Toni und der Tanz nach dem Thriller

Dramatisches 3:3 in Getafe! Bis kurz vor Schluss der Verlängerung sind die Bayern die Versager des Verlierer-Cups. Dann schlägt Luca Toni doppelt zu - und schießt den FC Bayern ins Halbfinale des Uefa-Pokals.
Nicht zu fassen!Da waren sie quasi schon gescheitert, es drohte die größtmögliche Blamage. Bis fünf Minuten vor Ende der Verlängerung stand es 3:1 für den kleinen, tapferen FC Getafe – doch dann schlug Luca Toni eiskalt zu! Zwei Treffer innerhalb von nur fünf Minuten – in Minute 115 mit einem Kullerschüsschen und dann - nur Sekunden vor dem Abpfiff – per Kopf. Mit dem nicht mehr für möglich gehaltenen 3:3 erreichte der FC Bayern doch noch das Halbfinale des Uefa-Cups gegen Zenit St. Petersburg. Die glücklichen Sieger dürfen also weiter vom Triple träumen. Dank Tonis Tanz nach dem Thriller!
Doch fast wären sie für ihre Arroganz bestraft worden. Nur vom Endspiel in Manchester am 19. Mai hatten sie im Vorfeld gesprochen. Allen voran Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. Gefragt, ob dies das letzte Europapokalmatch von Oliver Kahn werden könnte, hatte er gemeint: „Wir kommen ins Finale.“ Doch die Bayern, der Topfavorit, mussten zittern wie nie zuvor. Schon bis zur 89. Minute hatten sie hinten gelegen gegen Getafe, den Tabellen-Zwölften Spaniens. Doch dem Ausgleich durch Franck Ribéry folgte in der Verlängerung der Doppel-Schock, die Treffer von Casquero (92.) und Braulio (93.).
1:3 – sie drohten zu scheitern am Kleinstklub aus dem 160000-Einwohner-Städtchen vor den Toren Madrids. „Wir haben mittags unweit des Real-Stadions mit den Getafe-Bosse gegessen“, schwelgte Rummenigge vor dem Anpfiff in Champions-League-Erinnerungen, „wir waren ja in den letzten Jahren für Real die schwarze Bestie, aber nun sind wir hier.“ Im Estadio Coliseum Alfonso Pérez, mit 16000 Plätzen dem kleinsten der Primera Division. Manager Uli Hoeneß: „So ein Stadion gibt es in Deutschland vielleicht mal bei Freundschaftsspielen zu sehen.“ Und genau so traten sie auch lange, viel zu lange auf die Bayern, wie beim Freundschaftsspiel.
Zu allem Überfluß auch noch vor den Augen des Königs. Juan Carlos besuchte erstmals ein Getafe-Heimspiel. „Wir haben uns vor dem Spiel kurz unterhalten, er ist ein Fußballfan“, sagte Rummenigge in der Halbzeit, „aber ich hoffe, er darf hier nicht Getafe feiern sehen.“
Am Ende litt der König mit seinen tapferen Landsleuten, die Bayern trotz einer fragwürdigen Roten Karte für de la Red in Minute sechs (Klose war abgehoben) am rande der Niederlage hatten. Danach sah der Monarch Bayern, die sich selbst im Weg standen. Symptomatisch: Schon nach 38 Sekunden hätte Ribéry die Bayern in Führung bringen können, doch Toni fälschte den Ball ab. Zwei Tore des Italieners wurden zu Recht nicht gegeben (8./48.).
Und was machten die zehn Getafe-Kicker? Vieles besser als die elf arroganten Bayern. Allen voran Cosmin Contra! Der Rumäne degradierte vor dem 1:0 van Bommel und Demichelis zu Statisten. „Van Bommel nimmt die Arme hoch, Demichelis auch“, motzte Ex-Bayern-Star Stefan Effenberg, „das kann nicht sein!“
Doch auch das Herzschlagfinale der Partie war unglaublich! Trotz 1:3 zurückgekommen! Zweimal Toni! Zwei Traumtore gegen den Albtraum! Am Ende wurde gefeiert. Hitzfeld riss die Arme hoch. Kahn vergoß Freudentränen. Und Effenberg sagte: „Das war der absolute Wahnsinn!“