Trotz England-Dominanz: Darum wird der FC Bayern auf dem Transfermarkt nicht abgehängt

Mit Raphaël Guerreiro vermeldete der FC Bayern seinen zweiten Sommertransfer. Vor allem durch Cleverness gelingt es dem Rekordmeister, noch immer auf dem Transfermarkt mitzuhalten. Cleverness, die auch diesmal gefragt sein könnte.
von  Victor Catalina
Der zweite – aber noch nicht letzte Neuzugang des FC Bayern in diesem Sommer: Raphaël Guerreiro.
Der zweite – aber noch nicht letzte Neuzugang des FC Bayern in diesem Sommer: Raphaël Guerreiro. © IMAGO / Ulrich Wagner

München – Am Freitag (23. Juni) stellte der FC Bayern seinen zweiten Neuzugang des Sommers vor: Raphaël Guerreiro kommt ablösefrei aus Dortmund. Bereits zu Beginn des Jahres sicherte man sich Konrad Laimer, ebenfalls ablösefrei, von RB Leipzig.

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Zu sagen, man hätte damit die neue Transferstrategie des Rekordmeisters entdeckt, wäre zu kurz gegriffen. "Wir werden viel Geld ausgeben. Bislang haben wir noch keins ausgegeben. Die zwei Transfers, die wir gemacht haben, oder gerade dabei sind zu machen, haben wir beide ablösefrei bekommen", erzählte Bayern-Präsident Herbert Hainer im Gespräch mit der "Bild".

Premier League verschlingt alles: Spieler zieht es nicht mehr zwingend zum FC Bayern

Dennoch wurde in diesem Sommer ebenfalls klar, dass es für den Rekordmeister zunehmend schwieriger wird, sich im obersten Regal zu bedienen. Declan Rice schien vom Interesse des Rekordmeisters geschmeichelt.

Letztendlich war ein Wechsel für ihn allerdings kein Thema – aus zweierlei Gründen: Erstens der Faktor Premier League: "Englische Spieler, englische Fans, der Engländer an sich, diese Premier-League-Affinität ist so allüberbordend, dass du nicht sagen kannst: Der will schon immer unbedingt zu Bayern", meinte Sky-Kommentator und England-Experte Joachim Hebel auf AZ-Nachfrage. 

Der zweite Faktor ist das Geld: Von seinem Heimatverein West Ham United wurde Rice' Wert auf 100 Millionen Pfund taxiert. Eine Zahl, mit der sein Trainer, David Moyes, überhaupt nicht mitgehen konnte. Rice sei "viel, viel mehr als 100 Millionen" wert. Man solle sich einige Spieler aus dem Ausland anschauen und den Einfluss, den sie bei ihren aktuellen Klubs haben. "Sie haben nicht ansatzweise den Einfluss, den Declan hätte. Sie können ihm nicht einmal die Schuhe binden", polterte der Schotte. 

Die Macht des Geldes bekam auch der FC Bayern zu spüren und verabschiedete sich zeitnah aus dem Poker. Neben Arsenal gilt nun auch Champions-League-Sieger Manchester City, um Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola, als Favorit auf eine Verpflichtung.

Kein Investoreneinstieg: FC Bayern muss auf dem Transfermarkt clever handeln

"Wenn der FC Bayern in der Premier League spielen würde, dann wäre es sicherlich einen Tick einfacher auf dem Transfermarkt", gab ihr ehemalige technische Direktor und jetzige Head of European Football der Berateragentur "CAA Stellar", Michael Reschke im Gespräch mit der "tz" zu. Daran sei zum einen die Spannung der Premier League verantwortlich.

Zum anderen auch die monetären Verhältnisse. Letzteres hätte sich mit einem Investoreneinstieg in der DFL ändern lassen können, den Bayern-Präsident Herbert Hainer in der "Bild" begrüßt hätte, letztlich aber abgeschmettert wurde.

Für den deutschen Rekordmeister ist auf dem Transfermarkt daher Cleverness gefragt. Napolis Kim Min-jae will man sich mithilfe einer Ausstiegsklausel sichern. Bei Teamkollege Victor Osimhen gestaltet sich die Angelegenheit wesentlich komplizierter.

Präsident Aurelio De Laurentiis hält alle Fäden in der Hand und hat sich, über die Jahre, den Ruf aufgebaut, einer der härtesten und unangenehmsten Verhandlungspartner im Business zu sein.

Das Angebot, das er nicht ablehnen kann, muss erst noch gemacht werden: Napoli-Präsident Aurelio De Laurentiis.
Das Angebot, das er nicht ablehnen kann, muss erst noch gemacht werden: Napoli-Präsident Aurelio De Laurentiis. © IMAGO / Italy Photo Press

Dass er den nigerianischen Nationalstürmer nur für eine utopische Summe ziehen lassen würde – wenn überhaupt – ist bei ihm eine Selbstverständlichkeit. Mutmaßlich landet der FC Bayern auch hier in der Sackgasse.

Warum der FC Bayern die perfekte Sturm-Lösung vielleicht schon in den eigenen Reihen hat

Zwar betont Herbert Hainer, dass beim FC Bayern Qualität vor Schnelligkeit gehe, "weil es sicherlich auch einiges kosten wird, genau den Stürmer haben, der zu uns passt und von dem wir alle überzeugt sind." Nichtsdestotrotz braucht es auch Alternativpläne.

Erste Saison, erste Meisterschale, wenigste Minuten pro Tor: Hat der FC Bayern die perfekte Lösung vielleicht schon in den eigenen Reihen?
Erste Saison, erste Meisterschale, wenigste Minuten pro Tor: Hat der FC Bayern die perfekte Lösung vielleicht schon in den eigenen Reihen? © IMAGO / Chai v.d. Laage

Ein solcher könnte Mathys Tel sein. Die 82 Minuten, die er in der abgelaufenen Bundesligasaison für ein Tor brauchte, sind Ligabestwert. Ihn könnte man zusammen mit Eric Maxim Choupo-Moting sowie einem weiteren, etwas erfahreneren Stürmer rotieren und langsam aber sicher mehr Verantwortung übernehmen lassen. Dass er dazu bereit ist, bewies der Kapitän der französischen U18-Nationalmannschaft bei seinen Einsätzen häufig genug. 

Vergangenen November, im Heimspiel gegen Werder Bremen, nahm sich Tel die Kugel, lief los und vollendete selbst, obwohl Kingsley Coman und Serge Gnabry als Anspielstationen mitgelaufen waren. "Erstmal habe ich mich gefreut, dass er getroffen hat. Aber eigentlich darf er da nicht schießen, sondern muss abspielen auf Kingsley Coman", rüffelte Julian Nagelsmann den Youngster.

FC Bayern: Clever wie 2013 oder kostspielig wie 2022?

Bereits in der Triple-Saison 2012/13 erwies sich der Drei-Mann-Sturm aus Mario Mandzukic, Mario Gomez sowie Claudio Pizarro als Königslösung. Mindestens einer der drei war immer in Form und sorgte für die nötigen Tore. Pizarro kam ablösefrei aus Bremen (zurück), Mandzukic für schlanke 13 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg.

Egal, ob es die clevere Lösung sein darf. oder, wie vergangenen Sommer in den Fällen von Sadio Mané oder Matthijs de Ligt, die etwas kostspieligere: Der FC Bayern hat bewiesen, dass er auf dem Transfermarkt zwar etwas größere Grenzen hat, aber dennoch überlebens- und konkurrenzfähig ist.

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