Uli Hoeneß vor seiner Rückkehr als Präsident des FC Bayern München

Heute wählen die Mitglieder des FC Bayern Hoeneß zum Präsidenten. "Ich bin nachdenklicher und auch demütiger geworden“, sagt er. Es dürfte emotional werden – und der 64-Jährige bald wieder der Alte.
von  Patrick Strasser
Das Gesicht des FC Bayern: Uli Hoeneß kehrt als Präsident zurück.
Das Gesicht des FC Bayern: Uli Hoeneß kehrt als Präsident zurück. © dpa

München - Uli Hoeneß hat sich Ruhe verordnet, einen Maulkorb verpasst. Interviews will er in der letzten Woche vor dem Tag X, vor der Präsidenten-Wahl auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern am Freitag nicht geben. Auch auf die Reisen zum Bundesligaspiel nach Dortmund und zum Champions-League-Match ins russische Rostow verzichtete der 64-Jährige, er bleibt lieber an seinem Wohnort am Tegernsee – und schweigt. Was aber auch heißt: Da staut sich was in ihm auf. Für die Rede an seinem großen Tag verfasst er kein Manuskript, Stichworte genügen, er hält sie frei. Sein Gefühl, sein Bauch werden ihn auf eine Umlaufbahn der Emotionen führen – schwer zu kontrollieren, nicht vorherzusagen. Eine Wundertüte am Rednerpult, hier kommt Kult.

Wieder zurück im Präsidentenamt

Eines ist jedoch sicher: Uli Hoeneß wird der neue, alte Präsident des FC Bayern. Er ist der einzige Bewerber, der aktuelle Amtsinhaber Karl Hopfner hat sich zurückgezogen. Im Klub wollte man eine Kampfabstimmung vermeiden, es wäre bei wohl maximal einem Prozentpunkt an Stimmen für Hopfner auch keine geworden. Noch sei Hoeneß nicht nervös, heißt es aus dem Verein, Anspannung wäre ihm jedoch anzumerken. Vor seinem Schweigegelübde sagte: „Das ist natürlich etwas ganz Besonderes nach der Situation, die wir alle erlebt haben.“ Wir alle. Die Mitglieder, die Bayern-Fans, ganz Deutschland, der Rest der Welt.

Fragen und Antworten zur Rückkehr von Uli Hoeneß

21 Monate war er in Haft, 14 davon im offenen Vollzug. Als Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro am 14. März 2014 verurteilt wurde, hatte er seine Ämter als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender niedergelegt, vom „größten Fehler seines Lebens“ gesprochen. Im Januar wurde er vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Als neuer Mensch? „Ja, ich habe mich verändert. Ich bin nachdenklicher und auch demütiger geworden“, sagte der „Abendzeitung“: „Soziale Themen waren mir früher wichtig, aber sie sind mir noch wichtiger geworden. Was ich alles an Schicksalen erlebt habe, hat mich geprägt, und das wird auch in meine Arbeit einfließen.“ Als Freigänger kümmerte er sich um die Jugendarbeit, trieb zuletzt wieder leidenschaftlich das Basketball-Projekt des Vereins voran.

Wird die "Abteilung Attacke" wieder eröffnet?

Bekommen die Fans ihren alten, etwas neuen Uli zurück? Den Patron des FC Bayern, den ersten Fan und Anwalt, das Gesicht des Vereins, der eine aus Sicht der Leute eine Dummheit, tatsächlich eine Straftat, begangen hat, dafür büßen musste und nun Mia-san-Mia reloaded darstellen soll? Ja, bekommen sie. Metzgersohn, Fußballer, Selfmade-Manager, Präsident, Bauchmensch und Visionär, Poltergeist und dreifacher Opa. Während der Klub expandiert und expandiert, hat Hoeneß im Gefängnis ziemlich abgenommen, sich jedoch alter Form wieder genähert. Auch rhetorisch. Der Schalter, der seine Angriffslust justiert, neigt sich wieder zur „Abteilung Attacke“, so lautete einst sein Spitzname. „Das war’s noch nicht“, rief er bei seiner letzten Rede vor dem Haftantritt im Mai 2014 in die Mikrofone. Die Mitglieder johlten. Natürlich war es das noch nicht.

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Und er kündigte an: „Wir werden unsere Wurzeln immer in München, in Bayern und in Deutschland haben. Wir müssen die anderen alle Verrücktheiten machen lassen.“ Sein Verein müsse daraufachten, dass „wir die Fans, die wir in Shanghai, in Buenos Aires oder in Charlotte gewinnen, nicht in Deggendorf oder in Waldkraiburg verlieren. Das wird die Kunst sein in den nächsten Jahren.“ Er, der Rückkehrer, wird schon dafür sorgen. Möge die Macht mit ihm sein. Wird sie. Mit ihm, den dem dann protokollarisch auch offiziell reanimierten Herz des FC Bayern München. „Ich denke, dass Karl-Heinz Rummenigge und ich Bayern noch stärker machen“, träumte er im September laut vor sich hin, „ich könnte mir vorstellen, dass Karl-Heinz mehr fürs Geld verantwortlich ist und ich fürs Herz.“

6000 Besucher auf der JHV

Mit zwei Erzfeinden hat sich Hoeneß mittlerweile versöhnt, mit Trainer Christoph Daum, deren öffentliche Fehde einst als Bundestrainer verhinderte, auch mit Bremens Ex-Manager Willi Lemke, der dem Bayern-Patron Klassenkampf unterstellte. Ist Hoeneß etwa altersmilde geworden? Nein, einer wie er braucht frisches Blut, neue Gegner. Feindbilder als Antrieb für eigene Leistungen? Daraus zieht er einen Teil seiner Kraft. Und aus der uneingeschränkten Zuneigung seiner Anhänger. Ovationen sind ihm sicher am Freitag, das üblicherweise auf den Versammlungen am Ende ausgeschenkte Freibier bräuchte es dafür gar nicht. „Ich werde diesem Verein dienen bis ich nicht mehr atmen kann“, hatte er versprochen.

Man darf gespannt sein auf seine Rede. Dass es emotional wird? Keine Frage. Die bis zu 6000 erwarteten Besucher im Audi Dome, Heimat der Basketballer, werden sich dann zufrieden zunicken, dem einst tief gestürzten Rückkehrer frenetisch zujubeln. Wegen des wohl großen Andrangs lässt man ein Extra-Zelt für weitere 2000 Mitglieder vor der Halle errichten, Mit Videoleinwänden. Die Vereinshomepage überträgt das Spektakel live. Zwei Tage nach seiner Wahl tritt er erstmals als neuer, alter Präsident auf. Beim Adventsbesuch eines Fanclubs in Wunsiedel. „Wir haben den dicksten Fisch überhaupt an Land gezogen“, freut sich Martin Taucher, Vorsitzender des Fanclubs Röslau, auf Hoeneß’ Erscheinen. Emotionen und Folklore inklusive. Auf Hoeneß ist Verlass, er liebt solche Auftritte. Ganz der Alte, unser Uli, werden viele sagen. Und zufrieden nach Hause gehen. Die anderen werden schon sehen, was sie davon haben, dass Uli Hoeneß zurück ist.

Stimmen zur Hoeneß-Rückkehr:

Ottmar Hitzfeld, Ex-Coach: „Ich habe mich Freude, dass Uli wieder zurückkehrt. Er ist ein Urgestein, wird mit alter Stärke noch mal die Zielsetzung verkünden, das bayrische Selbstbewusstsein aufrechterhalten. Er ist schon wieder der Alte.“

Giovane Elber, Ex-Torjäger: „Ich habe nicht gedacht, dass er noch mal Präsident wird. Ich dachte, er macht eine Pause und vielleicht nur für die Basketballer und die Jugend etwas. Uli ist FC Bayern von Kopf bis Fuß. Er ist der größte Fan des FC Bayern. Wir werden mit ihm weiterhin viel Spaß haben.“

Svetislav Pesic, Ex-Basketballcoach: „Wenn er nochmal Präsident wird, bin ich zu 100 Prozent sicher, dass Basketball wieder so eine Priorität bekommt, wie damals, als ich gekommen bin. Es lohnt sich, den FC Bayern noch mal mit Uli Hoeneß zu erleben.“

Alfons Schuhbeck, Bayern-Koch: „Schön, dass er wieder da ist. Der FC Bayern ist sein Leben. Er gehört zum Verein wie der Ball zum Fußball. Der FC Bayern war zum Glück auch in der Zeit ohne ihn sehr erfolgreich. Uli wird wieder gut andocken.“

Hasan Salihamidzic, Ex-Kicker des FC Bayern: „Uli ist für mich immer der FC Bayern gewesen und wird es für immer bleiben. Deswegen freut es mich umso mehr, dass er zurück nach Hause kommt.“

Helmut Markwort, „Focus“-Mitherausgeber und Ex-Aufsichtsrat des FC Bayern: „Ich Freude mich, dass er wieder Präsident wird und bin dafür, dass er als Vorsitzender des Aufsichtsrates zurückkehrt, um die Geschicke des Klub zu lenken. Ich habe ihn als Menschen kennengelernt, der mit Herz und Temperament seinen Weg geht. Das gilt vor allem für sein Lebenswerk FC Bayern, das seine Tatkraft und seinen Charakter braucht.“

Oliver Kahn, Ex-Torhüter: „Seine Rückkehr ist etwas Positives, weil es heutzutage so wenige Menschen gibt, an den sich gerade im Sport große Diskussionen entzünden.“

Matthias Sammer, Ex-Sportvorstand des FC Bayern: „Uli wird dem FC Bayern sehr gut tun. Er ist einfach prädestiniert, ein Anführer zu sein – und diesen Anführer braucht Bayern München."

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