Uli oder Dieter Hoeneß: Wer wird Meister 2009?

Sportlich war Hertha-Dieter dem Bayern-Uli noch nie so nah wie jetzt, vor dem Duell am Samstag im Berliner Olympiastadion. Aber sonst trennt sie ganz viel, seit Jahren schon
MÜNCHEN Wer an Dieter Hoeneß denkt, sieht einen Mann mit Turban. Blutverschmiert. Auf dem Hosenboden sitzend. Die Arme ungläubig in die Höhe reckend.
27 Jahre ist das jetzt her. Das Pokalfinale 1982, als Bayern dank des Blutturban-Kopfball-Tores den 1. FC Nürnberg nach 0:2 noch mit 4:2 besiegte. Was auch am Bruder lag. „Du darfst dich jetzt nicht auswechseln lassen“, sagte Uli, damals seit drei Jahren Bayern-Manager zu Dieter.
Wer an Uli Hoeneß denkt, sieht einen Mann mit Hemd. Gestreift. Rot-weiß oder blauweiß. Auf dem Rathausbalkon stehend. Die Meisterschale stolz in die Höhe reckend.
Neun Monate ist das jetzt her. Das letzte Mal. 15 weitere Male wurde Bayern in seiner Amtszeit Meister. Am Ende des Jahres will sich Uli Hoeneß nun auswechseln lassen, er wird Nachfolger von Franz Beckenbauer und Aufsichtsratsvorsitzender. Dieter wird ihn nicht abhalten davon.
Denn auch dieser Hoeneß geht. 2010 hört der Hertha-Manager auf, „definitiv“, sagt er. Erst einmal gelang es Dieter, seinen 368 Tage älteren Bruder Uli in der Tabelle abzuhängen. 1992 war das, als der VfB Stuttgart Meister wurde. Und mit Hertha BSC? Nie. Elf Versuche, elf Mal gescheitert. Als Hertha 1999 Dritter wurde, hatten die Bayern 16 Punkte mehr – als Meister.
Einen hat er noch, der Dieter. Einen Versuch. In dieser Saison. Dritter ist Hertha, einen Punkt hinter Bayern. Bei einem Sieg am Samstag (15.30 Uhr, AZ-Liveticker) wäre Dieter vor Uli. „Es ist ein besonderes Spiel. Wir sind stolz darauf, den Bayern auf Augenhöhe zu begegnen“, sagt Hertha-Hoeneß bescheiden.
2005 dachten die Brüder sogar einmal darüber nach, einen Posten zu vererben. Dieter sollte Ulis Nachfolger 2010 bei Bayern werden. „Es gab mal einen Zeitpunkt, da stand dies im Raum“, sagte Dieter dem „kicker“, und fügte hinzu: „Jetzt stellt sich diese Frage nicht mehr.“ Ski fahren will er, Mountainbiken, Golfen, Reisen, Malen. Was schon als Spieler Dieters Leidenschaft war. „Er war immer der Künstler-Typ, der Kreative der beiden“, erzählte Bayerns Vorstandsberater Paul Breitner der AZ. „Er hat gemalt, gezeichnet, hat kaum ans Geschäftliche gedacht. Für mich war das eine große Überraschung, dass er später die Managerkarriere eingeschlagen hat.“
Als Breitner 1978 zu Bayern zurückkam, spielte Uli seine letzte Saison, bevor er seine Karriere beenden musste und Manager wurde. Dieter kam 1979 vom VfB Stuttgart. „Ulis Weg war vorgezeichnet. Beim ihm habe ich mir schon immer gedacht, dass er irgendwo in der Wirtschaft eine Karriere als Geschäftsmann macht“, sagte Breitner, „aber als Vorstandsvorsitzender eines großen Konzerns. Jedoch niemals als Bayern-Manager. Bei dem geringen Umsatz damals! Bei den paar Mitarbeitern! Ich dachte, Bayern wäre eine Nummer zu klein für den Uli. Gott sei Dank ist es anders gekommen.“
Hoeneß wurde zum Mister FC Bayern. Und Dieter der kleinere Bruder. Er habe bei Hertha Vergleichbares geleistet, sagte Dieter. „Als er beim FC Bayern als Manager anfing, waren die Bayern eine Weltmarke. Und als ich nach Berlin kam, war Hertha vergessen. Neid ist uns völlig fremd.“
Die Schale hätten sie beide gerne. Zum Ausklang.
Patrick Strasser