Toni Kroos auf der Bank: Das nächste Exempel
Pep Guardiola zeigt beim FC Bayern Härte: Nach Mario Mandzukic muss diesmal Toni Kroos büßen. Die Verhandlungen mit dem Mittelfeldmann stocken, Günter Netzer warnt.
München - Wenn einer wie Mario Mandzukic liegen bleibt, dann ist was. Ellenbogen auf Augenbraue, passiert beim Spiel des FC Bayern am Sonntag, abgeräumt vom Frankfurter Torwart.
Benommen lag der Stürmer am Boden, das Blut rann. Aber Mandzukic wollte weiter, biss sich durch, bis zum Schlusspunkt – das 5:0, das er selbst erzielte. Tor eins und zwei hatte der Kroate zudem vorbereitet.
Die Degradierung von Pep Guardiola hatte seine Wirkung nicht verfehlt. "So ist er extrem wichtig für uns, so brauchen wir ihn", lobte Kapitän Philipp Lahm. Vor neun Tagen gegen Gladbach noch wegen zu laxer Trainingsleistung aus dem Kader verbannt, spielte Mandzukic jetzt wieder, nach allem grätschend, seinen Kopf überall hinhaltend.
"Es ist steil bergauf gegangen", sagte Sportvorstand Matthias Sammer bei Sky, "er hat fantastisch gespielt, ist auf einem super Weg." Lektion gelernt.
Was Toni Kroos noch vor sich hat. Diesmal traf der Bannstrahl des Trainers ihn. Bislang in jedem Spiel unter Guardiola eingesetzt, schmorte er 90 Minuten auf der Bank – und das, nachdem Vertragsverhandlungen wegen auseinanderklaffender Gehaltsvorstellungen auf Eis gelegt wurden; und nachdem Kroos in Stuttgart nach der Auswechslung gebockt hatte, kopfschüttelnd seine Handschuhe vor der Bank fallen gelassen hatte.
Ein Fehdehandschuh Richtung Guardiola? Nun statuiert Pep das nächste Exempel – und verpasste Kroos einen Bank-Denkzettel, den der Spieler wortkarg hinnahm. "Alles okay", sagte er. "Jeder bekommt mal eine Pause, ganz normal." Ob Guardiola ihn zur Rede gestellt habe? Kroos: "Es gab kein Gespräch mit dem Trainer, nein."
Dass Guardiola ihn und Thomas Müller nicht einsetzte, erklärt er mit Rotation. "Meine Entscheidung! Es wird nicht einfach, wenn ich jedes Mal beantworten muss, warum der oder der nicht gespielt hat“, sagte Pep. „Wir haben einen Supersuper-Kader, es können nur elf spielen."
Die Gehälter haben angezogen, zuletzt durften Boateng, Rafinha und Alaba mit aufgebessertem Salär verlängern. Doch Kroos, dessen Vertrag 2015 ausläuft, scheint an eine Schmerzgrenze zu stoßen. "Wir sind noch nicht zusammen gekommen", sagt Sammer. "Man kann im Moment nicht sagen, dass die Chancen 80:20 oder 70:30 stehen", ergänzte er in der "SZ".
Eher: 50:50? Gar 40:60? Manche sehen in Kroos ein Jahrhunderttalent – andere echauffieren sich über sein Phlegma. Seine Pass-Statistiken sind grandios, seine Effizienz nicht: erst ein Tor diese Saison. Er ist eher Vor-Vorbereiter – und droht nun zum Politikum zu werden, zu einem zweiten Fall Ballack, bei dem der Klub 2006 ein Vertragsangebot am Ende gar zurückzog.
Manchester United hat Interesse. Gemeinsam mit einem Kroos-Berater ließ sich Trainer David Moyes in Gladbach blicken – ein Affront gegenüber Bayern? Kroos' Berater Volker Struth kennt sich aus mit den Bayern-Gehältern, er handelte schon den Vertrag von Mario Götze aus.
Ex-Nationalspieler Günter Netzer schrieb in der "BamS", Kroos betreibe "ein äußerst riskantes Spiel", empfahl ihm, "seine Situation nicht zu überreizen". Und weiter: "Es scheint so, dass sich Kroos in seiner Situation ein wenig überschätzt." Netzer befürchtet: "Es könnte eine Situation entstehen, in der Toni Kroos den Verein dazu zwingt, ein Exempel zu statuieren."
Das Worst-Case-Szenario: Wird man sich nicht einig, könnte er im Sommer gehen – nur dann könnte man noch eine hohe Ablöse erzielen. Sammer: "Er hat die Anlagen, irgendwann die Verantwortung für unser gesamtes Spiel zu übernehmen." Allerdings nicht zu jedem Preis.