Uli Hoeneß: Bayerns mächtiger Mann im Hintergrund liegt im Clinch mit seinem Trainer Thomas Tuchel

Trotz der aktuellen Länderspielpause gibt es beim FC Bayern derzeit mächtig Gesprächsstoff. Die beiden Hauptakteure: Thomas Tuchel und Uli Hoeneß.
von  Maximilian Steiger
Uli Hoeneß (r.) und Thomas Tuchel waren sich schon öfter uneins. Nun schießt der Ehrenpräsident in Richtung Trainer.
Uli Hoeneß (r.) und Thomas Tuchel waren sich schon öfter uneins. Nun schießt der Ehrenpräsident in Richtung Trainer. © David Inderlied/dpa

München - Es gibt wirklich eine Menge Regeln, die es für einen Trainer im Kosmos des FC Bayern zu beachten gilt. Die mit Abstand wichtigste an der Säbener Straße lautet: Uli Hoeneß hat immer recht!

Uli Hoeneß schießt in Richtung FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel

Thomas Tuchel hat dieses eherne Gesetz beim deutschen Rekordmeister offenbar zuletzt missachtet – und deshalb prompt vom Patron des FC Bayern einen Rüffel kassiert.  Bei RTL kritisierte Hoeneß seinen aktuellen Cheftrainer zuletzt mehr als deutlich. Vor allem monierte der 71-Jährige dessen "unkluge Äußerungen" bezüglich der Transferpolitik des FC Bayern und bezeichnet diese als "gefundenes Fressen für die Medien".

Diese Hoeneß-Attacke hat laut "Sport Bild" nun wiederum bei Tuchel für größere Irritationen gesorgt, weil sie zeigt, dass die immer noch wichtigste Person beim FC Bayern öffentlich vom Cheftrainer abrückt – und ihn somit beschädigt.

Im RTL-Interview hatte Hoeneß sogar sehr genau beschrieben, welche rote Linie Tuchel überschritten hatte: "Weil ich nicht mein eigenes Team schlecht aussehen lasse, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt", erklärte der 71-Jährige. Er könne die Kader-Kritik einfach nicht verstehen: "Wenn Sie jedes Wochenende sehen, was wir auf der Bank sitzen haben – nur Nationalspieler –, dann haben wir keinen dünnen Kader." Dass Tuchel sich bei seiner Kader-Kritik in erster Linie auf die personell schwach besetzte Defensive konzentriert hatte – geschenkt!

Vor allem eine Frage beim FC Bayern spaltet Tuchel und Hoeneß

Das Verhältnis von Tuchel zu Hoeneß bröckelt also ganz offensichtlich. Und als Ursache für die massiven atmosphärischen Störungen zwischen den beiden Alpha-Tieren gilt die gemeinsame Arbeit in der Transferkommission – und vor allem Tuchels ständige Forderungen nach einer "Holding Six". Während Tuchel nahezu jede Gelegenheit nutzte, um öffentlich den von ihm gewünschten Spielertypen zu fordern, stellte Hoeneß auch hier gegenüber den Medien unmissverständlich klar: "Die Frage auf der Sechs stellt sich mir gar nicht!" Man habe schließlich von RB Leipzig Konrad Laimer verpflichtet, wie Hoeneß im Trainingslager erklärte.

Aber trotz des Hoeneß-Machtworts vom Tegernsee kämpfte Tuchel weiter dafür, den Spielertypen zu verpflichten, den er so in seinem Kader nicht sieht. Augenscheinlich schien der 50-Jährige dann auch gewonnen zu haben und hätte mit João Palhinha fast seinen Wunschtransfer erfüllt bekommen.

Doch dieser Deal scheiterte bekanntermaßen, obwohl sich der Portugiese bereits in München befand und auch schon den obligatorischen Medizincheck durchlief. Stattdessen verlängerte der 28-Jährige seinen Vertrag beim FC Fulham bis 2028. Ob ein Transfer nun im Winter zustande kommt ist mehr als fraglich – zumindest, wenn man den Aussagen von Hoeneß Glauben schenkt.

"Eine größere Transferoffensive wird es nicht geben. Wenn wir bis dahin das Gefühl haben, dass wir Ergänzungen brauchen, werden wir das tun", beteuerte Hoeneß. Oberste Priorität dürfte beim FC Bayern ein Innenverteidiger sein, weitere Transfers seien mit Bedacht und auch mit Blick auf die Zukunft abzuwägen.

"Wir können nicht immer nur darauf achten, dass man jetzt im Hier und heute lebt, sondern dieser Verein soll die nächsten zehn Jahre gesund sein. Und wir sind stolz darauf, dass wir seit 30 Jahren vom Festgeldkonto leben. Und so soll es auch bleiben." Wenn Tuchel dieses Hoeneß-Machtwort nun ernst nimmt, erscheint ein Transfer der Größenordnung Palhinha eher unrealistisch.

Matthäus über Hoeneß-Aussagen: "Entsteht automatisch Misstrauen"

Dass Aussagen wie diese das Standing von Cheftrainer Tuchel schädigen, dürfte ein so erfahrener Mann wie Uli Hoeneß wissen. Auch Rekordnationalspieler und Ex-Bayern-Profi Lothar Matthäus sieht die jüngste Entwicklung kritisch. Gegenüber der "Sport Bild" drückte der 62-Jährige sein Unverständnis über die selbst produzierten Schlagzeilen aus: "Ich dachte, man hätte aus der Vergangenheit gelernt. Anscheinend ist es nicht so. Ich finde das nicht gut für die Stimmung, es ist unnötig", meint Matthäus und beteuert: "Der FC Hollywood war immer da und ist es weiter."

Lothar Matthäus zeigt sich irritiert von Hoeneß' Aussagen.
Lothar Matthäus zeigt sich irritiert von Hoeneß' Aussagen. © IMAGO/ dpa

Zudem äußerte sich Hoeneß zuletzt im BR zur Personalie Julian Nagelsmann, der im vergangenen März als Bayern-Trainer rausgeworfen wurde. "Den Trainer habe ich nicht ausgetauscht", erklärte der 71-Jährige. Die Trennung von Nagelsmann sei "nicht unbedingt klug" gewesen, führte Hoeneß weiter aus. Brisant: Noch Anfang April, kurz nach der Nagelsmann-Entlassung, sagte Hoeneß, dass er Tuchel "für die Ideallösung" als Bayern-Trainer halte. Nun also die Kehrtwende?

Dass Tuchel diese Aussagen treffen, glaubt auch der 150-malige deutsche Nationalspieler: "Wenn ich die Aussage von Uli Hoeneß als Trainer mitbekommen würde, dann würde ich mich fragen: Was mache ich überhaupt dort, wenn der andere Trainer besser ist als ich? Dadurch entsteht automatisch Misstrauen." Auch deswegen sei das Thema für Matthäus "sicher noch nicht beendet". Er erwartet, dass Tuchel auf diese Äußerungen antworten wird und dadurch weiteren Zündstoff liefern könnte...

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