Unter Tuchel außen vor: Verlässt Goretzka doch noch den FC Bayern?

"Er ist ein unfassbar wichtiger Spieler für uns" – sagt Kimmich und nicht Trainer Tuchel über Goretzka. Der Bayern-Trainer will, dass sich das Duo Kimmich/Laimer im Mittelfeld einspielt und findet.
von  Patrick Strasser
Leon Goretzka hat unter Bayern-Trainer Thomas Tuchel einen schweren Stand.
Leon Goretzka hat unter Bayern-Trainer Thomas Tuchel einen schweren Stand. © imago/Kirchner-Media

Tokio - Bayern-Trainer Thomas Tuchel machte keinen Hehl aus seiner bewussten Zweiteilung. "Die erste Mannschaft hat null zu null gespielt, die zweite Mannschaft hat eins zu null gewonnen", sagte der Bayern-Trainer nach dem 1:0 im eher unspektakulären zweiten Testspiel der Asien-Reise in Tokio gegen Kawasaki Frontale.

Ob der 49-Jährige damit mehr meinte, als die bloße Feststellung, dass er zur Pause neun Feldspieler ausgewechselt hat – nur Mittelstürmer Mathys Tel blieb nach überstandenem Infekt 61 Minuten auf dem Platz, für ihn kam dann der unglückliche Arijon Ibrahimovic, der noch drei Großchancen vergab. Einzig Yann Sommer, der in den nächsten Wochen noch zu Inter Mailand wechseln könnte, spielte gegen das Erstliga-Team Kawasaki Frontale, derzeit Tabellen-Siebter (von 18 Teams) der japanischen J1-League, komplett durch. Aber auch nur, weil Stellvertreter Sven Ulreich mit Hüftproblemen fehlte.

Kapitänsbinde als Trostpflaster? Goretzka bei Thomas Tuchel momentan außen vor

Die erneut klare Botschaft, die Tuchel mit seiner Aufstellung im Mittelfeld sendete, ging einerseits an das Duo Joshua Kimmich (28) und Konrad Laimer (26), die beide im Zentrum spielten, und andererseits an Leon Goretzka, der im dritten Testspiel dieser Vorbereitung zum dritten Mal erst zur Pause gewechselt wurde – mit einem Trostpflaster aus Stoff am linken Arm, der Kapitänsbinde. Als Chef der B-Mannschaft hatte er Talent Aleksandar Pavlovic (19) an seiner Seite, den er unterstützen musste.

Trotz Kapitänsbinde hat Leon Goretzka einen schweren Stand bei Thomas Tuchel.
Trotz Kapitänsbinde hat Leon Goretzka einen schweren Stand bei Thomas Tuchel. © IMAGO/Naoki Morita/AFLOSPORT

Weiter vorne auf der Zehn agierte im zweiten Durchgang Ryan Gravenberch, der mit einigen Ideen, sprich Pässen, überzeugen konnte. Und Goretzka? Machte sein Ding, fiel aber nicht sonderlich auf. "Wir haben nicht viele Spiele, um uns vorzubereiten, deshalb wollen wir Abläufe reinkriegen in unser Spiel", sagte Tuchel auf die Frage nach den aktuellen Mittelfeld-Besetzungen und erklärte: "Die, die zusammenspielen, müssen Abläufe und Teamspirit entwickeln. Es ist noch nichts entschieden, es ist noch alles offen." Wirklich?

FC Bayern: Kimmich schwärmt von Laimer – und hofft auf Stammelf

Das Duett Kapitän Kimmich, als der Boss der A-Elf, und Neuzugang Laimer, der zum 1. Juli ablösefrei von RB Leipzig nach München kam, haben bei Tuchel klar Priorität. Sie sollen sich finden, aneinander gewöhnen und einspielen. "Konni ist generell einer, der viel investiert und viel Energie mitbringt – mit Ball und gegen den Ball. Er versucht, sich seine Aktionen zu nehmen, was ich ganz gut finde, dass er die Sache selbstbewusst angeht", sagte Kimmich in Tokio und meinte zu seiner Findungsphase mit Laimer: "Wir haben mehrere Jungs, die spielen können. Ich bin ein Freund davon, wenn sich irgendwann eine erste Elf herauskristallisiert, weil man dann auch einfacher Automatismen hereinbekommt und ein Gerüst zustande bekommt, das Verantwortung übernimmt."

Joshua Kimmich führt den FC Bayern auf der Asientour an – aber wer steht im zur Seite?
Joshua Kimmich führt den FC Bayern auf der Asientour an – aber wer steht im zur Seite? © imago/Naoki Morita/AFLOSPORT

Für Goretzka, der bei Bayern bleiben ("Ich liebe den Verein, ich liebe die Stadt, ich liebe die Fans, ich möchte da einfach weitermachen") will, findet Kimmich lobende Worte – schließlich bildeten beide über viele Jahre das Gerüst der Mitte, in München und in der Nationalelf: "Ich weiß genau, was Leon kann, er selbst auch. Er ist ein unfassbar wichtiger Spieler für uns. Mit seiner Physis und seiner Torgefahr verbindet er zwei sehr wichtige Komponenten. Er gibt uns brutal viel gegen den Ball, aber auch mit dem Ball Torgefahr. Man hat gemerkt, dass uns da die Kaltschnäuzigkeit fehlt. Er ist einer, der immer wieder sehr viele Tore macht und auch in dieser Saison für uns sehr wichtig sein wird." Tuchel sieht das nicht so. Er wünscht sich mehr Ballkontrolle und Passsicherheit von einem zentralen Mittelfeldspieler.

Goretzka will beim FC Bayern bleiben – aber darf er auch?

Nicht auszuschließen, dass der 28-jährige Goretzka noch im August erkennen muss und wird, dass es keinen Sinn macht, unter Tuchel bei Bayern zu bleiben. Vor allem dann, wenn es den Bossen gelingt, einen Sechser zu verpflichten, den sich der neue Trainer so sehr wünscht. Dann müsste Goretzka, um nicht Gefahr zu laufen, seine Aussichten unter Bundestrainer Hansi Flick im Jahr vor der Heim-EM zu verschlechtern, die Bayern verlassen. Manchester United zeigt Interesse.

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