Uli Hoeneß: Die Langeweile in der Bundesliga kommt noch früh genug

Der Bayern-Boss stärkt Trainer Kovac den Rücken und ist "zuversichtlich", dass der Meister bald zu gewohnter Stärke und Überlegenheit findet. "Wenn es mal läuft, wird es schwierig für die Anderen."
von  Julian Buhl und Florian Kinast

AZ: Herr Hoeneß, der 95:86-Sieg der Basketballer des FC Bayern am Mittwochabend gegen den spanischen Topklub Real Madrid hat Ihnen sicher mehr Freude bereitet als der mühevolle 2:1-Erfolg der Fußballer am Dienstag im Pokal beim Zweitligisten VfL Bochum, oder?
ULI HOENESS: Schon. Aber wir müssen jetzt auch nicht verrückt spielen. Im Pokal muss man weiterkommen – alles andere zählt nicht.

Waren Sie nicht ein wenig geschockt von dem, was sich in Bochum auf dem Platz abgespielt hat, der schwachen Leistung Ihrer Bayern?
Wir sollten nicht übertreiben. Wir sind mit unserer Mannschaft kritisch genug. In der ersten Stunde war das nix, gar keine Frage. Aber in der letzten Viertelstunde, als die Bochumer total kaputt waren, haben wir das Spiel dann nach Hause getragen. Jeder, der selber mal gespielt hat, hat im Pokal auch manchmal ganz, ganz enge Sachen gegen schwächere Gegner erlebt. Auch gewisse TV-Experten, die teilweise aber ein ziemliches Kurzzeitgedächtnis zu haben scheinen. Im Moment müssen wir gewinnen und das gute Spiel kommt von selbst.

Hoeneß: "Wir jammern auf hohem Niveau"

Aber es holpert ja nun schon seit einigen Wochen im Bayern-Spiel.
Ja. Aber wir jammern hier auf hohem Niveau. Wir sind in der Champions League ungeschlagen, in der Meisterschaft dabei. Eines sage ich ihnen: Die Langeweile in der Bundesliga kommt noch früh genug.

Manuel Neuer hat in Bochum sehr kritische Worte gefunden, er sprach – bezogen auf die erste Halbzeit – von fehlendem Charakter.
Ich finde es prima, wenn der Kapitän das so deutlich anspricht. Denn man sollte aufhören, immer nur auf den Trainer einzuhauen, die schlechten Spiele macht nicht der Trainer, sondern die Mannschaft. Wenn die sich mal zusammensetzen und sich darüber klar werden, dass sie besser spielen müssen als zuletzt, dann sind wir einen schönen Schritt weiter.

Das heißt, irgendwann sieht man die Bayern wieder mit dem Fernglas?
Das haben Sie jetzt gesagt. Ich möchte das nie mehr sagen, da habe ich genug Ärger dafür bekommen (lacht).

Mit dem Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt am Samstag und dann nächste Woche gegen Borussia Dortmund stehen in der Bundesliga nun keine einfachen Aufgaben an.
Ich Freude mich auf die Spiele in Frankfurt und auch gegen Dortmund, weil ich gar keine Sorgen habe, dass unsere Mannschaft die zu leicht nimmt. Bei unserer Mannschaft habe ich immer das Gefühl: Dann, wenn es darauf ankommt, wie in Tottenham, wie in Leipzig, wie auf Schalke, dann spielt sie gut und die Spieler geben Gas. Bei den vermeintlich leichteren Gegnern tun sie sich schwer. Die nächsten beiden Spiele sind ja keine leichten, sondern schwere Spiele. Deswegen bin ich ziemlich zuversichtlich, dass wir da gut spielen werden.

Entscheiden die beiden Spiele, wo die Saison für den FC Bayern hingeht?
Nein. Wir sind gerade mal bei einem Drittel der Saison. Das muss man relativieren. Wenn wir die beiden Spiele jetzt gewinnen sollten, schaut es ganz gut aus.

Hoeneß über Kovac: "Aufhören, immer nur auf den Trainer einzuhauen"

Niko Kovac hat sich nach dem Bochum-Spiel auch sehr kritisch Richtung seiner Spieler geäußert. Hatten Sie nicht das Gefühl, dass die ihn im Stich gelassen haben?
Wir wollen hier kein Scherbengericht machen. Wir fangen jetzt schon an, uns nach Siegen auseinanderzunehmen. Das dürfen Sie nicht so machen, da müssen wir uns schon dagegen wehren. Das Hauptproblem bei allen großen Mannschaften sind diese unsäglichen Länderspielpausen zwischendurch. Vier Mal wird für zwei Wochen unterbrochen. An der Säbener Straße trainieren dann vier Profispieler. Der eine kommt aus Abu Dhabi, der andere aus Singapur, der dritte aus Los Angeles zurück. Und so sollst du eine Mannschaft, die relativ neu und mit einigen Neuzugängen zusammengestellt ist, einspielen. Dafür hatten wir eigentlich kaum Zeit. Deswegen wird es immer wieder holpern, keine Frage. Aber wenn es mal läuft, dann wird es schwierig für die Anderen.

Sie sind aktuell also noch entspannt?
Ich bin sehr zuversichtlich.

Das sind Sie sicher auch bei den Basketballern der Bayern nach dem Coup gegen Real Madrid, oder? Wie ist der einzuordnen?
Wenn man Real Madrid, die auch im Basketball eine Macht in Europa sind, hier schlägt, dann kann man schon sagen, dass man einen schönen Schritt weitergekommen ist. Die letzten Jahre haben wir ja immer gegen Real verloren.

War das ein Zeichen, dass man bei dem Ziel, zu den Top 8 in der Euroleague zu gehören, auf dem richtigen Weg ist?
Das ist mir noch zu früh. Wir haben jetzt insgesamt fünf Spiele hinter uns und vier waren zuhause. Drei davon konnten wir gewinnen. Wir müssen jetzt zeigen, dass wir auch auswärts spielen können. Nur die Heimspiele zu gewinnen, das reicht nicht.

Wie schätzen Sie die Mannschaft im Vergleich zu der vom vergangenen Jahr ein?
Das ist noch schwierig zu sagen, weil wir natürlich überragende Spieler verloren haben: Jovic, Booker und Williams. Schade, dass unser Neuzugang TJ Bray noch nicht gesund ist, denn der war als wichtiger Pfeiler in unserer neuen Mannschaft eingeplant. Ich hoffe, dass er nach Weihnachten spielen kann.

Wie optimistisch sind Sie denn, dass Sie auch von den Fußballern noch in dieser Saison einen Sieg gegen Real Madrid sehen werden?
Real können wir ja frühestens im Frühjahr 2020 kriegen. Bis dahin wird unsere Mannschaft eingespielt sein. Und dann mache ich mir keine Sorgen, dass wir Real Madrid nicht schlagen können.

Lesen Sie hier: FC Bayern - Ärger um Fan-Spruch - Niko Kovac bleibt bei seiner Meinung

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