Uli Hoeneß: Sein großes Schweigen

Heute spielen der FC Bayern und Barcelona um seinen Pokal – doch seit der Steuer-Affäre hat sich Uli Hoeneß zurückgezogen, zeigt sich selten und spricht fast nie. Die Chronologie
von  Patrick Strasser

München - So etwas gibt es sonst nur beim FC Barcelona. Einen Pokal benannt nach einer Vereinsgröße, verliehen nach einem Freundschaftsspiel, das einer Klub-Persönlichkeit gewidmet ist. Die „Joan Gamper Trophy” wird jeden August ausgespielt – zu Ehren des legendären Klubmitbegründers und späteren Präsidenten aus der Schweiz.

Daran orientierte man sich beim FC Bayern. Und schenkte Uli Hoeneß, wie zuvor schon Franz Beckenbauer, einen eigenen Pokal. Zu seinem 60. Geburtstag im Januar 2012 wurde die Geschichte verkündet. Als Gegner konnte man die – damals – beste Mannschaft des Kontinents gewinnen: Barça. Sämtliche Einnahmen der Partie werden der von Hoeneß unterstützten Dominik Brunner Stiftung für Zivilcourage gespendet. „Ich freue mich wahnsinnig auf dieses Spiel und besonders darüber, dass ich mit den Erlösen soziale Zwecke unterstützen kann”, sagte Hoeneß. Das war im Februar. Da hatte der Bayern-Präsident schon eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung eingereicht. Die Münchner Staatsanwaltschaft leitete dann ein Ermittlungsverfahren ein, am 20. März durchsuchte die Staatsanwaltschaft sein Haus am Tegernsee. Die Öffentlichkeit erfuhr von dem Fall am 20. April, als die Bayern zum Spiel nach Hannover reisten.

Nun ist der Tag gekommen, der mittlerweile 61-Jährige erhält sein Geschenk. Doch allein der Name für dieses Testspiel dürfte ihm nun unangenehm sein, der öffentliche Auftritt ebenso. Als es noch den Franz-Beckenbauer-Pokal gab, überreichte dieser dem Sieger nach Spielende noch auf dem Platz die Trophäe. Auch Hoeneß will es so halten?

Zuletzt hat der Präsident sich rar gemacht, zumeist auf öffentliche Auftritte verzichtet. Letzten Samstag sah er sich am Tag eins des Telekom-Cups die Partie seiner Bayern gegen den HSV (4:0) an.. Letzten Donnerstag war Hoeneß zu Gast im „Camp Beckenbauer” in Going, diskutierte mit den Fußball-Granden. Zu den Medien? Kein Wort. Lieber spielte er eine Runde Golf.
Und zuvor? Die AZ dokumentiert seine Auftritte seit Beginn der Triple-Feierlichkeiten – und sein Schweigen.

11. Mai: Bayern bekommt die Meisterschale überreicht. Hoeneß nimmt, einen Fanschal um den Hals, am Autokorso durch die Stadt neben Sportvorstand Sammer und Meistertrainer Heynckes teil – nur der Zuspruch der Fans bessert seine Laune.

25. Mai: Das Champions-League-Finale in London. Hoeneß begrüßt Tribünengast Bundeskanzlerin Angela Merkel freundlich, aber zurückhaltend. Nach dem Triumph über Dortmund müssen ihn die Spieler um Bastian Schweinsteiger zwingen, das gute Stück in die Hand zu nehmen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge würdigt ihn beim Bankett: „Uli hat schwierige Zeiten hinter sich. Aber was diesen Klub auszeichnet, ist, dass wir alle Freunde sind – und schwierige Zeiten zusammen durchstehen. Deshalb, Uli: Alles Gute!”

29. Mai: Den Vortrag hatte die IDG Media AG lange vor der Steueraffäre gebucht, also nimmt Hoeneß den Termin wahr – und plaudert aus, dass der künftige Coach Pep Guardiola Neymar holen wollte – Bayern ihn aber zu Götze überredete.

1. Juni: Das Triple ist nach dem 3:2 gegen Stuttgart perfekt, der Tag im Leben des Bayern-Präsidenten. Hoeneß hält sich zurück, legt sich spätnachts lediglich kurz mit einem Reporter an. Früh wie nie verlässt er die Berliner Siegesparty.

4. Juni: Bei der Abschieds-Pressekonferenz begleitet Hoeneß seinen Freund, den scheidenden Trainer Jupp Heynckes. Er wirkt wehmütig.

24. Juni: Wieder ein riesiger Medien-Auflauf in der Allianz Arena, diesmal zur Präsentation Guardiolas. Hoeneß ist stolz, sagt: „Oben sein ist das eine, oben bleiben das andere. Das ist eine große Herausforderung und deshalb ist Guardiola der Richtige.” Sein letztes öffentliches Zitat.

Weitere Auftritte: Hoeneß geht auf die Beerdigung von Münchens Ex-OB Erich Kiesl und zum „Klassic Open Air” am Odeonsplatz. „Uli hat sich etwas zurückgezogen”, sagt Rummenigge, „ich finde das klug und richtig.” Und das Verfahren? Laut „Spiegel” will die Staatsanwaltschaft München II angeblich eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung beantragen. Zudem solle Hoeneß eine Strafe von 720 Tagessätzen zahlen.

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