Thurn und Taxis: „12 Spiele bis San Siro“
AZ: Herr von Thurn und Taxis, 2013 holte der FC Bayern das Triple – unter Pep Guardiola scheiterte man zweimal jeweils im Halbfinale. Klappt es beim dritten Versuch?
FRITZ VON THURN UND TAXIS: Sie haben eine sehr gute Chance. Der Champions-League-Titel ist das einzige große Ziel, das Pep Guardiola in München noch hat. Die vierte Meisterschaft ist gut und schön und sportlich wichtig, aber die Champions League ist für das Image der Bayern von überragender Bedeutung. Es sind noch zwölf Spiele bis ins Finale im San Siro. Beim letzten Finale dort, 2001, haben die Bayern ja gewonnen, das ist ein gutes Omen.
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Was müssen die Bayern noch verbessern?
Man muss nichts verbessern, sondern das, was Guardiola will, umsetzen. Durch die Neuverpflichtungen sind die Bayern taktisch besser ausgerichtet als im Halbfinal-Spiel gegen den FC Barcelona in der letzten Saison. Sie hatten dort keine Außenspieler und viel zu viele Verletzte. Die Bayern waren in den entscheidenden Spielen nicht fit. Robben, Ribéry, Alaba haben gefehlt, Badstuber sowieso. Und Thiago, Lahm und Schweinsteiger kamen aus langen Verletzungen. Da half auch die beste Taktik nichts. Es geht darum, das Verletzungspech gering zu halten, dann sind die Bayern der erste Favorit. Es gibt aktuell keine Mannschaft der Welt, die, was die Tiefe des Kaders angeht, eine solche Klasse hat. Weder Real Madrid noch der FC Barcelona.
Wird Guardiola auch öfter rotieren, um das Verletzungsrisiko zu senken?
Das ist sicher auch ein Grund für die Rotation, aber der wichtigere ist, die Stimmung hochzuhalten. Guardiola ist ein hervorragender Trainer, das einzige Fragezeichen ist: Ist er ein guter Moderator in der Mannschaft? Er muss den Spielern, die immer spielen wollen, klarmachen, dass sie mal nur eine Halbzeit auf den Platz dürfen – oder aber auch mal gar nicht.
Bastian Schweinsteiger wurde verkauft, Douglas Costa und Arturo Vidal geholt. Hat sich Bayern dadurch verstärkt?
Der Kader ist dieses Jahr besser. Die Schweinsteiger-Personalie wurde für alle gleichermaßen optimal gelöst, wenn man die Romantik der Fans etwas außen vor lässt. Er war zu oft verletzt und hätte nur noch die Hälfte der Spiele gemacht. Mit Vidal und Costa haben sich die Bayern deutlich verstärkt. Schwierig ist es für Ribéry, er leidet, denn Costa bekommt jetzt die Lobeshymnen. Die einzige Schwäche sehe ich in der Innenverteidigung, neben Boateng gibt es keinen zweiten Spieler auf Top-Niveau.
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Bleibt Guardiola auch über die Saison hinaus? Macht er es auch vom Abschneiden in der Champions League abhängig?
Nach meinem Gefühl hört er so oder so auf. Wenn er die Champions League gewinnt, hat er alle Ziele erreicht. Wenn er sie auch im dritten Anlauf nicht gewinnt, muss es ein anderer versuchen. Dann muss es eben der Kloppo machen.
Ist der Ex-Dortmunder Jürgen Klopp die Nummer eins auf der Liste?
Er ist sicherlich in den Überlegungen der Bayern-Verantwortlichen ein ganz wichtiger Mann. Wenn man schon Klarheit über Guardiolas Zukunft hätte, würde man vermutlich bereits jetzt einen losen Kontakt zu Klopp aufnehmen. Die Frage ist, ob Klopp so lange ohne Engagement das Leben genießen kann oder ob er, wenn ein anderer großer Verein einen Trainer sucht, bei einem Angebot schwach würde. Für Bayern ist Klopp auch deshalb ein Kandidat, da er den Verein ganz anders repräsentieren könnte, als es Guardiola macht. Ancelotti wäre noch eine Alternative, aber da er Italiener ist, käme wieder das Sprachproblem dazu.
Wer sind, neben dem FC Bayern, die größten Favoriten?
Das sind immer die gleichen. Bayern, Barcelona und Real haben die letzten Jahre immer dominiert. Und dann kommt einer noch dazu. Vergangene Saison war es Juventus Turin, davor Atlético Madrid. Vielleicht ist in dieser Saison Paris St. Germain so weit.
Durch die neue Einteilung der Lostöpfe sind die Landesmeister in Topf eins gesetzt, Bayern könnte also schon in der Gruppenphase auf Real Madrid treffen.
Mit dieser Regel will man die Meister eigentlich ein wenig schützen, aber es wird weiterhin Konstellationen geben, in denen Favoriten bereits in der Gruppenphase aufeinandertreffen. Im vergangenen Jahr führte das Los unter der alten Regelung den FC Barcelona und Paris in dieselbe Gruppe, nun könnte es im Extremfall Bayern und Real treffen. Das wäre sicherlich nicht ideal, andererseits sind alle Vereine aus den drei großen Ligen schwierige Gegner. Da beide Vereine ins Achtelfinale einziehen können, sehe ich darin aber kein Problem.
Was trauen Sie dem VfL Wolfsburg zu?
Sie werden viel Spaß haben, aber die großen Erfolge werden sich wohl noch nicht einstellen können, weil Wolfsburg eigentlich ein Neuling ist, auch wenn sie 2009 schon mal dabei waren. Der Sprung von der Europa League zur Champions League ist gewaltig. Außerdem ist die Champions League auch für Trainer Dieter Hecking neu.
Und was können die Gladbacher in ihrer ersten Champions-League-Saison erreichen?
Da ist es ähnlich, außerdem sind sie noch auf der Suche, das richtige Mannschaftsgefühl wieder zu entwickeln. Die Vorfreude ist immens, aber natürlich wird es extrem schwierig. Die Freude sollte überwiegen.