Van Gaal vor dem Aus? „Das kann sein“

MÜNCHEN - Die Bosse Hoeneß und Beckenbauer zweifeln und fordern ein Umdenken vom Holländer. Van Bommel glaubt sogar, dass dem Trainer das Leverkusen-Spiel zum Verhängnis werden könnte
Eine Woche noch. Eine Woche mit zwei Heimspielen – am Sonntag gegen Leverkusen, am Mittwoch in der Champions League gegen Haifa – muss der FC Bayern noch überstehen bis zur Jahreshauptversammlung in der Neuen Messe am Freitagabend. Es wird eine Zäsur für den Vereins bedeuten, wenn sich Bayern-Präsident Franz Beckenbauer aus dem Amt verabschiedet und die Mitgleider Uli Hoeneß nach 30 Jahren Managertätigkeit ins oberste Amt wählen.
Eine Show der Superlative sollte es werden. Zwar kann man dieses Jahr keine gewonnenen Pokale – bis auf den sportlich wenig bedeutsamen Audi-Cup – in der Halle ausstellen, dafür aber mit großartigen finanziellen Bilanzen aufwarten. Der Vertrag mit Hauptsponsor Deutsche Telekom wurde bis 2013 verlängert, der Einstieg von Audi, dem zweiten strategischen Partner nach Adidas, steht bevor. Frische Millionen sind gesichert.
Nach den zwei Heimspielen könnte es womöglich jedoch noch eine weitere Zäsur geben: einen Trainerentlassung. War es das, was Noch-Manager Uli Hoeneß meinte, als er in „Bild“ sagte: „Die sportliche Situation ist zwar schwierig; aber nur ein temporäres Problem. Wenn man wirtschaftlich so gesund dasteht wie wir, können wir einiges korrigieren"?
Hoeneß lobt van Gaal, einerseits. Er glaubt, er will unbedingt daran glauben, dass der Holländer den richtigen Weg einschlägt. Nachdem der Manager vorherige Woche in zwei Interviews van Gaal eine erste Mahnung erteilt hatte, wird der Ton nun rauer. So scharf hatte Hoeneß nicht einmal Jürgen Klinsmann vor Jahresfrist attackiert, er stellte sich trotz des sich abzeichnenden sportlichen Niedergangs bis kurz vor der Entlassung immer hinter Klinsmann, drückte ihn sogar beim Torjubel. Nun aber sagt Hoeneß auf die Frage, wer von beiden nächsten Sommer noch da sei: Luca Toni oder van Gaal? „Schwierig zu sagen. Im Moment gibt es eine gewisse Problematik zwischen Trainer und Spieler. Besonders nach den Aussagen von Luca, die nicht in Ordnung waren. Wir haben jetzt noch fünf Bundesliga- und zwei Champions-League-Spiele. Die müssen wir abwarten." Das wäre eine Frist bis Weihnachten, bis zur Winterpause. Doch was ist, wenn die anstehenden zwei Heimspiele nicht gewonnen werden? Wenn der Frust der Fans – auch auf der Mitgliederversammlung – zu heftig wird?
„Ich sehe einen Fortschritt.“ Mark van Bommel sagte das auf der Homepage der niederländischen Nationalelf. Doch der Bayern-Kapitän hat sich im selben Interview kritisch wie zuletzt nie geäußert: „Wenn wir gewinnen, wovon ich ausgehe, dann haben wir nur noch drei Punkte Rückstand auf Platz eins. Alles steht und fällt mit diesem Ergebnis.“ Auch der Trainer? Steht er dann vor dem Aus? Van Bommel: „Das kann sein. Bei diesem Verein ist das möglich. Bei Bayern bekommst du einfach keine Zeit, auch wenn du van Gaal heißt."
Hoeneß, Rummenigge, Beckenbauer – das sind die Zeitgeber. „Er muss lernen, Vertrauen und Verantwortung zu delegieren“, forderte Beckenbauer. Und Hoeneß sagte: „Louis van Gaal ist der Meinung, dass er alles selbst regeln muss. Aber alles schafft ein einzelner nicht. Louis ist auch immer noch überrascht von der Wucht, die hinter dem FC Bayern steckt." Trifft sie den Coach noch im November? Die Nachfolger-Suche könnte das verhindern, denn abgesehen vom derzeit arbeitslosen Bernd Schuster ist kein Star-Trainer auf dem Markt.
Patrick Strasser