Uli Hoeneß: Seine Reue heißt Attacke

Uli Hoeneß hat seine Strafe (zur Hälfte) abgesessen, er ist völlig zu Recht wieder ein freier Mann. Kein Mensch verlangt von ihm, dass er fortan im Büßergewand durchs Leben läuft. Niemand fordert, dass er in Demut versinkt. Aber die Gesellschaft darf von Uli Hoeneß erwarten, dass auch er seinen Teil zur Resozialisierung beiträgt. Sich in einem Hochamt mit gefühlt 130 Prozent wieder zum Präsidenten des FC Bayern München wählen zu lassen ist legitim; für seine Anhänger Würstel zu grillen ist nett. Aber das allein reicht nicht.
Es gehört mehr dazu: Zum Beispiel, dass Uli Hoeneß es ernst meint mit der rund um seine Verurteilung geäußerten Reue und Einsicht, beides wichtige Grundlagen für die Resozialisierung von Straftätern. Reue, Einsicht und auch Respekt - daran muss der gute Mann vom Tegernsee sein weiteres Verhalten messen lassen, zumal und gerade in der Zeit der Bewährung. Wenn Hoeneß - wie jetzt ausgerechnet im Steuerparadies Liechtenstein - zu einem Rundumschlag gegen Justiz und Medien ausholt, dann passt das einfach nicht zusammen. Wenn er behauptet, der einzige deutsche Steuersünder zu sein, der trotz Selbstanzeige ins Gefängnis musste, dann sind das alternative Fakten. Seine Selbstanzeige kam zu spät und sie war nicht vollständig. Deshalb ist Uli Hoeneß verurteilt worden. Angesichts der enormen Höhe von 28,5 Millionen Euro an hinterzogenen Steuern führte am Gefängnis auch kein Weg vorbei. Und schließlich: Wenn die personifizierte Abteilung Attacke jetzt die Justiz angreift, dann zielt Hoeneß damit auch auf genau jenes System, das es ihm erst ermöglicht hat, in den Genuss der sogenannten Halbstrafe zu kommen. Ein Privileg, welches in Bayern nur sehr wenigen Straftätern zuteil wird.
Hat Uli Hoeneß nichts gelernt aus seiner Zeit im Gefängnis?
Uli Hoeneß ist viel zu intelligent, um all das nicht zu wissen. Dass er sich dennoch als uneinsichtiges Opfer inszeniert, ist umso verwerflicher, macht verständnislos, viele auch wütend. Ihm damit aber gleich mit einer Rückkehr in den Knast zu drohen, wie dies nun der wahlkämpfende nordrhein-westfälische Justizminister Kutschaty tut, ist ebenso überzogen. Mit seinen Äußerungen hat Uli Hoeneß keine erneute Straftat begangen, er hat wohl auch gegen keine Bewährungsauflage verstoßen. Aber der forsche Auftritt in Vaduz provoziert die Frage, ob hier jemand gar nichts gelernt hat aus seiner Haft. Diese kontrast-demütige Rede in Liechtenstein, sie ist eine Steilvorlage für alle, die immer schon gewusst haben wollen, dass Uli Hoeneß und all die anderen da oben es nicht wirklich ernst meinen mit ihren Worten von Reue, Läuterung und gesellschaftlicher Verantwortung, dass sie abgehoben sind und bleiben. Das ist schlimm genug.