Ulreich: "Wenn Alaba schießt, wird’s schwer"
München - AZ: Herr Ulreich, kürzlich hat die Nationalelf auf dem Gelände des FC Bayern trainiert. Kam da Wehmut auf, dass Sie nie im DFB-Tor standen? Schließlich haben Sie einige Spiele in der Juniorennationalmannschaft absolviert.
SVEN ULREICH: Die Nationalmannschaft ist der Traum eines jeden Profis, sie war auch immer mein Traum. Aber die letzten Jahre sind nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich hatte drei, vier gute Jahre in Stuttgart, da hatte ich gehofft, dass ich mal eingeladen werde, aber das war leider nicht so. Das ist abgehakt für mich. Ich konzentriere mich auf den FC Bayern.
Ist das Thema tatsächlich für immer vorbei? Sie sind 27 Jahre alt, Sie könnten nach Ihrer Zeit bei den Bayern ja wieder die Nummer eins in einem anderen Klub werden.
Um Nationalspieler zu sein, muss man natürlich auch im Verein spielen. Man weiß nie, Roman Weidenfeller hat auch spät noch die Chance in der Nationalelf bekommen. Ich sage niemals nie, aber das ist nicht mein Hauptziel im Moment.
Wer ist denn aus Ihrer Sicht die Nummer zwei hinter Manuel Neuer?
Kevin Trapp hat mit seinem Wechsel nach Paris Vieles richtig gemacht. Er spielt dort mit einigen der besten Spieler der Welt zusammen. Er spielt Champions League und macht seine Sache hervorragend. Für mich ist er die deutsche Nummer zwei hinter Manuel Neuer. Deutschland muss sich um seine Torhüter jedenfalls keine Sorgen machen.
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Kommen wir zu Ihrer persönlichen Bilanz bei den Bayern. Ein Saisonspiel im Pokal gegen Nöttingen haben Sie bestritten, hatten Sie insgeheim auf mehr Einsätze gehofft?
Nein, im ersten Drittel der Saison habe ich mir keine Hoffnungen gemacht, dass ich zum Einsatz komme. Ich hoffe, es kommen noch Gelegenheiten in der Endphase dieser Saison.
Ihr Vertrag läuft bis 2018, wie soll es danach weitergehen?
Ich konzentriere mich zunächst mal komplett auf Bayern. Ich habe mich riesig Freude, dass so ein Weltklub mir ein Angebot gemacht hat. Ich kann mich hier auch als Nummer zwei sportlich und persönlich weiterentwickeln. Es gibt keinen Plan, was danach passiert.
Das heißt, Sie könnten sich vorstellen, bis zum Karriereende als Nummer zwei bei Bayern zu bleiben?
Das weiß ich nicht, darüber denke ich momentan nicht nach. Ich bin jetzt erst ein paar Monate hier, ich Freude mich auf die kommenden Jahre.
Gibt es denn diese Momente nicht, wenn Sie samstags ins Stadion fahren, dass Sie denken: Jetzt würde ich gern mal wieder im Tor stehen?
Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass es nicht so ist. Als Sportler will man das Adrenalin spüren, ich trainiere die ganze Woche, um bereit zu sein. Natürlich denkt man sich: Es wäre schön gewesen, auch mal wieder zu spielen. Aber ich habe mich bewusst für diese Situation entschieden, ich habe mir darüber Gedanken gemacht. Ich helfe der Mannschaft im täglichen Training und bei den Spielen durch Präsenz auf der Bank.
Inwieweit unterscheidet sich das Torwartspiel der Bayern von dem in Stuttgart?
Man sieht, dass die Bayern eine andere Philosophie haben. Der Trainer legt sehr viel Wert darauf, dass wir sauber hinten herausspielen. Für ihn ist wichtig, dass man als Torhüter präsent ist. Außerdem gibt es fast keine langen Bälle.
Sie müssen es als Torhüter eigentlich wissen: Welcher Bayern-Spieler hat den besten Schuss?
Es haben viele Spieler einen außergewöhnlichen Schuss, da merkt man auch den Unterschied zu Stuttgart. Aber ich muss sagen: Wenn David Alaba den Ball richtig trifft, wird es für den Torhüter schon sehr unangenehm. Er hat sehr viel Wucht.
Hat Alaba Sie am meisten beeindruckt, als Sie nach München gekommen sind? Er wird immer wieder von anderen Neuzugängen genannt.
Er ist ein Musterprofi. Generell muss man sagen, dass das Niveau unglaublich hoch ist, die Spieler agieren auch im Training hochprofessionell. David hat mich auch ein Stück weit überrascht, weil er mit beiden Füßen so stark und fast überall einsetzbar ist. Bayern kann sich glücklich schätzen, einen solchen Spieler in seinen Reihen zu haben.
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Sie erleben Manuel Neuer jeden Tag im Training. Was macht ihn so speziell?
Manu ist einfach Manu. Er hat die Reaktionsschnelligkeit, die Athletik, die Sprungkraft: Er ist einfach ein vollkommener Torhüter. Und er hat auch die Lockerheit, die man braucht, um manche Situationen zu lösen. Er steht nicht umsonst ganz oben, ich bin froh, jeden Tag mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen. Ich kann mir im Training viel von ihm abschauen.
Wie sehen Sie seine Qualitäten als Feldspieler?
Er ist fußballerisch sehr begabt. Ich denke, in der 3. Liga könnte er als Innenverteidiger schon spielen von seinen Fähigkeiten her. Aber ich weiß natürlich nicht, wie es mit der Puste bei ihm aussieht (lacht).
Im Pokal geht es jetzt gegen Darmstadt. Rechnen Sie mit einem Einsatz?
Nein, gar nicht. Ich konzentriere mich auf meine tägliche Arbeit. Wenn der Trainer mich aufstellt, spiele ich. Wenn nicht: kein Thema. Es geht um uns als Team, dass wir Erfolg haben.
Sie arbeiten jeden Tag mit Pep Guardiola zusammen, der Kontakt zwischen ihm und der Mannschaft ist eng. Können Sie sich vorstellen, dass er dieses Team verlässt?
Ich kann es mir nicht vorstellen, aber das entscheidet nur er. Er ist sehr akribisch mit allem, so etwas habe ich bislang noch nicht kennengelernt. Man hofft, dass er bleibt, weil wir viel von ihm lernen können.