Top-Stars gehen zum Nulltarif: Der FC Bayern steht keinesfalls alleine da

Der FC Bayern muss mit Niklas Süle und Corentin Tolisso zwei weitere Spieler ablösefrei gehen lassen, bei Robert Lewandowski und Serge Gnabry droht das gleiche Szenario. "Das bringt diese Pandemie mit sich", meint Oliver Kahn. Ein Problem, das nicht nur die Münchner betrifft.
von  Bernhard Lackner
Sportvorstand des FC Bayern: Hasan Salihamidzic
Sportvorstand des FC Bayern: Hasan Salihamidzic © IMAGO / Sportfoto Rudel

München – Es ist ein Phänomen, das seit Beginn der Corona-Pandemie immer häufiger auftritt: Topspieler entscheiden sich dazu, ihre Verträge auslaufen zu lassen, um sich danach ablösefrei einem anderen Verein anzuschließen – und dabei noch ein sattes Handgeld einzustreichen.

Den Vereinen sind in einem solchen Szenario in der Regel die Hände gebunden, auch der FC Bayern kennt die Situation mittlerweile bestens. Im vergangenen Jahr verließ David Alaba den Klub ablösefrei und wechselte zu Real Madrid. In diesem Sommer geht Niklas Süle zum Nulltarif zu Borussia Dortmund.

Innerhalb eines Jahres: Fünf Bayern-Stars gehen ablösefrei

Mal wieder scheiterten die Verhandlungen am Gehalt. "Wir haben ihm ein Angebot gemacht. Das hat er nicht angenommen und uns mitgeteilt, dass er am Saisonende den Verein verlassen möchte", erklärte Oliver Kahn im Frühjahr den Abgang von Süle. "Es gibt gewisse Rahmenbedingungen, an die wir uns halten müssen. So sind wir nicht zusammengekommen."

Dieses Thema ablösefrei hat ja der FC Bayern nicht exklusiv. Das gibt es überall. Das bringt diese Pandemie mit sich.

Oliver Kahn

Innerhalb eines Jahres mussten die Münchner nun bereits fünf Stars zum Nulltarif gehen lassen. Neben Alaba traf dies im vergangenen Jahr auch auf Jérôme Boateng und Javi Martínez zu, in diesem geht außer Süle auch Corentin Tolisso. 2023 droht bei Robert Lewandowski und Serge Gnabry das gleiche Szenario. Rechnet man die Marktwerte der ablösefreien Abgänge zusammen, kommt man auf einen zweistelligen Millionenbetrag im gehobenen Bereich.

Zwei einstige Weltrekord-Transfers im Sommer ablösefrei auf dem Markt

Für Bayerns Vorstandsboss Kahn liegt die Erklärung für die Häufung der Fälle, in denen Spieler ihre Verträge auslaufen lassen, auf der Hand: "Dieses Thema ablösefrei hat ja der FC Bayern nicht exklusiv. Das gibt es überall. Das bringt diese Pandemie mit sich", erklärte der einstige Weltklasse-Keeper. Tatsächlich ist der FC Bayern nicht der einzige Klub, dem durch auslaufende Verträge zig Millionen Ablösen durch die Lappen gehen. Europaweit hat so gut wie jeder Top-Klub mit diesem Phänomen zu kämpfen.

Alleine in diesem Sommer wechseln zwei einstige Weltrekord-Transfers ablösefrei. Paul Pogba, 2017 für die damalige Rekord-Ablöse von 105 Millionen Euro von Juventus Turin zu Manchester United gewechselt, wird seinen Klub ebenfalls nach Vertragsende verlassen. Pikanterweise zieht es ihn wohl zurück nach Turin – für United also im doppelten Sinne ein großes Verlustgeschäft.

Auch Gareth Bale ist ab dem 1. Juli ohne Verein. Der Waliser wechselte 2013 für knapp über 100 Millionen Euro von Tottenham zu Real Madrid und gewann mit den Königlichen unter anderem fünf Mal die Champions League. Zudem laufen auch die Verträge der beiden ehemaligen Leistungsträger Marcelo und Isco aus, sie werden den Klub ebenfalls verlassen. Wo es das Trio hinzieht, ist noch unklar.

Auch Barca-Ikone Lionel Messi wechselte nach Vertragsende ablösefrei

Die Madrilenen profitieren ihrerseits aber selbst immer wieder von ablösefreien Neuzugängen. Im vergangenen Sommer schnappte sich Real mit Alaba einen der stärksten Innenverteidiger der Welt, in diesem Jahr wird Antonio Rüdiger nach Vertragsablauf vom FC Chelsea verpflichtet. Der Nationalspieler ist einer von fünf Spielern bei den Blues, deren Arbeitspapier Ende Juni endet.

Der prominenteste Spieler, der ablösefrei gewechselt ist, ist bislang Lionel Messi. Für ihn ging es im Sommer vergangenen Jahres vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain, da sich die Katalanen eine Vertragsverlängerung mit ihrer Vereinsikone nicht mehr leisten konnten. Ein schwerer Schlag, von dem sich Klub und Spieler bis heute noch nicht erholt haben.

Ihm könnte dieses Jahr Ousmane Dembélé folgen. Der französische Flügelstürmer wurde 2017 für mehr als 100 Millionen Euro von Borussia Dortmund verpflichtet und wird Barca nach Ende seiner ersten Vertragsperiode wieder verlassen.

Für die Vereine bedeutet das ein großes Problem. Sie stehen – wie Bayern aktuell bei Lewandowski und Gnabry – immer häufiger vor der schwierigen Entscheidung, Spieler entweder vor Vertragsende zu transferieren oder gänzlich auf Ablösen zu verzichten.

Mega-Star Kylian Mbappé treibt Vertragspoker auf die Spitze

Dies bringt Spieler in eine starke Verhandlungsposition, die sie und ihre Berater gerne auch konsequent ausnutzen. Bei den Gehaltsverhandlungen lässt sich so schließlich extrem hoch pokern. Wird keine Einigung erzielt, streicht die Spielerseite im Falle eines Wechsels zu einem anderen Klub immer noch ein beträchtliches Handgeld ein, das sich bei Top-Stars häufig auf zweistellige Millionensummen beläuft. Am Ende stehen die Akteure also immer auf der Gewinner- und die Vereine auf der Verliererseite.

Absurdestes Beispiel ist der Fall Kylian Mbappé. Der Weltmeister von 2018 hatte ebenfalls nur noch bis Ende Juni Vertrag und provozierte ein monatelanges Wettbieten zwischen seinem Klub Paris Saint-Germain und dem ebenfalls interessierten Real Madrid. Am Ende holte der 23-Jährige für sich einen der lukrativsten Verträge der Fußball-Geschichte heraus und ließ sich bei seiner Verlängerung übereinstimmenden Medienberichten zufolge alleine seine Unterschrift 300 Millionen Euro kosten, dazu sollen Boni in Höhe von weiteren 100 Millionen und ein jährliches Nettogehalt von 50 Millionen Euro kommen.

Es sind Dimensionen, von denen selbst der FC Bayern noch weit entfernt ist...

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