Uli Hoeneß: So wird sein Leben im Knast

Der Tag des Haftbeginns in der JVA Landsberg rückt für Uli Hoeneß immer näher. Dort muss der ehemalige Präsident des FC Bayern in gebrauchte Kleidung schlüpfen und in blau-weiß-karierter Bettwäsche schlafen. Zudem bekommt er 11,94 Euro am Tag: Die AZ hat sich dort umgesehen.  
Agnes Vogt |
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Das Waschbecken hoffnungslos zu klein, Nackt-Fotos im Schrank, ein Wachturm aus Stahlbeton: Die JVA Landsberg am Lech wird zumindest für einige Monate das neue Heim von Uli Hoeneß sein...
Gregor Feindt 5 Das Waschbecken hoffnungslos zu klein, Nackt-Fotos im Schrank, ein Wachturm aus Stahlbeton: Die JVA Landsberg am Lech wird zumindest für einige Monate das neue Heim von Uli Hoeneß sein...
In solch einer Einzelzelle der JVA Landsberg sitzt der verurteilte Doppelmörder.
dpa 5 In solch einer Einzelzelle der JVA Landsberg sitzt der verurteilte Doppelmörder.
Da geht nicht's mehr drauf: An Platz mangelt es in den kleinen Zellen überall.
Gregor Feindt 5 Da geht nicht's mehr drauf: An Platz mangelt es in den kleinen Zellen überall.
Der Speisesaal in der JVA Landsberg.
Gregor Feindt 5 Der Speisesaal in der JVA Landsberg.
Stacheldraht auf der Mauer: Bedrohlich wirken die wuchtigen Wachtürme im Innenhof des Gefängnisses.
Gregor Feindt 5 Stacheldraht auf der Mauer: Bedrohlich wirken die wuchtigen Wachtürme im Innenhof des Gefängnisses.

Der Tag des Haftbeginns in der JVA Landsberg rückt für Uli Hoeneß immer näher. Dort muss der ehemalige Präsident des FC Bayern in gebrauchte Kleidung schlüpfen und in blau-weiß-karierter Bettwäsche schlafen. Zudem bekommt er 11,94 Euro am Tag: Die AZ hat sich dort umgesehen.

Landsberg am Lech - Groß und grau ist das Tor, durch das Ulrich Hoeneß in die Justizvollzugsanstalt in Landsberg kommen wird. 4,20 Meter hoch ist es. Es ist die Einfahrt für die Gefangenenfahrzeuge. Niemand betritt die JVA durch das Haupttor, das graue Gebäude von 1909 mit den zwei kupfergedeckten Türmchen rechts und links. Dabei ist genau dieses Haupttor in den vergangenen Wochen zum Symbolbild für die Haftstrafe geworden, die Hoeneß, der ehemalige Bayern-Präsident, bald antritt.

„Jeder Häftling kommt durch das Südtor und wird zum Eingangsgebäude gefahren“, sagt Franz Röck, Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der JVA Landsberg. Im Eingangsgebäude ist für alle Neuankömmlinge der „Check In“. Auch Ulrich Hoeneß wird dorthin gebracht, muss alle seine Wertsachen abgeben und sich umziehen. „Bis auf den Ehering, die Armbanduhr und ein wertvolles Schmuckstück müssen die Häftlinge alle Wertsachen abgeben“, sagt Röck. Auch die Kleidung, in der JVA laufen alle einheitlich rum. „Da machen wir auch keine Ausnahme.“

Die Anstaltskleidung ist dunkelblau, mal ist die Farbe noch sehr kräftig, mal verwaschen. Neu sind Hose, Hemd und Jacke nur in den seltensten Fällen. „Da muss schon ein großes Loch sein, das man nicht mehr flicken kann, um für sich neue Kleidung zu beantragen“, sagt einer der Beamten. Röck ergänzt: „Stellen Sie sich vor, jeder der 565 Inhaftierten würde zum Haftantritt neue Kleider bekommen, wer soll das bezahlen?“

Die Anstaltskleidung tragen die Inhaftierten zum Dienst, in der Freizeit tut’s auch der Jogginganzug. Aber den müssen sie in der JVA kaufen – vom Taschengeld, dass die Häftlinge beantragen können, oder jemand außerhalb stellt ihnen den Betrag dazu zu Verfügung. Von diesem Geld können die Häftlinge sich auch einen Fernseher kaufen oder mieten - mit dem gibts dann alle Programme, die Öffentlich-Rechtlichen genauso wie die Privaten. Allerdings gibt es kein Bezahlfernsehen, kein Sky. Das bedeutet: Uli Hoeneß wird auf die Sportschau in der ARD oder das Aktuelle Sportstudio im ZDF umsteigen müssen und kann die Champions-League-Spiele seiner Bayern nur im Free-TV schauen. Genauso wenig dürfen die Häftlinge ein Handy oder einen Laptop besitzen, auch telefonieren dürfen sie nur in den dringendsten Fällen, sonst einmal im Monat.

Auch Besuch empfangen sie nur zweimal, manchmal dreimal im Monat. Ist Gefangene umgezogen, bezieht er seine Zelle. „In der Regel bekommen die Gefangenen erst einmal eine Doppelzelle“, erklärt Monika Groß, die Leiterin der JVA. „Die erste Zeit im Vollzug ist eine sehr sensible Phase, in der wir die Insassen nur ungern allein lassen – es sei denn, es liegen medizinische Gründe vor.“

Sehen Sie hier: Bilder von der JVA Landsberg: Strafvollzug in Deutschland

In dieser Zeit haben sie psychologische Gespräche, es kommt ein Seelsorger und es wird mit dem Gefangenen zusammen ein Vollzugsplan erstellt. Wichtig dabei ist, warum er verurteilt wurde, aus welchen Verhältnissen er kommt und wie sein Leben in Haft angehen möchte. Erst danach ziehen die Gefangenen in der Regel in Einzelzellen um.

Die Gänge sind lang in der JVA Landsberg. Alle drei Meter die nächste orange Tür. Zwischen den Gängen auf den Stockwerken sind grüne Fangnetze gespannt. Niemand soll sich hinunterstürzen können. Die Zellen selbst sind winzig. Zwölf Quadratmeter groß ist eine Doppelzelle, Einzelzellen zwischen sieben und neun Quadratmetern. Neben der orangenen Tür ist links eine Toilette, daneben das Waschbecken mit einer Ablage für Zahnbürste, Zahnpasta, Rasierer, Seife. Daneben stehen ein Tisch mit Stuhl und ein Kleiderschrank mit vier Bügeln und fünf Fächern. Gegenüber ein Nachttisch und eine Pritsche. Es gibt keine Federkernmatratzen, sondern welche aus Schaumstoff.

Die Bettwäsche ist blauweiß-kariert. Auch die von Hoeneß. „Wir haben keine Exklusivzimmer. Jeder ist gleich, der hier her kommt“, sagt die JVA-Leiterin. Ob Ulrich Hoeneß sich für die Arbeit in der Bäckerei, in der Metzgerei oder in der Kfz-Werkstatt entscheidet – den Beamten ist das egal. „Allerdings wird von unseren Häftlingen erwartet, dass er arbeiten geht. Wir sind eine Selbstverpflegungsanstalt. Wir machen alles selbst. Darum gibt es hier auch alle Möglichkeiten, um tätig zu werden“, sagt Röck.

Als Tagessatz verdienen die Häftlinge im Schnitt 11,94 Euro Tagessatz. Diesen Satz müssen sie nicht versteuern. „Falls einer der Häftlinge außerhalb der JVA arbeiten kann – natürlich nach Vereinbarung mit uns – kann er dies unter Umständen auch tun. Allerdings nur im offenen Vollzug. Das kommt jedoch sehr, sehr selten vor, da viele mit Eintritt in die Anstalt keinen Arbeitgeber haben“, sagt Groß.

Montags bis freitags werden die Häftlinge um 5.50 Uhr mit einem schrillen Ton geweckt. Um 6.10 werden die Zellen aufgeschlossen, um 6.20 steht in der Küche das Frühstück bereit, das sich jeder Häftling an der Ausgabe abholen kann. Gegessen wird in der Zelle. Das muss zügig gehen, um 7 Uhr ist in den Betrieben der JVA Arbeitsbeginn. Untätige, die nicht arbeiten, werden wieder eingeschlossen. Mittagessen gibt es im großen Speisesaal zwischen 11 und 12 Uhr, in Schichten, weil nicht für alle Platz ist.

Lesen Sie hier: JVA Landsberg: Zellen-Besichtigung für Presse

Hoeneß wird wohl eher auf die Schinkennudeln Appetit haben als auf die vegetarischen Gemüsenudeln. „Aber wir bieten immer etwas Vegetarisches an, das ist ja mittlerweile auch in Haftanstalten nachgefragt“, sagt ein Aufsichtsbeamter. Nach dem Mittagessen wird wieder gearbeitet, bis 15.30 Uhr. Danach wird durchgezählt. Gegen 16.40 Uhr steht das Abendessen bereit. Von 17 bis 19 Uhr werden die Zellen aufgeschlossen: zwei Stunden Freizeit.

 

Die einen leihen sich in dieser Zeit Bücher in der Bücherei aus, die anderen machen einen Yoga-Kurs zum entspannen, wieder andere lernen Didgeridoo oder aber gehen zum Training. „Sport wird hier sehr groß geschrieben“, so JVA-Chefin Groß. Nahezu jeden Tag trainiert eine Fußballmannschaft, drinnen in der Halle oder draußen auf dem Fußballplatz. Andere spielen Volleyball, Basketball oder Tischtennis. Immer wieder gibt es auch Turniere – innerhalb der JVA oder gegen andere Anstalten. Röck: „Allerdings kann kein Häftling die Leitung dieser Mannschaften übernehmen, dafür haben wir extra Sportbeamte.“

Hoeneß kann in den JVA-Mannschaften also höchstens mitspielen. Aber auch nur, wenn gerade ein Platz frei ist und er den dazu nötigen Antrag stellt. Er könnte sich auch in der JVA-eigenen Kirchengemeinde engagieren. Ein Chor begleitet die Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen. „Die Christmette ist der am besten besuchte Gottesdienst hier – wie überall“, sagt der Leiter des Vollzugsdienstes.

Lesen Sie hier: Hoeneß in der JVA: Promi-Bonus gibt's nicht

Trotzdem: Jeden Sonntag um halb zehn wird Gottesdienst gefeiert. „Für Evangelische haben wir auch eine eigene Kapelle, aber nicht so eine schöne Kirche“, sagt Röck. Die ist im Beuronischen Stil gebaut. Auffällig sind die steil nach unten abfallenden Kirchenbänke wie in einem griechischen Theater. „Das dient einzig und allein der Sicherheit. So können wir mit wenig Personal den gesamten Innenraum der Kirche sichern.“

Ob Hoeneß hier die Christmette besucht? Noch ist unklar, wann er seine Haftzeit antritt – zum Champions-League-Spiel nach Manchester heute reist er auf jeden Fall nicht mit. Auch weiß niemand, wann sein Vollzug in einen offenen umgewandelt wird. Wenn er Freigang kriegt, könnte er daheim am Tegernsee mit der Familie Weihnachten feiern.

 

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