Tonis Lust auf Serie C
Ein Weltmeister kickt im Grünwalder Stadion:Der aussortierte Bayern-Stürmer gibt am Freitag sein Comeback bei den Scholl-Bubis in der 3. Liga. Trainer Louis van Gaal gibt sein Okay - für eine Halbzeit.
MÜNCHEN Luca Toni hat geübt. Er hüpft, nimmt Anlauf, dann springt er, nicht in die Arme seines Gegenübers, er nimmt ihn Huckepack. Toni hat Spaß gehabt im Mannschaftstraining, er hat Ribérys Torjubel imitiert, Kollege Hamit Altintop durfte den van Gaal geben. Das war lustig, doch noch spaßiger wird es, wenn ihm am Freitag, beim Comeback, ebenso ein Tor gelingen und er mit seinen auf 196 Zentimeter verteilten 94 Kilo auf Mehmet Scholl draufspringen würde, der 20 Zentimeter kleiner ist und 20 Kilo leichter.
Vielleicht war dies ja der Grund dafür, dass der schmächtige Scholl, Trainer der Bayern-Amateure, gezögert hat, als der bullige Toni, bei den Profis von Chefoach Louis van Gaal derzeit nur fünfter Stürmer (nach Gomez, Klose, Olic, Müller) und somit Torjäger außer Dienst, dieser Tage auf ihn zukam und den Coach der Bayern-Bubis fragte: „Wenn ich zu Dir komme, darf ich dann spielen?“ Toni grinst gut gelaunt, als er Scholls Antwort zitiert: „Er hat gesagt: ’Da muss ich nochmal drüber nachdenken, aber ich glaube schon.’“
Auch Chefcoach Louis van Gaal ist einverstanden. „Wir haben mit Mehmet Scholl und Luca Toni besprochen, dass er spielen kann, wenn er gut trainiert. Ich hoffe, dass er spielt, aber dann nur 45 Minuten, das reicht. Er wollte schon im letzten Spiel gegen Sandhausen eingesetzt werden, aber das war zu früh. Da hatte er ja erst eine Woche mit der Mannschaft trainiert. Aber jetzt geht es“, sagte van Gaal am Mittwoch in Tel Aviv.
Am Freitag nun ist es soweit, das hat Toni, während sich seine Kollegen in Tel Aviv auf den Champions-League-Auftakt bei Maccabi Haifa vorbereiteten, am Montagabend beim „Blickpunkt Sport“ im Bayerischen Fernsehen verraten. Der Italiener Toni gibt sein Debüt in der Serie C, Deutschlands dritter Liga. Ein 32-jähriger Weltmeister kickt mit den Bayern-Bubis im Grünwalder Stadion. „Ich würde da wirklich gerne hingehen, weil ich große Lust habe, zu spielen.“ Gegen wen es denn eigentlich geht, wollte Moderatorin Janina Nottensteiner noch von ihm wissen, da grinst der Beau im pinken Sakko: „Können Sie eine andere Frage stellen!“
"Das ganze Jahr bei Mehmet, das wäre deklassierend"
Wie praktisch, dass Alexander Maul, Innenverteidiger von Jahn Regensburg und somit direkter Gegenspieler von Mittelstürmer Toni am Freitag ab 19 Uhr, im TV-Studio gleich hinter ihm sitzt. „Ah“, sagt Toni zum ihm unbekannten Hintermann, „langsam, gell, nicht so schnell gegen mich.“ Maul freut sich und sagt: „Dass er sich die Dritte Liga antut, spricht für ihn. Das macht nicht jeder Weltmeister.“
Hat ja auch nicht jeder so einen Absturz hinter sich: Weltmeister im Sommer 2006, sagenhafte 39 Treffer in 46 Pflichtspielen in seiner ersten Bayern-Saison 2007/08, doch dann: Kein einziges Tor bei der EM 2008, nur 14 Treffer im zweiten Bayern-Jahr, und nun unter van Gaal (nicht nur in Folge einer langwierigen Achillessehnenverletzung) noch kein Einsatz in dieser Saison.
Van Gaal hat in seinem System kaum Verwendung für Toni, den bulligen Brecher. „Ehrlich gesagt, haben wir nicht so viel gesprochen“, sagt der Aussortierte. „Ich weiß auch, dass ich nicht sein Idealstürmer bin.“ Warum er trotz wenig subtiler Hinweise des Trainers den Klub nicht gewechselt habe? Toni grinst schon wieder: „Ich habe Lust hier zu spielen. Die Fans lasssen mich ihre Begeisterung spüren, sie sagen: ’Luca, Du bist der Beste!’“ Er selbst sieht das ja auch genauso, sowieso: „Die Verletzung ist ausgeheilt. Mir geht’s wieder gut. Und wenn’s mir gut geht, bin ich noch besser als jeder andere.“
Dass Louis van Gaal dies mit ziemlicher Sicherheit anders sieht, selbst davon lässt sich der Gaudi-Italiener nicht die gute Laune nehmen: „Es kann auch sein“, sagt er, „dass der Trainer mal seine Meinung ändert“. Und bis dahin kickt er eben für die Scholl-Bubis. „Nur wenn ich das ganze Jahr bei Mehmet spielen müsste, dann wäre das deklassierend. Jetzt aber habe ich große Lust, Tore zu schießen.“ Solange er Scholl danach nicht umschmeißt.
Gunnar Jans