„... und Du, Kapitän, tritt sie in den Hintern“
Ruhig war sie, die Jahres- hauptversammlung des FC Bayern am Nockherberg, und harmonisch – dazu mit vielen Wünschen für Manager Uli Hoeneß, der Ende 2009 ausscheiden will.
MÜNCHEN Uli Hoeneß hatte eine Befürchtung. „Es könnte langweilig werden“, sagte der Bayern-Manager in den Tagen vor der Jahreshauptversammlung am Freitagabend am Nockherberg. Doch schon als er die Bühne des Festsaals betrat, holte ihn die Vergangenheit ein, sein Wutanfall des vergangenen Jahres. Die gleiche Bühne, der gleiche Platz – wieder ganz rechts außen vom Publikum aus gesehen. Jubel und Applaus, als Hoeneß sich setzte.
Eine Super-Stimmung, für die waren die 1695 Mitglieder verantwortlich. Hoeneß hätte sich wohl nie gedacht, dass er, der Internet-Skeptiker (früher Internet-Verweigerer), einmal ein Youtube-Held werden würde. Sein gestenreich untermalter Kragenplatzer war einer der Klick-Höhepunkte 2007. Das sollte ihm nicht noch einmal geschehen. „Ich lasse mich nicht provozieren. Dieses Mal raste ich nicht aus.“ Ein schöner Vorsatz.
Zunächst wurde ihm geschmeichelt. Rummenigge bedankte sich bei der „Seele des Vereins“, beim „1. Fan“ und läutete die letzten 13 Monate Hoeneß ein, der am Ende des Jahres 2009 in den Aufsichtsrat wechseln möchte. Darüber hinaus wird er Franz Beckenbauers Nachfolger als Präsident. Also gab es eine Runde Bauchpinselei für Hoeneß. Und eine Aufforderung von Rummenigge an den anwesenden Cheftrainer Jürgen Klinsmann (erhielt gestern einen Mix aus Applaus und Pfiffen) und Kapitän Mark van Bommel (bekam begeisterten Applaus), den Manager 2009 standesgemäß zu verabschieden. Rummenigge: „Lieber Jürgen, lieber Mark, gebt alles, damit wir Uli nächstes Jahr einen Abschied bereiten können, der seinen Verdiensten entspricht. Schenkt ihm viele Titel, das ist ihm lieber als alles andere.“ Beckenbauer forderte van Bommel auf: „Und Du, Kapitän, trag die Binde nicht nur spazieren – sondern tritt’ sie in den Hintern, Deine Kollegen.“
Rein zahlenmäßig wurde im Geschäftsjahr 2007/08 mit 286, 8 Millionen Euro ein neuer Rekordumsatz verzeichnet, trotz des Uefa-Cup-Jahres eine Steigerung von 27 Prozent. Schöne Werte, trockene Zahlen. Trockenen Humor bewies wie immer Moderator Beckenbauer und diesmal auch Rummenigge. Der Bayern-Boss machte sich über den Stadtrivalen lustig und fragte die Fans: „Wissen Sie, wann der TSV 1860 zum ersten Mal erwähnt wurde? Im Alten Testament, dort heißt es: Sie trugen eigenartige Gewänder und irrten planlos umher.“
Kritik von der Basis gab’s erst bei den Wortmeldungen, ein Fan sprach davon, „dass das Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und Fans sehr gering“ ist und berichtete von Auseinandersetzungen mit der Polizei in der Südkurve. Am meisten Applaus erntete ein Mitglied, dass in Sachen Hoeneß-Nachfolge ins Mikrofon brüllte: „Bitte, lieber Uli Hoeneß, verschonen Sie uns vor einem Event-Manager namens Oliver Bierhoff.“ Und Uli Hoeneß? Er grinste vor sich hin. Er hielt schweigend Wort: Er rastete nicht aus. Doch der Vorstand hatte intern beschlossen, nur sehr defensiv auf Wortmeldungen zu reagieren.
Patrick Strasser