Trainer Tuchel kann (noch) keine Topspiele beim FC Bayern – woran das liegen könnte

München - Das 2:2 des FC Bayern in Leipzig war letztendlich doch ein Fortschritt, so zumindest der Konsens im Verein. Für Joshua Kimmich überwog aufgrund der zweiten Hälfte gar das Positive.
Dennoch bleibt ein Nachgeschmack: Die zweite Halbzeit alleine gesehen ist durchaus ein Statement. Im Ergebnis zeigt es sich jedoch nicht. Dazu hätte es eines weiteren Treffers bedurft.
Nach einer schwachen ersten Hälfte mit 0:2-Rückstand bei einem der formstärksten Teams der Bundesliga noch stärker zurückzukommen und zu gewinnen – so lautet eigentlich das Bayern-Narrativ. Über Jahre oder vielleicht sogar schon Jahrzehnte hinweg wussten die Gegner, dass sie stark sind, der deutsche Rekordmeister, wenn es drauf ankommt, aber noch ein bisschen stärker.
Tuchel hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass er Topspiele kann
Bei Tuchels Ex-Klubs waren genau diese Topspiele seine Stärke. Ein paar Wochen war er als Mainzer Coach im Amt, da feierte er einen 2:1-Sieg über den FC Bayern. Mit Borussia Dortmund gewann Tuchel den DFB-Pokal. Auf dem Weg dorthin gab es einen 3:2-Erfolg in der Allianz Arena.
Paris Saint-Germain führte Tuchel in ihr erstes Champions-League-Finale überhaupt, gewann mit Chelsea ein Jahr später den Titel und schaltete dabei Real Madrid (1:1, 2:0) sowie Manchester City im Endspiel (1:0) aus.
Klingt also eigentlich alles nach einem "Perfect Match" zwischen den Bayern und Tuchel. Doch in den vergangenen Monaten fiel es Mannschaft und Trainer schwer, genau dieses herzustellen. Zum Amtsantritt gab es ein 4:2 über Borussia Dortmund. Seitdem wartet der FC Bayern auf das ganz große Ausrufezeichen gegen eine gleichwertige Mannschaft.
Von "schockverliebt" über schockiert bis hin zu lobend: Tuchel probiert in großen Duellen alles aus
Gegen Manchester City in der Vorsaison war Tuchel nach der Partie, trotz 0:3-Klatsche, "schockverliebt", wohl auch, um der verunsicherten Mannschaft nach dem überraschenden Trainerwechsel Stabilität zu geben.
Nach dem 1:3 gegen RB Leipzig waren alle Beteiligten auf Bayern-Seite vielmehr schockiert. Es war ein Spiel, das den Münchnern fast den Meistertitel kostete. Dementsprechend deutlich wurde Tuchel, vor allem bezüglich des Ausgleichstreffers, der die Partie zum Kippen brachte. Man müsse tun, was nötig ist und taktisch foulen, anstatt den Kopf einzuziehen.
Supercup-Pleite zum Saisonstart: Tuchel wird deutlich
Auch in der neuen Saison hat Tuchel einen großen Schlüsselbund, einige Chipkarten und vielleicht die ein oder andere Fernbedienung in der Tasche. Das Tor zum Bayern-Erfolg bleibt allerdings geschlossen oder lässt sich nur teilweise öffnen.
Ein weiteres Mal hat Tuchel mit Gewalt daran gerüttelt, nach der 0:3-Niederlage im DFL-Supercup: "Es fühlt sich an, als hätten wir vier Wochen gar nichts gemacht, als hätten wir uns gerade erst getroffen. So sind wir nicht angekommen." Im Anschluss holte er den Werkzeugkasten und machte sich an die Reparaturarbeiten.

Diese wurden gegen Bayer Leverkusen erstmals in Teilen ersichtlich. Der FC Bayern parkte "La Xabineta" – im Spanischen wird mannschaftliche Geschlossenheit gerne durch einen Bus dargestellt, mit dem Trainer als Fahrer – von allen Seiten zu. Harry Kanes Führungstreffer war die logische Konsequenz. Zwar war auch diesmal nicht alles gut, der FC Bayern habe sich "schwergetan, wieder einmal, das Niveau zu halten", aber Tuchels Duktus wurde etwas milder. Die ersten 20 Minuten seien "die besten der Saison" gewesen.
Nach RB-Remis: Tuchel will auf den guten Ansätzen aufbauen
Am Wochenende gab es dasselbe Ergebnis, nur in anderer Zusammensetzung, der Rekordmeister holte in Leipzig einen 0:2-Rückstand auf. Nach dem Spiel nahm Tuchel die schwache erste Hälfte auf sich und lobte stattdessen sein Team.
Man habe sich "nicht geschlagen gegeben, nicht akzeptiert, zu verlieren", erklärte der 50-Jährige, "und das ist im Moment, glaube ich, der große Unterschied zur letzten Saison. Dass uns diese Spiele nicht komplett entgleiten. Wir geben das Spiel nicht her, wollen es nicht wahrhaben und tun alles dafür, dass es nicht so bleibt – das ist sehr gut."
Dass die Performances so unterschiedlich ausfielen, besorgt Tuchel nicht. Der eigene Plan solle verbessert werden. Man würde noch nach dem richtigen Weg suchen, um Topspiele anzugehen.

Von Gegentore kassieren und Spiele hergeben, über Dominanz in Phasen bis hin zu den ersten Statements über eine Halbzeit hinweg. Der folgende Schritt wäre dann wieder der, der sowohl für Tuchel als auch den FC Bayern selbstverständlich ist: Gewinnen. Die nächste Chance gibt es Anfang November in Dortmund.