"Toller Trainer" oder "Fettnäpfchen-Treter": Geteiltes Echo zu Wunsch-Bundestrainer Julian Nagelsmann

Julian Nagelsmann, der ehemalige Coach des FC Bayern, soll die deutsche Nationalmannschaft als Bundestrainer übernehmen. Er hat prominente Fürsprecher, aber auch Kritiker.
von  Matthias Kerber
"Rudi Völler wird immer wieder darauf achten, dass da ein Trainer ist, der noch sehr jung ist, und der in manche Fettnäpfchen tritt", sagt Matthias Sammer über Julian Nagelsmann.
"Rudi Völler wird immer wieder darauf achten, dass da ein Trainer ist, der noch sehr jung ist, und der in manche Fettnäpfchen tritt", sagt Matthias Sammer über Julian Nagelsmann. © Foto: Bernd Feil/imago

München - Vom liebgewonnen, Volksnähe suggerierenden und schon fast obligatorischen "I" werden sich die deutschen Fußball-Fans verabschieden müssen, wenn Julian Nagelsmann den gut 80 Millionen vermeintlichen Bundestrainern in Fußball-Deutschland als dann einzig wahrer Trainer der Nation vorgesetzt wird.

Nach Berti Vogts (1990 – 1998), Rudi Völler (2000 – 2004), Jürgen "Klinsi" Klinsmann (2004 – 2006), Jogi Löw (2006 – 2021) und Hansi Flick (2021 – 2023) wird es keinen Juli oder Nagi geben. Zumindest dieser I-Faktor ist bei dem 36-jährigen Landsberger nicht gegeben. Stattdessen outen sich immer mehr prominente Vertreter der Trainergilde, die zum Teil einfach froh sind, dass der Kelch, sich des Himmelfahrtskommandos Nationalmannschaft annehmen zu müssen, an ihnen selbst vorbei gegangen, ist, als Nagelsmann-Fans.

"Ganz tolle Lösung": 1A-Lösung Jürgen Klopp mit Lob für Julian Nagelsmann

"Ich finde Julian eine ganz tolle Lösung, weil er ein toller Trainer ist", sagte etwa Jürgen Klopp, der Erfolgstrainer des FC Liverpool, den viele Experten und solche, die sich dafür halten, als die 1A-Lösung präferiert hatten.

Dass Nagelsmann, der ja am Haifischbecken FC Bayern so kapital gescheitert ist und nun ins nicht minder raubfischhafte DFB-Biotop springen will, mit 36 etwa jünger ist als Nationalkeeper Manuel Neuer, ist für Klopp kein Problem. "Das ist vollkommen egal", sagte Klopp, denn: "Er kann's! Das Alter ist da gar kein Kriterium."

Julian Nagelsmann könnte frischen Wind in den verstaubten DFB bringen

Eins ist klar: Wenn Nagelsmann den Posten bis nach der Heim-EM in Deutschland übernimmt und den Vertrag beim DFB unterschreibt – es geht wohl nur noch um das Wann, nicht mehr das Ob –, dann wird sich einiges ändern.

Nagelsmann ist ein absoluter Taktik-Tüftler, der gerne auch die modernste Technik einsetzt, beim verstaubten DFB würde er mit seinen Ideen und seinem Auftreten, das zwischen jovial, arrogant, nassforsch und launisch wechselt, auch in diesen wenigen Monaten sicher anecken. Als Leisetreter ist Nagelsmann eine Fehlbesetzung, auch Diplomatie ist nicht unbedingt seine Kernkompetenz, seine Schiri-Schelte ("weichgespültes Pack") ist unvergessen.

"Tritt in manche Fettnäpfchen": Die ersten Nagelsmann-Kritiker treten bereits auf den Plan

Und wie schnell man damit den Granden auf die empfindlichen Füßchen treten kann, hat er beim FC Bayern, bei denen er noch Vertrag bis 2026 hat, erfahren. Da stellte ihn Vereinsikone Karl-Heinz Rummenigge kurzerhand als "Trainertalent" bloß. Eine Watschn, die immer noch gewaltig nachklingt.

Kein Wunder, dass die Unkenrufer auch bereits die Bühne betreten. "Er hat nicht viel Zeit", sagte DFB-Rekordtorschütze Miroslav Klose bei Prime Video und ergänzte mit Blick auf die vielen Brandherde: "Wie er das alles handhaben wird, da bin ich gespannt." Chefkritiker Matthias Sammer forderte daher, Sportdirektor Rudi Völler (63) müsse "immer wieder darauf achten, dass da ein Trainer ist, der noch sehr jung ist, und der in manche Fettnäpfchen tritt."

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