Van Gaals wilde Attacke auf Hoeneß

Der Ex-Trainer des FC Bayern rechnet mit Hoeneß ab – und kritisiert dessen Machtfülle, die Entlassung im April 2011 und die Transfer-Politik. Sammer hält dagegen. Die AZ sagt, wo er Recht hat und wo nicht.
MÜNCHEN Der 14. November dürfte für Louis van Gaal (61) der wichtigste Tag des Fußballjahres sein. Es ist zwar nur ein Freundschaftsspiel, geht also nicht um „Tod oder Gladiolen” (sein Lieblingsspruch). Dennoch: An jenem Mittwoch in Amsterdam will es der Coach der holländischen Nationalelf sich und allen beweisen. Was die anderen nicht konnten, etwa bei der EM, kann ich: die DFB-Auswahl bezwingen.
Es wäre Teil zwei seiner Abrechnung nach dem Interview mit „Sport Bild”. Dort hatte er sich in erster Linie Uli Hoeneß (60) samt dessen Machtfülle vorgeknöpft. Ob er die Attacken aus Holland kommentieren wolle? Die deutliche Antwort des Bayern-Präsidenten: „Nein, wirklich nicht.”
Die AZ erklärt, mit welchen Aussagen van Gaal, der im April 2011 bei Bayern beurlaubt wurde, Recht hat – und mit welchen nicht.
Der Vorwurf von Hoeneß’ Machtfülle: van Gaal: „Der FC Bayern hat eine Struktur, in der der Präsident vom Vorstand bis runter zum Trainer alle beeinflussen kann. Franz Beckenbauer hat das nicht gemacht, Uli Hoeneß dagegen sehr viel. Er hat viel Macht und benutzt diese auch. Auch der Vorstand kann auf Dauer nicht gegen seine Meinung arbeiten. Karl-Heinz Rummenigge hat sehr lange für mich gestritten.” AZ-Wertung: Rummenigge wollte zwischen den Alphatieren vermitteln. Dass Hoeneß der „Mister FC Bayern” ist, kann nicht bestritten werden. Als Präsident und Aufsichtsrats-Vorsitzender trieb er die Nerlinger-Entlassung voran, hatte die Idee mit der Verpflichtung von Sammer als Sportvorstand. Der sagt nun: „Der Verein ist keine One-Man-Show. Meine Erfahrung in 120 Tagen sagt mir, dass Rummenigge, Hopfner und Hoeneß Entscheidungen gemeinsam fällen.”
Der Konflikt mit Hoeneß: Van Gaal: „Der Einzige im Klub, der immer auf meinen Abschied gedrängt hat, war Hoeneß. Kein anderer. Darum wird auch keine weitere Zusammenarbeit mehr zwischen uns beiden möglich sein. Ich verstehe sehr gut, was Hoeneß für den FC Bayern bedeutet. Aber trotzdem bin ich der Meinung, dass es keineswegs eine gute Sache ist, wenn die Macht bei so einem großen Klub wie Bayern nur bei einer Person liegt. Für mich und meine Arbeit war Uli Hoeneß also nicht gut.” AZ-Wertung: Hoeneß agierte, nachdem sich Spieler (Ribéry, zuvor Toni) über die Menschenführung sowie zu strengen und rechthaberischen Erziehungsmethoden van Gaals beschwert hatten. Sammers energischer Widerspruch, er sagte dazu: „An seiner Stelle hätte ich nicht gesagt, wer hier angeblich allein verantwortlich ist, um genaudiese Person dann anzugreifen. Das wird der Sache nicht gerecht. Ich hätte das an seiner Stelle nicht getan.”
Der Vorwurf der einseitigen Transfer-Politik: Van Gaal: „Darüber hinaus hat sich bei Bayern wieder die alte Politik eingestellt, wie sie schon vor meiner Zeit herrschte: kaufen, kaufen und noch was kaufen. Nach mir ist kein Spieler aus der Jugend mehr neu hinzugekommen.” AZ-Wertung: Nicht von der Hand zu weisen. Als Reaktion auf die Triple-Vize-Saison gab man über 70 Millionen Euro aus. Van Gaal hatte Müller, Badstuber und Alaba in den Profi-Kader geholt und teils zu Stammspielern gemacht.
Der Neuer-Transfer: Van Gaal: „Die Wahrheit ist, dass ich auch Neuer wollte. Ich hatte vorgesehen, dass Neuer kommt und Kraft sein Konkurrent ist. So musste Bayern nun neben Neuer noch einen weiteren neuen Torhüter kaufen. Auf meine Art wäre das nicht nötig gewesen.” AZ-Wertung: Falsch! Van Gaal setzte im Januar 2011 Butt ab, wollte Kraft zur Nr. 1 machen. Die Bosse hatten jedoch den Neuer-Transfer für Sommer fix vorgesehen.