Uli Hoeneß: Szenen seiner Ehen

Drücken, Druck oder Distanz: Was macht der Bayern-Manager am Samstag mit Coach Jürgen Klinsmann?
von  Abendzeitung
Will er ihn nicht nur im Arm, sonder auch im Amt halten? Uli Hoeneß (r.) drückt Jürgen Klinsmann.
Will er ihn nicht nur im Arm, sonder auch im Amt halten? Uli Hoeneß (r.) drückt Jürgen Klinsmann. © dpa

Drücken, Druck oder Distanz: Was macht der Bayern-Manager am Samstag mit Coach Jürgen Klinsmann?

MÜNCHEN Zu den Besonderheiten von Uli Hoeneß gehört ja, dass er seine Gemütsverfassung so schlecht verbergen kann. Ob er gerade wütend ist oder heiter, enttäuscht oder erleichtert: Es ist ihm anzusehen. Das macht es so spannend, ihm zuzuschauen, gerade bei Spielen, wenn er neben dem – nun ja – umstrittenen Trainer Jürgen Klinsmann auf der Bank sitzt.

Zuletzt beim 1:0 in Bielefeld konnten sich die Kameras gar nicht satt filmen daran, wie Hoeneß den Trainer umschlungen hat im Jubel: Das glich einer Mischung aus kindlicher Freude und väterlicher Fürsorge. Ein Hinweis darauf, dass die Schwaben auf der Bayernbank sich immer näher kommen? Oder gar, dass Hoeneß den Trainer nicht nur im Arm, sondern auch im Amt halten will? Am Samstag gegen Schalke (15.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) werden die Kameras das erneut überprüfen.

Klinsmann hat ja gleich verbal zurück gekuschelt: „Der Manager ist mein wichtigster Begleiter in diesem turbulenten Jahr. Er hält zu mir, ist immer an meiner Seite.“

Ist das eine neue Qualität in der Beziehung Manager-Trainer? In den 30 Jahren seit seinem Amtsantritt hat Hoeneß ja schon etliche Bank-Ehen geführt. Die AZ erklärt, welches Verhältnis Hoeneß zu Klinsmanns Vorgängern geführt hat. Interimstrainer (Reinhard Saftig, Franz Beckenbauer) sind nicht berücksichtigt.

PAL CSERNAI (1979–83)

Hoeneß, als Berufsanfänger gerade 29 Jahre alt, tat gut daran, Csernai zu achten. Schließlich hatten die Führungsspieler Breitner und Rummenigge die Beförderung des Ungarn vom Co- zum Cheftrainer forciert. Eine Freundschaft zwischen dem Manager und dem 18 Jahre älteren Trainer entstand freilich nie. Dafür war Csernai, Pendler zwischen Feingeist und Schwermut, nicht zu haben. Er war der erste Trainer, den Hoeneß entließ.

UDO LATTEK (1983-87)

Ihm hatte Hoeneß viel zu verdanken: Lattek hatte Hoeneß 1970 als jungen Stürmer aus Ulm zum FC Bayern geholt und damit zum Star gemacht. Das verband sie. Und: Der kurzweilige Entertainer Lattek sorgte für Geselligkeit, die auch Hoeneß gefiel. Was der fühlte für den Coach? Vielleicht keine tiefste Zuneigung – aber eben doch höchste Wertschätzung.

JUPP HEYNCKES (1987-91)

Zu ihm hatte Hoeneß einen Draht, seit sie 1974 als Stürmer gemeinsam Weltmeister geworden waren. Bis heute ist der Gladbacher für Hoeneß „mein Freund Jupp“. Und der Tag, an dem Hoeneß ihn entließ, zählt zu den bittersten seiner Managerkarriere. Hoeneß ist noch immer froh, dass der Rauswurf diese Freundschaft nicht zerstört hat. Auch hinterher sind Hoeneß und Heynckes noch gemeinsam im Urlaub an der Côte d’Azur gewesen. Freunde fürs Leben, quasi.

SÖREN LERBY (1991-92)

Selten hat ein Fußballer Hoeneß so überzeugt wie der Däne. Mit Energie, Willen und der Begabung, ein Team zu führen, hatte der Spielmacher Lerby den kriselnden FC Bayern Mitte der Achtziger wieder zur Fußballmacht geformt. Daran erinnerte sich Hoeneß, als er Lerby als Trainer verpflichtete. Ein Experiment, das fehlschlug und unter dem beide litten. Lerby war überfordert und unglücklich im Job, Hoeneß musste sich eine Fehlentscheidung eingestehen. Weil keiner dem anderen Vorwürfe hätte machen können, blieb es dabei: Hoeneß findet Lerby gut.

ERICH RIBBECK (1992–93)

Nach dem Fehlschlag mit Lerby kam er als Notlösung – und blieb neben Hoeneß auch eine solche. Beim (wort-)gewandten Sir Erich dauerten Pressekonferenzen manchmal fast so lange wie Trainingseinheiten. Dem Manager, der es bodenständig mag, blieb das suspekt. Ribbeck kam bei ihm nicht recht an – und deshalb auch nicht beim FC Bayern.

GIOVANNI TRAPATTONI (1994-95, 1996-98)

Jawohl, den mochte Hoeneß gleich. Dieser Italiener verlieh seinem FC Bayern weltmännischen Glanz. Gleichzeitig konnte Hoeneß bei ihm seine Instinkte als Beschützer und Wortführer ausleben: Zwar war Trap elf Jahre älter als er – aber eben durch mangelnde Deutschkenntnisse limitiert. Wer den Trainer kritisierte, bekam’s mit Hoeneß zu tun. Der Manager war präsent wie selten. Das gefiel ihm wohl: Hätte er ihn sonst ein zweites Mal verpflichtet?

OTTO REHHAGEL (1995-96)

Zwar hatte Hoeneß diese Verpflichtung eingefädelt. Aber Bremens Meistertrainer, das stellte Hoeneß bald fest, duldete nur ungern andere Götter neben sich. Im Münchner Ulikallefranz-Olymp war dieser Rehhagel darum schnell verloren. Statt mit dem Trainer zu sprechen, hatte Hoeneß mehr damit zu tun, die Spieler zu besänftigen, die sich über Rehhagel bei ihm beschweren wollten. Wehmut kam bei der Trennung keine auf.

FELIX MAGATH (2004-07)

Doch, doch: Trainer und Manager haben viele Gespräche geführt. Aber das Misstrauen entwich nie so ganz. Magath hielt Distanz. Und Hoeneß kam der Coach kauzig und ungesellig vor. Ein Bayern-Trainer, der ständig Pfefferminztee bestellt, das kannte er auch noch nicht. Aber solange Magath Erfolg hatte, ließ er ihn gewähren. Als Bayern auf Rang vier rutschte, warf er ihn raus. Das Ende einer Geschäftsverbindung, aus der nie eine innige Beziehung geworden war.

OTTMAR HITZFELD (1998-2004, 2007-08)

(1998-2004, 2007-08)

Für Hoeneß fast wie ein zweiter Heynckes: Mit Hitzfeld hatte er 1972 bei Olympia in München für Deutschland gestürmt. Und nun holte er ihn als Trainer. Schnell war Hitzfeld viel mehr: Vertrauter, Sorgen-Teiler, Gesprächspartner abends beim Rotwein und ein Freund, der als Mensch und als Angestellter stets loyal war. Auch ihn holte Hoeneß ein zweites Mal. Und, ach, wie rührend war es, als Hitzfeld bei seinem zweiten Abschied weinend in die Arme seines Freundes Uli fiel. Auch Hoeneß standen Tränen in den Augen. Er hat Hitzfeld gedrückt; viel zärtlicher und behutsamer, als er zuletzt in Bielefeld zugedrückt hat.

Ob Hoeneß auch für Klinsmann einmal Tränen vergießen wird? Zweifel bleiben. Zur Sicherheit werden die Kameras alles genau festhalten. Schon an diesem Samstag gegen den FC Schalke 04.

Michael Schilling

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.