Total entrückt: Die Konkurrenz des FC Bayern hat ihren Namen nicht verdient

Bochum/München - Es war keinesfalls als Provokation gedacht, sondern reine Routine. Nach dem glanzvollen Auftritt des FC Bayern während der 90 Minuten ging nach Abpfiff des 7:0-Kantersieges in Bochum die Arbeit weiter.
Acht Feldspieler mussten auf dem Platz bleiben. Die fünf Einwechselspieler und drei von der Bank, die nicht zum Einsatz gekommen waren. Unter den strengen Blicken von Fitness-Trainer Holger Broich, die Stoppuhr in der Hand, sprinteten sie in ihren blendend weißen Trikots von Strafraum zu Strafraum. Belastungssteuerung, um die wenig Beanspruchten auf Trab zu halten. Einige Heimfans pfiffen ob der Einheit, den meisten aber war aufgrund der Show zuvor die Spucke weggeblieben.
FC Bayern schrammt haarscharf an neuem Auswärts-Rekord vorbei
Einer der Beobachter im Bochumer "Vonovia Ruhrstadion" raunte ketzerisch, die Startelf der Bayern hätte nach dem 7:0 im Grunde noch eine - verschärfte - Trainingseinheit vertragen können. Dabei war die Elf von Trainer Julian Nagelsmann nur einen Treffer von einem Vereinsrekord entfernt.
Mit einem 8:0 - und tatsächlich ließ die Chancenwertung zu wünschen übrig - hätte man das 8:1 vom Mai 2011 beim FC St. Pauli übertroffen. Dennoch hagelte es aufgrund des Siebenerpacks Bestmarken: Elf Tore in der ersten Halbzeit an den ersten drei Spieltagen - gab's noch nie. 13 Tore in den ersten beiden Auswärtsspielen (zum Start 6:1 in Frankfurt) - ebenfalls neuer Bundesliga-Rekord. Und aller guten Dinge sind drei: Die neun Punkte samt Torbilanz von +14 bedeuten den besten Start aller Zeiten in der Liga-Historie. Gerade einmal knapp neun Prozent der Saison sind absolviert und die Bayern laufen - wieder mal - allen Konkurrenten davon.
Titel Nummer elf in Folge erscheint schon am Horizont
So öffnete einem das Sprinttraining nach Abpfiff die Augen für ein der Leichtathletik entlehntes (Sinn-)Bild: Das Wettrennen um den Meistertitel 22/23 ist kein wirkliches. Während die Bayern auf ihrer Stadionrunde bereits in Kurve eins mächtig beschleunigen, sucht die Konkurrenz ratlos, wo eigentlich die Startblöcke sind. Als "sehr souverän und sehr spektakulär" empfand Bayerns Mittelfeld-Chef Joshua Kimmich das 7:0, "wir haben es souverän runtergespielt, bis zum Ende konzentriert und zu null."
Eine Machtdemonstration erster Güte, Meisterschale Nummer elf in Folge erscheint bereits am Horizont. "Es macht sehr viel Spaß momentan, weil echt eine gute Energie in der Truppe ist", sagte Kimmich. Sieben Treffer, fünf verschiedene Torschützen, von denen Neuzugang Sadio Mané doppelt traf - eine beängstigende Dominanz. Bayern ist konkurrenzlos stark und der nationalen Konkurrenz total entrückt.
Die Konkurrenten straucheln und kriseln
Das weiße Ballett kann entspannt zuschauen, wie die Konkurrenten bereits die weiße Fahne hissen. Alle drei Champions-League-Teilnehmer verloren am dritten Spieltag. Während Bayer Leverkusen mit null Punkten auf Platz 17 dick in der Krise steckt, hat Pokalsieger RB Leipzig (zwei Pünktchen) noch kein Liga-Spiel gewonnen. Vizemeister Dortmund ist durch das 2:3 nach 2:0-Führung gegen Aufsteiger Werder Bremen wieder ins alte Phlegma verfallen, gegen Underdogs unerwartet Punkte zu lassen.
"Es liegt nur an uns", meinte Kimmich auf die Patzer der Verfolgerchen angesprochen und sagte lässig: "Ich glaube nicht, dass wir so sehr auf die anderen schauen müssen."
Nächster Gegner: Mit Gladbach hat der FC Bayern noch eine Rechnung offen
Julian Nagelsmann hat seiner Mannschaft in der letzten nicht-englischen Woche bis zum Beginn der Abstellungspflicht (14. November) für die WM in Katar zwei Tage freigegeben. Erst am Mittwoch startet die Vorbereitung auf das Heimspiel am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach.
Diese Borussia? Da war doch was? Seit drei Pflichtspielen sind die Fohlen gegen Bayern ungeschlagen, kegelten den Primus im Oktober 2021 mit 5:0 aus dem DFB-Pokal? Ein Hoffnungsschimmer im Sinne der Spannung beim Duell des Gewohnheits-Ersten gegen den Überraschungszweiten? Ein klitze-klitze-kleiner - vielleicht.