Uli Hoeneß im Interview: „Ich fühle mich sauwohl“

Am Dienstag wird Uli Hoeneß erstmals als Präsident durch die Hauptversammlung des FC Bayern führen. Hier erklärt er, warum er nicht den Franz gibt – und was van Gaal, Schweinsteiger und die Mitglieder erwartet .
AZ: Herr Hoeneß, neue Ämter bedeuten auch neue Aufgaben. Bei der Jahreshauptversammlung am Dienstag in der Olympiahalle werden Sie erstmals durch den Abend führen. Im November 2009 haben Sie Franz Beckenbauer als Präsident abgelöst. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
ULI HOENESS: Das soll ja keine Showeinlage werden. Als Präsident muss ich durch den Abend führen. Ich habe mich in den letzten Jahren auch immer köstlich über den Franz amüsiert, aber ich will ihn da nicht kopieren.
Wie wird denn Ihre Bilanz ausfallen? Der FC Bayern 2010, Uli Hoeneß in neuer Rolle 2010?
Ich sehe kein gravierendes Problem, es wird eine ganz ruhige, gemütliche Versammlung werden. Wahlen stehen ja auch keine an.
Es sei denn, Sie kommen auf Louis van Gaal zu sprechen, oder sind alle Differenzen zwischen Ihnen wirklich ausgeräumt?
Zu diesem Thema werde ich mich nicht äußern, das habe ich ja schon gesagt.
Auch nicht gegenüber den Mitgliedern auf der Versammlung? Die werden ein Wort zum Trainer hören wollen.
Das weiß ich noch nicht, mal sehen. Ich habe Dienstag vormittags keine Termine, habe Zeit, mich vorzubereiten. Meine besten Reden waren aber immer diejenigen, die ich frei gehalten habe.
Na, dann. Und sonst?
Wir hatten sportlich in den letzten zwölf Monaten überragenden Erfolg – klammern wir mal diese Vorrunde in der Bundesliga aus, aber da habe ich mittlerweile auch ein ganz gutes Gefühl. Alle versprochenen Präsidentengespräche haben stattgefunden, es gab eine Mitglieder-Befragung zum Basketball. Das wurde bestens angenommen, die Halle ist immer ausverkauft – wunderbar.
Und Finanzchef Karl Hopfner wird erneut beeindruckende Zahlen präsentieren.
Die sind gigantisch!
Was daran liegt, dass die Allianz Arena mittlerweile eine hundertprozentige Tochter der FC Bayern AG ist und alle Einnahmen direkt in die Kredit-Rückzahlung fließen.
Ja, ursprünglich waren wir davon ausgegangen, dass wir 15 bis 20 Jahre brauchen, um das Stadion abzubezahlen.
Die Gesamtkosten betragen inklusive Finanzierungskosten rund 340 Millionen Euro.
Richtig. Und in etwa acht Jahren werden wir keine jährliche Belastung mehr haben, Alle Einnahmen aus der Tilgung fließen dann direkt in die Mannschaft.
Genug Geld also, um etwa mit Bastian Schweinsteiger den Vertrag über 2012 hinaus zu verlängern.
Ich spreche nicht über einzelne Spieler, aber ich bin mir sicher, dass er diesmal mit Standing Ovations empfangen wird von den Mitgliedern.
Letztes Jahr gab es Pfiffe gegen ihn.
Das war ein Schock für Bastian, er hat das nicht für möglich gehalten. Aber die Masse der Leute ist nicht bösartig, sie haben ein feines Gespür. Das hat auch Louis van Gaal letztes Jahr gemerkt. Da ist eine tiefe Verwurzelung im Verein, die Mitglieder lassen sich nicht ins Bockshorn jagen. Daher werden wir etwas an der Satzung ändern.
Was denn, bitte?
Wir kommen den Mitgliedern entgegen. Wir werden freiwillig die 50+1-Regel kippen. Ich gehe davon aus, dass die Mitglieder zustimmen.
Diese Regelung besagt, dass es laut eines Paragraphen in den DFL-Statuten Kapitalanlegern nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit in von Vereinen gegründeten Kapitalgesellschaften zu übernehmen.
Das heißt, wir könnten 49 Prozent unserer Aktienanteile verkaufen. Das machen wir aber nicht, sondern maximal 30. Wenn unsere AG mehr als 30 Prozent verkaufen wollen würde, bräuchte es eine Dreiviertelmehrheit der Mitglieder. Wenn Sie so wollen, ist es damit eine 70+1-Regel. Ein großer Schritt, ein Zugeständnis an die Mitglieder.
Wie war das Jahr für Sie persönlich?
Ich fühle mich sauwohl in meiner Position. Natürlich ist es im Rückblick viel schöner da unten bei der Mannschaft, da ist man näher dran – aber ich habe diese Entscheidung aus freien Stücken getroffen. Es war der richtige Entschluss. Ich möchte nicht den Fehler machen, wie so manche mittelständische Unternehmen, die unvorbereitet die Nachfolgesituation regeln.
Im Sommer bekam Andreas Jung (49) einen Platz im Vorstand, er ist zuständig für Sponsoring und Events.
Es war immer klar, dass meine Nachfolge nicht mehr von einer Person bewältigt werden kann. Jung und Christian Nerlinger kennen den Verein, machen ihre Arbeit und erfüllen in aller Ruhe ihre Aufgaben bis 30. Juni 2012. Ich betrachte den Verein als etwas Beständiges. Der FC Bayern ist ein Fluss, es muss alles sauber ineinander übergehen. Meine Vorstellung ist es, als Präsident über den Verein zu wachen.
Interview: P. Strasser