Van Gaal: "Wenn ich nichts leiste, werde ich entlassen"
MÜNCHEN - In einer Umfrage des Hauptsponsors sprechen sich vor dem Topspiel gegen Leverkusen 76 Prozent gegen Louis van Gaal aus. Bayerns Trainer weiß, dass er siegen muss – und bleibt dennoch gelassen
Die Umfrage wurde am Freitag von „t-online.de“ in Auftrag gegeben, einer Unternehmensgruppe der Deutschen Telekom, also des Bayern-Hauptsponsors. Eine pikante Sache mit deutlichem Ergebnis: Rund 76 Prozent der insgesamt rund 70000 User sprachen sich gegen Bayern-Trainer Louis van Gaal aus.
Welche Bedeutung die Partie am Sonntag gegen den sechs Punkte enteilten Tabellenführer Bayer Leverkusen (15.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) für den Verein, die Mannschaft und den Trainer habe, wurde van Gaal am Freitag gefragt. „Das wissen Sie“, entgegnete er den Reportern, „wir stehen auf Platz acht, das ist nicht normal. Wir alle sind unzufrieden, die Spieler, der Trainer, der Vorstand.“ Also? Van Gaal: „Wir müssen gewinnen. Wir können jedes Spiel gewinnen, weil wir niemals schlechter sind als der Gegner. Wenn wir gewinnen, haben wir alles wieder in der eigenen Hand. Und das ist wichtig in dieser Zeit.“
Das traf den Kern. Vor allem für ihn. Denn vor diesem „Spiel der Spiele in der Vorrunde“ wie es Manager Uli Hoeneß in den Status eines Endspiels erhob, gab es viel Gesprächsstoff. Das Thema: van Gaal. Hoeneß und Präsident Franz Beckenbauer hatten in „Bild“ ein Interview gegeben, das man als gut gemeinte Ratschläge, aber auch als deftige Kritik am Trainer werten konnte. „Er muss lernen, Vertrauen und Verantwortung zu delegieren“, mahnte Beckenbauer, und Hoeneß sagte: „Louis van Gaal ist der Meinung, dass er alles selbst regeln muss. Aber alles schafft ein einzelner nicht.“
Mehrmals wurde van Gaal am Freitag auf diese Sätze angesprochen, er wollte sie nicht kommentieren. Er sagte nur: „Es gibt eine Art und Weise von Kommunikation, die immer intern bleiben muss. Ich mache das nicht.“ Es war zu spüren, dass ihm die Ratschläge nicht behagt haben. Der 58-Jährige bemühte sich jedoch, auf das gute Verhältnis zum Vorstand hinzuweisen. Mehrfach. Er rede jede Woche mit den Bossen und wisse, „was sie meinen, denken und fühlen. Wir sind immer ehrlich, direkt und sachlich. Wir haben dasselbe Ziel.“
Auch noch dieselbe Zielrichtung? Die Situation ist sehr angespannt in den Tagen vor der Jahreshauptversammlung, auf der am Freitag Uli Hoeneß zum Nachfolger von Franz Beckenbauer als Präsident gewählt wird. Kann sich der Verein, kann sich der Trainer zuvor Niederlagen leisten?
„Ich muss etwas leisten. Wenn ich nichts leiste, werde ich entlassen. Das gilt für den Trainer und auch für die Spieler“, sagte van Gaal und fügte hinzu: „Der Klub braucht Erfolge – aber der Trainer auch.“ Er hat genug Erfahrung, um den Ernst seiner Lage richtig einschätzen zu können. „Was ich machen kann, ist, mich auf meinen Job zu konzentrieren. Wenn wir Erfolg haben, bekomme ich Zeit.“ Bis Weihnachten? Mark van Bommel, der Kapitän, war extra in die Reporter-Runde gekommen, um klarzustellen, dass er sein Zitat („Das kann sein. Bei diesem Verein ist alles möglich.“) darauf bezogen habe, was mit dem Trainer passiere, wenn sich die Lage bis Weihnachten nicht verbessere – das Leverkusen-Spiel sei da nicht der alleinige Gradmesser.
Und doch ein Endspiel. Eines, bei dem van Gaal vermutlich ganz auf den Hoffnungsträger Arjen Robben (Knieprobleme) verzichten muss. Stürmer Luca Toni wird er wohl freiwillig draußen lassen nach dessen Trainerschelte („Zermürbung von vier langen Monaten voller Entbehrungen und Unverständnis“´). Van Gaal: „Wenn ein Spieler das sagt, ist es schwierig.“ Es geht um Vertrauen, das ist die zentrale Frage – hier und da.
Patrick Strasser