Unzufriedene Bayern-Stars: Kleine Freiheit Nummer 7

Der Fall Ribéry macht deutlich, dass sich mancher Bayern-Spieler von Trainer Louis van Gaal falsch behandelt fühlt. Der Franzose wünscht sich mehr Ansprache, Schweinsteiger eine andere Position.
MÜNCHEN St. Pauli gegen Bayern: ein Spiel, das in die Marketing-Geschichte der Bundesliga einging. Vor knapp neun Jahren trafen man sich zuletzt in der Liga, die Kiezkicker gewannen 2:1 und druckten das legendäre Trikot vom „Weltpokalsiegerbesieger". Doch wenn die Freibeuter von der Großen Freiheit am Samstag in der Allianz Arena (15.30 Uhr, Liveticker auf abendzeitung.de) vor Anker gehen, sind ihre Münchner Kollegen von Anarchie und Piratentum so weit weg wie Dortmund in der Tabelle. Der Grund: Tulpen-General van Gaal.
Das machte unter der Woche ein anderer, ehemaliger Bayern-General deutlich: Ottmar Hitzfeld. In seinem Nebenberuf als TV-Experte sagte er über den zweifachen Torschützen: „Ribéry ist ein großartiger Künstler, ein Genie. Und er ist einer, der alles sehr ernst nimmt und der Gefühlsausbrüche hat. Aber er braucht Streicheleinheiten.“ Der Kosmos Ribéry in drei Sätzen – sehr treffend. Und so wirksam. Jede Wette, dass diese drei Sätze den Franzosen gewaltig aufgebaut haben. Sein aktueller General hat es nämlich nicht so mit dem Streicheln. Hier gilt eher: Kleine Freiheit für Nummer 7. Zu Ribérys neuerlicher Klage sagte er: „Jeder Spieler will seine Freiheiten, aber es ist ein Mannschaftssport.“ Und kein Wunschkonzert. Van Gaal weiter: „Wenn Ribéry so über Hitzfeld spricht, wird das gegen mich gewendet, und das ist nicht korrekt. Ich bin der Trainer, er ist der Spieler, also wie ist die Reihenfolge?"
Louis van Gaal spricht stets vom ganzheitlichen System, hat allen Respekt der Mannschaft, doch wenn man manchen Spielern zuhört, beschleichen einen Zweifel. Toni Kroos? Als Zehner geholt, spielt er nun den Sechser. Anatoliy Tymoshchuk? Kam als Sechser, ist nun Innenverteidiger. Oder Bastian Schweinsteiger. Vor Jahresfrist schob ihn der Holländer von der Seitenlinie ins Zentrum, wo Schweinsteiger leistungsmäßig explodierte. Neuerdings hat ihn sein Trainer wieder geschoben: von der Sechs auf die Zehn, was Schweinsteiger mäßig gefällt. Zwar hat er Mario Gomez einige schöne Vorlagen hingelegt, dennoch sieht er sich „als Sechser oder Achter“. Wenig deutet darauf hin, dass er auf seinen Lieblingsposten zurück kehrt, was ihm auch im Hinblick auf die Nationalelf nicht gefallen kann. Er sagt: „Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt." Spaß klingt anders.
Auch Thomas Müller ist in dieser Saison noch nicht so recht angekommen. Logisch, dass der Jungspund im zweiten Profi-Jahr nicht erneut eine solch brillante Saison hinlegt wie die vergangene. Nach der von van Gaal verordneten Pause wirkt er nun frischer, aber irgendwie am falschen Platz. Statt wie im Vorjahr als hängende Spitze im Zentrum rumzuschleichen und Torgefahr auszustrahlen, hängt er meist am rechten Flügel fest. Da gegen St. Pauli Torjäger Mario Gomez wegen Grippe ausfällt (Van Gaal: „Das wiegt schwer“) und Miroslav Klose zwar wieder im Kader, aber wohl nicht in der Startelf steht, wird Müller wahrscheinlich den Mittelstürmer geben.
Im letzten Heimspiel des Jahres rechnet van Gaal mit einem Feuerwerk: „Die Heim-Fans haben keine Probleme mit unserem Spiel.“ Pyrotechnik dann auch nach der Partie im Rahmen einer kleinen Jahresabschlussfeier im Stadion, als Dankeschön an die Fans. Am Sonntag ist der Coach beim traditionellen Fan-Besuch, in Mintraching. Und er freut sich darauf: „Ich habe das Gefühl, dass ich in Deutschland sehr populär bin.“
Thomas Becker