Umstrittene WM: Hoeneß, Katar-Kritik und die Kuhhaut
Thalkirchen - Als der Abend fast gelaufen war, stand ein junger Mann im Publikum auf und wollte noch etwas loswerden - in Richtung Uli Hoeneß. Der Ehrenpräsident des FC Bayern hatte zuvor gefordert, es müsse kurz vor Beginn des WM-Turniers auch mal genug sein mit der Kritik an Gastgeber Katar.
Das Publikum gab Hoeneß Kontra
"Es geht um ein Fußball-Ereignis, jetzt lassen wir die mal vier Wochen kicken. Es sind alle Argumente ausgetauscht", sagte Hoeneß während der Diskussion "Katar Talks: Richtig reden über die WM" in Thalkirchen. Der junge Mann sah das freilich anders, er fand Hoeneß' Einlassungen ziemlich daneben und drückte das klar aus.
Entwaffnendes Schweigen von Uli Hoeneß
Als Gastgeber und Moderator Christian Springer dem streitbaren Ex-Patron des Rekordmeisters die Möglichkeit zur Reaktion bot, sagte dieser: nichts. Entwaffnend durfte man das finden. Hoeneß dokumentierte, dass er dazu neigt, die Zustände im Wüstenemirat zu verharmlosen. Nicht zum ersten Mal.
Hoeneß stellt sich gegen Kritiker
Im September geißelte er bei einem Anruf im Sport1-"Doppelpass" den ehemaligen DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig als "König der Scheinheiligen", weil dieser wegen der Menschenrechtslage heftige WM-Kritik geübt hatte. Bayern-Mitglied Michael Ott kanzelte er bei der JHV wegen dessen Haltung zum Katar-Sponsoring beim FC Bayern ab: "Ihr Auftritt war peinlich. Das ist der Fußballklub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International."
Auch Hitzlsperger widerspricht Hoeneß
Wie Hoeneß am Mittwoch noch meinte, sei die Situation anderswo im Nahen Osten nicht besser. Die Kritik an Katar habe "überhandgenommen, das geht auf keine Kuhhaut". Dies fand nun Thomas Hitzlsperger wiederum deplatziert. Der Ex-Nationalspieler und ARD-Experte, der neben Hoeneß, der Journalistin Julia Leeb und dem Orient-Experten Daniel Gerlach mitdiskutierte, sieht die WM-Vergabe an Katar mit allen Begleiterscheinungen so exponiert, dass jede Kritik berechtigt sei.
"Katar ist eine ganz andere Dimension und nicht zu vergleichen", sagte der 40-Jährige, der vor Jahren seine Liebe zu Männern öffentlich machte. Der Umgang mit Homosexualität im Emirat habe ihn zur Reportage für die ARD bewogen: "Ich bin dort nicht willkommen und habe den Film gemacht, weil es mich betrifft."
Anfällig für Bestechung
Hoeneß will immerhin in den Monaten nach der WM "schauen, was es gebracht hat" - die Debatten meinte er. Oft ebben diese ja ab, wenn die Aufmerksamkeit schwindet. In einem Punkt waren Hoeneß und Hitzlsperger gleicher Auffassung: der Korrumpierbarkeit der Sportverbände, hier des Fußball-Weltverbandes Fifa.
"Bei der Fifa muss ausgemistet werden!"
Hoeneß polterte in unnachahmlicher Art: "Bei der Fifa muss ausgemistet werden!" Hitzlsperger forderte: "Es ist die Aufgabe des Fußballs, die Fifa zu verändern. Die Fifa hat Verbrechen begangen, der Fokus muss noch mehr in diese Richtung gehen." Noch viel mehr.