Interview

Trainer-Experte: Kompany muss FC-Bayern-Schwächen "weniger offensichtlich" machen

Das offensive Spielsystem von Vincent Kompany wird im Umfeld des FC Bayern kontrovers diskutiert. Die AZ hat mit Trainer-Experte Anselm Küchle vom Internationalen Fußball Institut über die Risikotaktik und Burnley-Parallelen gesprochen.
von  Kilian Kreitmair
Vincent Kompany (l.) als Trainer des FC Burnely im Spiel gegen manchester City und Chefcoach Pep Guardiola, unter dem er als Kapitän aufgelaufen war.
Vincent Kompany (l.) als Trainer des FC Burnely im Spiel gegen manchester City und Chefcoach Pep Guardiola, unter dem er als Kapitän aufgelaufen war. © IMAGO/Martin Rickett (www.imago-images.de)

AZ: Herr Küchle, wie gefällt Ihnen der neue Spielstil des FC Bayern unter Vincent Kompany?
ANSELM KÜCHLE: Wenn man das Spiel anschaut, hat es sich deutlich verändert. Es hat in einer gewissen Weise mehr Risiko, aber ist auch sehr attraktiv. Fußball ist Unterhaltung und das kann man den Bayern-Spielen bisher nicht abreden. Gleichzeitig haben sie die Gegner großteils dominiert.

Trainer-Experte über FC Bayern München: Kompany muss Schwächen "weniger offensichtlich" machen

Es gibt erste Stimmen, die den Spielstil zu riskant finden. Wie sehen Sie das?
Gegen Leverkusen hatte der FC Bayern kein Glück. Man hatte gute Chancen, die man machen muss. Gleichzeitig hatte Leverkusen nicht viele Chancen. Gegen Frankfurt hat man im Umschaltverhalten schon die ein oder andere Schwäche gesehen, aber die Eintracht war auch eiskalt. Ich bin gespannt, wie viele Spiele es in dieser Weise geben wird.

"Über das Tor, das Neuer in der Champions League bekommen hat, wird viel diskutiert", sagt Experte Küchle.
"Über das Tor, das Neuer in der Champions League bekommen hat, wird viel diskutiert", sagt Experte Küchle. © Christian Charisius/dpa

Über das Tor, das Neuer in der Champions League bekommen hat, wird viel diskutiert. Für mich war da Upamecano nicht ganz schuldfrei. Aber sie lernen sicherlich noch. Es ist jetzt die Aufgabe von Kompany, diese Schwächen weniger offensichtlich zu machen. Denn natürlich werden sich auch die Gegner jetzt auf dieses Spiel einstellen und versuchen, schnell in die Tiefe zu spielen, schnell hinter die letzte Kette zu kommen.

Wie hat es den Kompany seiner Zeit in Burnley gemacht. Hat er dort einen ähnlich riskanten Spielstil durchgesetzt oder gibt es Unterschiede?
Er hat den Stil nach dem Aufstieg in die Premier League nicht verändert. Dort hat er auch auf das hohe Gegenpressing und die schnellen Balleroberungen gesetzt. Was die Zahlen betrifft, waren sie in diesem Bereich selbst in der Premier League sehr gut.

Experte erkennt Parallelen zwischen Kompanys Burnley und Bayern

Also war die Spielweise ähnlich riskant?
Es war natürlich etwas abgestimmter auf die Gegner, weil Burnley in der Premier League nicht so viel Ballbesitz hatte, wie der FC Bayern in der Bundesliga. Aber in Gegenpressing-Statistiken war Burnley im Mittelfeld der Liga. Das ist schon bemerkenswert als Aufsteiger. In der Championship-Saison waren sie sogar die beste Mannschaft in Sachen Gegenpressing.

Hat Kompany sein Spielsystem in den großen Spielen wie gegen Manchester City oder Arsenal umgestellt, um weniger Risiko zu gehen?
Sie haben schon gegen diese Teams versucht, ihr Spiel zu machen. Wenn man sagen möchte, es sollte authentisch sein, dann war es das auf jeden Fall. Sie haben sich nicht verstellt, sondern sind den Weg so weitergegangen.

Bedeutet: Man kann davon ausgehen, dass Kompany gegen Spitzenmannschaften wie Real Madrid auch eine ähnlich riskante Spielweise wählt?
Es ist ein Blick in die Glaskugel. Wenn ich Kompany sehe, wie er bei Burnley unterwegs war, glaube ich schon, dass er gegen einen Verein wie Real Madrid, einen ähnlichen Fußball spielen lassen wird.

Aber in solchen Spielen wird man versuchen, die Konterabsicherung besser hinzubekommen. Bedeutet: Sie werden vielleicht nicht mit dem letzten Risiko den Ball in die Tiefe spielen.

"Die Frage ist, wie man Kane in gefährliche Zonen bekommt"

Woran denken Sie wird Kompany in den nächsten Wochen konkret ansetzen, um gegen große Mannschaften nicht so konteranfällig zu sein?
Wenn man weiter so viel Ballbesitz hat, entscheidet sich viel im letzten Drittel. Es geht darum, sich Chancen herauszuspielen. Harry Kane war zuletzt das ein oder andere Mal blass. Die Frage ist deshalb, wie man ihn in gefährliche Zonen bekommt.

Das zweite ist natürlich das Umschaltspiel. Der FC Bayern muss eine gute Restverteidigung hinbekommen. Aus einem individuellen Fehler im Spielaufbau sollte kein gefährlicher Konter werden.

Könnte dabei João Palhinha eine entscheidende Rolle spielen?
Er hat es definitiv gezeigt, welche enorme Qualität er hat. Deshalb denke ich schon, dass Palhinha noch eine entscheidende Rolle spielen wird. Dazu ist er einfach zu gut. Aber andererseits spricht es für Pavlovic, der sich ins Rampenlicht gespielt hat.

Viele Experten sagen, der Fußball erinnert sie jetzt schon an die Zeit unter Pep Guardiola. Sehen Sie das auch?
Ich finde, man lehnt sich da weit aus dem Fenster. Kompany hat viel von Guardiola gelernt, das ist unbestritten. Natürlich ist sein Stil ähnlich, aber Pep Guardiola ist eine zu große Koryphäe.

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