junge Schiedsrichter und VAR" jedoch auf den Kontakt reingefallen seien: "Kontakt ja, Foul nein. Warum? Hoffi bringt schon vor dem Kontakt sein rechtes Bein zum Schleifen (setzt es gar nicht richtig auf), denn er hatte Körper und Bein nur für den Kontakt nach vorne gebracht."
Hofmann warte auf den Kontakt, der zweifelsfrei kommt. Sein Körper und das rechte Bein wären dann aber schon nach vorne zum Sturz ausgerichtet. Das linke Bein würde deshalb nicht mehr aufgesetzt. Gräfes klares Fazit: "Sturz von Hoffi nicht durch Kontakt: kein Elfer."
Die Bayern haben also mal wieder eine VAR-Diskussion – und das recht früh in der Saison. Bleibt abzuwarten, wann es die nächste geben wird...