Thomas Tuchel vs. Pep Guardiola: Duell der Großmeister von FC Bayern und Manchester City

Teil eins der Taktik-Freunde Guardiola/Tuchel steigt beim Champions-League-Viertelfinale des FC Bayern in Manchester. Über allem schwebt die Frage: Verzockt sich einer der Coaches bei seiner Strategie?
Patrick Strasser |
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Das große Duell: Pep Guardiola (l.) und Thomas Tuchel beim Champions-League-Finale 2021.
Das große Duell: Pep Guardiola (l.) und Thomas Tuchel beim Champions-League-Finale 2021. © Pierre Philippe Marcou/dpa

Manchester - Vorhang auf, Bühne frei. Was früher auf einem Schachbrett zwischen Fischer und Spasski oder später Karpow und Kasparow ausgetragen wurde, findet nun auf den fein gemähten Stadionrasen von Manchester und München statt.

Thomas Tuchel: "Das wird das höchste Level"

Das Champions-League-Viertelfinale zwischen City und den Bayern ist das spannendste Trainer-Duell der Neuzeit: Pep Guardiola (52) gegen Thomas Tuchel (49). Das elfte Taktik-Battle der beiden, das Hinspiel, steigt am Dienstag in Manchester (21 Uhr, Prime Video und im AZ-Liveticker).

"Das wird das höchste Level", sagte Tuchel nach dem verdienten, aber glanzlosen 1:0 am Ostersamstag in Freiburg und sinnierte: "Die Auswärtstore-Regelung gibt es nicht mehr. Deshalb macht es für mich gar keinen Sinn mehr, in Hin- und Rückspiel zu unterteilen. Du spielst das Spiel, und es gibt kein Taktieren."

Noch hat Tuchel eine negative Bilanz gegen Guardiola

Im Sinne von: abwarten. Taktik dagegen wird mehr als genug zu sehen sein beim Aufeinandertreffen von Guardiola und Tuchel. Wer stellt seine Figuren auf welche Positionen? Wer wählt welche Grundordnung? Wer reagiert wie auf Spielzüge seines Kontrahenten?

Die Tuchel-Bilanz gegen Guardiola, der von 2013 bis 2016 den FC Bayern trainierte und in spielerisch-taktisch neue Sphären führte, liest sich so: zehn Duelle, drei Siege, ein Remis, sechs Niederlagen. Negativ also, doch im Champions-League-Finale 2021 bestrafte Tuchels FC Chelsea die fixe Idee von Guardiola, Ilkay Gündogan als "falsche Sechs" im Spielaufbau der Citizens einzusetzen, der zuvor gesetzte Sechser Rodri blieb zur Überraschung aller draußen.

Tuchel ließ in seinem vorwiegend defensiv orientierten 5-2-3-System Guardiolas Elf kommen und konterte sie bei Umschaltsituationen aus, Kai Havertz machte das 1:0. Tuchels größter Coup. Lässt der neue Bayern-Coach seine Elf am Dienstag daher auch aus einer tief stehenden Grundordnung agieren bzw. hauptsächlich reagieren?

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Gündogan über Tuchel und Guardiola: "Sie sind sich beide sehr, sehr ähnlich"

Guardiola will stets die Kontrolle über Spiel und Gegner, mit einem 3-2-4-1 Dominanz im Spielaufbau erzeugen, die gegnerische Verteidigung auseinanderziehen. Die Frage wird sein: Wer hat den besseren Plan A? Sowie – gemäß der Denke beider Taktiknerds – den besseren Plan B, C, D usw.

"Sie sind sich beide sehr, sehr ähnlich", sagte Gündogan, einst in Dortmund unter Tuchel aktiv, nun bei City Schlüsselspieler unter Guardiola, "taktisch sind sie auf einem sehr hohen Niveau und können innerhalb eines Spiels auf alle Probleme reagieren". Dass vor allem Pep derweilen überreagiert und auf Ideen kommt, die ihm nur in einem bösen Taktik-Traum begegnet sein dürften, zeugt davon, dass sein Genie stets am Rande des Wahnsinns wandelt. Da gilt selbst Tuchel, der Jüngere, als konservativer.

Schon bei den ersten beiden Duellen in der Saison 2013/14, damals hieß es Bayern gegen Mainz, imponierte Guardiola die mutige Herangehensweise seines Gegenübers. Nachdem Tuchel, dem die Mainzer Welt nach sechs Jahren 2014 zu klein geworden war, ein Sabbatical einlegte, verabredete er sich im Jahr darauf mit Guardiola im "Schumann's" am Odeonsplatz.

Vorteil Guardiola: Shakehands in der Bundesliga-Saison 2013/14, als Peps Bayern Tuchels Mainzer zwei Mal besiegten.  Foto: Sampics
Vorteil Guardiola: Shakehands in der Bundesliga-Saison 2013/14, als Peps Bayern Tuchels Mainzer zwei Mal besiegten. Foto: Sampics © sampics/Augenklick

Legendäres Treffen zwischen Guardiola und Tuchel in München

Eine legendäre Bar, ein legendäres Treffen, auf Vermittlung von Bayerns damaligem Sportdirektor Michael Reschke. Beim Kennenlern-Dinner stellten beide fest, wie nah sie sich sind. Brüder im Geiste, die sich für ihr Know-how bewundern und inhaltlich gegenseitig befruchten. Die Tiefe des Fachgesprächs erstaunte Reschke, Salz- und Pfefferstreuer sowie Gläser wurden als Spieler über den Tisch verteilt, frühere Partien nachgestellt.

"Fußball, Fußball, Fußball. Wir haben uns nur über Fußball unterhalten. Das sind gute Erinnerungen", sagte Guardiola über den Abend am Hofgarten. "Ich habe das alles aufgesogen und gespürt, mit welcher Intensität, Detailverliebtheit und Überzeugung er coacht und welchen Erfahrungsschatz er hat", sagte Tuchel, damals noch in der Rolle des Aristoteles. Doch der einstige Schüler hat sich weiterentwickelt, seinen Lehrmeister Platon mehrfach überlistet. Die Ehrfurcht ist verflogen, der gegenseitige Respekt geblieben.

Aktuell sind beide Großmeister auf der Suche nach Perfektionismus. Teil eins der Taktiker-Bromance Guardiola/Tuchel steigt beim Champions-League-Viertelfinale des FC Bayern in Manchester. Über allem schwebt die Frage: Verzockt sich einer der Coaches beim Verschieben?

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