Tobias Schweinsteiger: Hätte der FC Bayern mehr Vertrauen gehabt
München - Ob es Zufall ist, gewollt? In das Fußballstadion in Pasching passen fast genau so viele Zuschauer, wie die Gemeinde Einwohner hat – 7 100 zu 7 500 lautet das Verhältnis. Hier, keine fünf Kilometer westlich der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, ist der neue Arbeitsplatz von Tobias Schweinsteiger (36), dem älteren Bruder von Weltmeister Bastian Schweinsteiger.
Schweinsteiger: Profi beim FC Bayern II
Der Rosenheimer spielte in der Zweiten Liga für Eintracht Braunschweig, stürmte als Profi für den FC Bayern II, Jahn Regensburg und die SpVgg Unterhaching. Nun, am Mittwoch, kehrte er nach Haching zurück – als Coach des österreichischen Zweitligisten FC Juniors OÖ. Es war sein erstes Spiel als Cheftrainer überhaupt, er verlor es 0:5. "Ich wollte einen Test gegen eine Mannschaft, bei der ich wusste, dass sie besser ist als wir", sagte der einstige Mittelstürmer hinterher im Gespräch mit der AZ: Gegen Haching habe er mehrere U18-Spieler gebracht, erzählte er, "die sind ein Jahr jünger als die A-Jugendspieler in Deutschland. Das Ergebnis regt den Denkprozess an."
Es ist bezeichnend für ihn: Er ist kein Lautsprecher, steht nicht gerne im Mittelpunkt. Ihm geht es darum, junge Spieler von vorgegebenen Schemata zu befreien, die er im deutschen Fußball unermüdlich kritisiert. Und es geht ihm darum, ihnen Mut zu vermitteln, auf dem Platz eigene Entscheidungen zu treffen. Ballbesitz ist entscheidend.
Anschauungsunterricht von Pep Guardiola
Einst konnte er sich als Co-Trainer der U17 an der Säbener Straße von Pep Guardiola einiges abschauen, als Kapitän und später als Assistent bei den Amateuren genießt er Kultstatus bei den Bayern-Ultras. Um nun vor im Schnitt 368 Zuschauern an der Linie zu stehen?

"Ohne Fußballlehrer ist es in Deutschland verboten, in den ersten drei Ligen zu arbeiten. In der Regionalliga gibt es drei oder vier Vereine, zu denen mehr Zuschauer kommen – das wäre nicht reizvoll gewesen", erklärte er der AZ und meinte grinsend: "Bei den Bayern-Amateuren sind auch nicht mehr Zuschauer da, außer, es geht gegen Sechzig."
Trennung vom FC Bayern
Mancher in der Branche traut ihm eine vielversprechende Trainerkarriere zu, doch mit dem Fußballlehrer-Lehrgang will sich der Inhaber einer A-Lizenz noch Zeit lassen, sich zuerst auf Pasching konzentrieren.
Obwohl er gerne in München geblieben wäre. "Wenn Bayern mehr Vertrauen in mich gehabt hätte, wäre ich noch da", sagte er, "dann hätte ich über den Sommer hinweg noch eine Mannschaft trainiert." Im Dezember hatte er um die Auflösung seines Vertrages gebeten, nach dem Wechsel seines Ex-Chefs Tim Walter zu Holstein Kiel war er beim Rekordmeister im Wartestand.
"Alles gut", sagte er noch – und schloss eine Rückkehr an die Säbener Straße nicht aus. Irgendwann. Nach Pasching.
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Im Video: Tobias Schweinsteiger über Druck im Fußball